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Volltext: Alte und Moderne Kunst VII (1962 / Heft 56 und 57)

s Vcspcrbild 1h der Marhizskirrhc, Breslau, zweite Hälfte 14. Jahrhundert 
b Vesperbild. Städt. Museum in Jena, letztes Vit-rtul 14. hhrhundert 
7 Vesperbild aus der Krakaucr Barbarakirchc. um 1400 
a Vcsperbild im srm Nunnbcrg. Salzburg. um 1400 
Ganz leis nur zeichnet sich der 
Schmerz in die Züge Mariens. Sie 
ist nicht, wie so oft, eine mädchcn- 
schlossenen Komposition der Ge- 
samtFlgur, in welcher das Bild der 
w) Dieser Saum der 
des Bayerischen National- 
museums xlll. Augsburg 1924, 
105 (Nr. 15a). Th. Muillzr, 
Alte Baltische Bildhauer, Mün- 
chen 1950, 1s u. Abb. 46. 
Festschrift zum Iunlderdrlllrigeln 
Erstehen du Bayerischer: Natio- 
nalnnlsellltls. Kunst und Kuns - 
handwerk. Miinchr-n 19 
42 (Nr. 25). 
 
  
"Hin Breslau wird alt Falten- 
Wand vom tief hcruntcrhängen- 
den Manlclubcrwurf vcrdcckt 
und überschlchu-r, ist abcr wel- 
tcr links sichtbar. 
Krakauer 
Pielä ist an der lladencr vor- 
gebildet. Vgl. auch das 
cntsprechcndc Motiv am Nonn- 
bcrgcr Vespcrbild. 
lt) Frey (a. a. o. 62) BCKOIIK die 
Nähe des Altcllstädtcr Vesper- 
bilds zum Nounbcrgcr. ln der 
Arr, wie sich in Altcnstadt tiefe 
Hühlungcn zwischen den Fal- 
renfuhnltigetz ergeben, wie 
w) Vgl. besonders die 
w) Ein 
 
aß linke um der Maria 
"Spiralig" herausmodcllierr 
wird und die ganze untere 
(ilrwuudpartie eigentümlich au! 
einzelnen Teilen komponiert 
erscheint. liegt ein Unter- 
schied zur Nonnberg-Piclä. 
Zu jcncr nnssigcn Bindung 
aller Falten kommt es nicht. 
Vcspcr- 
bildet in der Breslau?! Simul- 
Ieirrile (E. Wiese, a. 2. o. 
44 rl. T1". 22. - A. Feulncr, 
a. a. o. 40 U. Abb. 10). lH 
Danzig und lxllingrad. 
W) K. Garzarolli von Thurnlackli. 
a, n, U. Abb. 48a. 
Wcrkslattzusarnmenhang 
der sechs Werke ist sehr wahr- 
SClllJinIICh. Daß mit der Aus- 
sonderung der Gruppe nicht 
etwa nur eine bcslimmtc 
Phase innerhalb des Wcichcti 
Stils gctroßl-tx wurde. mag eine 
(Eegenuherstellung aß Magdc- 
burger und des Nonnbcrgcr 
haft-kindliche Gestalt. Sie ver- 
körpert einen physiognomisch äl- 
teren Typ. ihr Haupt ist nicht oval, 
sondern rund, kugelig gebildet; 
Kinn und Wangen Heischig, füllig, 
oft prall. Häufig lebt eine weh- 
mütige Hingabe, manchmal eine 
blühende Lieblichkeit in den Ma- 
rlonnen „schöner" Vesperbilder. 
Die Marien unserer Gruppe zeigen 
eine würdevolle, fast vornehme 
Verhaltenheit in der Äußerung 
des Schmerzes, der man sonst 
kaum begegnet. Gewandung, Hal- 
tung und Physiognomie sind auf- 
einander abgestimmt, antworten 
sich gegenseitig; dies ist ein Merk- 
mal aller qualitätvollen „schönen" 
Vesperbildcr. Auf eine besondere 
Weise prägt es die hier behandelte 
Gruppe. Die allein für sie charakte- 
ristische stille Erhabcnheit, welche 
trotz der kleinen Figurenmaße 
zuweilen die Grenze zum Monu- 
mentalen erreicht, spricht sich so- 
wohl in der aufrechten Haltung 
Mariens als auch in der groß- 
angelegten Faltenführung aus, die 
ausführlicher beschrieben wurde. 
Ebenso, wie die schmerzhaften 
Regungen der Madonna kaum 
nach außen dringen, ist die Sprache 
der Saumschlingungen und Falten- 
kurven verhalten und sparsam- 
übersichtlich. Sie gleiten über das 
weich gemuldete Volurncn der 
unteren Gewandpartie, bleiben 
daran haften und gebunden und 
antworten somit in ihrer Weise auf 
die würdevollc seelische Be- 
herrschtheit, in der sich Klage und 
Trauer Mariens verbergen. 
Das Badener Vesperbild 7 und 
nach ih.tn eine große Zahl weite- 
rer - gestalten in der Art, wie sich 
die Körper auseinanderbiegen oder 
-falten, eine Distanz zwischen 
Mutter und Sohn, aber nur, um sie 
mit einer feinen und überaus 
zarten gegenseitigen Beziehung zu 
erfüllen. Eine solche Beredsam- 
keit und Sensibilität spricht bei 
unserer Gruppe nur schwach mit. 
Passiv, gelöst cntsinkt der Leich- 
nam Christi der Madonna. Die 
waagerechte Lage des Toten ist 
typisch für alle reiferen Werke des 
Weichen Stils, deren Madonrlen 
sich aber viel intensiver um Kon- 
takt und Nähe zu Christus be- 
mühen, als es hier der Fall ist. 
Dennoch sind in unserer Gruppe 
beide Gestalten, Maria und Chri- 
stus, nicht voneinander isoliert. 
Sie finden ihren Zusammenhalt 
weniger durch lntimität und Ge- 
genseitigkeit der Empfindungen 
als vielmehr in der großartig ge- 
Muttergottes dominiert. An der 
Badener Pietä und ihren engeren 
Verwandten ergibt sich ein bis ins 
Detail ausbalanciertes Gleich- 
gewichthalten in der Kompo- 
sitinn der einander gleichwertigen 
Körper. Auch hierin äußert sich 
die Zwiesprache und innige Ver- 
bundenheit beider Gestalten. Bei 
unseren sechs Vesperbildern ist 
Christus der Madonna viel stärker 
untergeordnet. 
Nicht jedes einzelne Werk sollte 
charakterisiert werden, sondern 
der Typus der Gruppe 19). 
Viele Vesperbilder sind uns erhal- 
ten, welche unter dem Einfluß 
eines oder mehrerer Werke unserer 
Gruppe entstanden sind. Eine 
schöne, der Admonter faltenglei- 
che Pietä steht in .S'Iain{ Z3). Die 
qualitätvolle Pietä in Garrtenll) 
vereint Zuge des Admonter und 
jenaer Vesperbildes in sich. Eine 
Kopie des Nonnberger Vesper- 
bilds mag das in Lugernll) sein; 
es hat allerdings viel gestrecktere 
Proportionen. Hierin ist ihm die 
kleine Pietä aus Xeeorlß) im Bayeri- 
schen Nationalmuseum ähnlich, 
an deren unterer Gewandpartie 
von der Brcslauet und Nonn- 
berger PlCCÄ vorgeprägte Motiv- 
anordnungen wiederkehren. Eben- 
falls auf das Nonnberger oder ein 
ihm ähnliches Werk mögen die 
Vesperbilder in Garr- Thunau (Ger- 
trudenkirche) 24) und Friemrl] Z5) in 
Kärnten zurückgehen. Beide sind 
zugleich in einigen Details des 
Faltenwurfs mit Jena vergleichbar. 
Die Pietät in Trzfaiarhlb) hat in 
einem der Admonter Pietä ver- 
wandten 'Werk ihr Vorbild. Eine 
Kopie des Breslauer Vesperbilds 
steht im Prussia-Museum zu 
Känigrherg Z7). Vieles spricht dafür, 
daß die von Körte 28) zusammen- 
gestellte uQ1enländirrlzaiberiialienirrlle 
Gruppe (insbesondere die Vesper- 
bilder in Brambcrg, Altenmarkt, 
Pieve de Cadore, Bassano und 
Treviso - ein gemeinsames, jetzt 
verlorenes Vorbild hat, welches 
dem Umkreis unserer Gruppe oder 
dieser selbst entstammte. Die ge- 
rundete Silhouette, der massig 
geschlossene, betont frontalansich- 
tige Aufbau der Maria und seine 
Breitencntfaltung sowie die fast 
horizontale Lage des Christus- 
körpers sprechen unter anderem 
dafür. Die beiden parallelen 
Schleppfalten und die schönlini- 
gen, übersichtlichen Saumfiihrun- 
gen etwa des Vesperbilds in 
Bassanolf?) finden sich entspre- 
chend am Admonter und Stainzer 
Werk. 
41 
s Vcspcrbild in der Mzlhiaskirche, Breslau, zweite Halm 14. Jahrhundert 
s Vcsperbild. Slidr. Museum in Jena, 1mm Viertel u. Jahrhundert 
7 Vesperbild aus dcr Knkaucr Barbzrakirche. um 1400 
s Vcsperbild im sun Nunnbcrg, Salzburg, um 1400
	        
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