WIR STELLEN VOR:
Johanna Schönburg-Hartenstein
Diese Bildhauerin trat im Sommer dieses Jahres in Salzburg bei
einer Ausstellung im Parkhotel Mirabell mit ihren Werken zum
erstenmol vor die Öffentlichkeit und dokumentierte damit so-
wohl die Ernsth ftigkeit als auch die Problematik ihres Be-
mühens. 197.2 in Hartenstein. Sachsen, geboren. nahm sie von
1938 bis 1941 bei Alfred Crepaz. einem Grödnertoler Holz-
schnitzer. ersten Unterricht im Modellieren. 1945 mußte sie aus
Ostdeutschland fliehen. wobei alle jene Unterlagen verloren-
gingen, die eine Aufnahme an der Akademie in Wien möglich
gemacht hätten. Sa war sie gezwungen, wiederum bei einem
privaten Lehrer künstlerische Zuflucht zu suchen. und fand ihn
in Professor Alexander Gecs der ehemals an der Akademie
in Budapest lehrte. Auch Gecso ist. wie seine gleichzeitig mit den
Werken seiner Schülerin ausgestellten Arbeiten bewiesen. der
Holzbildhauerei stark verbunden: seine akademischen Lehr-
methoden in Budapest waren. wie ein Gespräch ergab. noch
ganz 1.19! Jahrhundert" So wurden die Schüler z. B. verpflichtet,
in verschiedenen Stilarlen (!) zu arbeiten. . Es mag unter
diesen Umständen beinahe als Wunder erscheinen. daß Johanna
Schönburg-Hartenstein als Schülerin zweier im wesentlichen das
Handwerkliche, Geschicktichkeilsgebundene betonender Lehreres
vermochte, sich künstlerische Eigenständigkeit zu erkämpfen
und zu bewahren. Es ist beinahe selbstverständlich. daß ihr b
Schaffen von der spezifischen Problemstellung der Bildhauerei
der unmittelbaren Gegenwart so gut wie nichts verspüren läßt:
sie ringt weder rnil neuen Materialien und Arbeitsstoffen (wie
dies etwa bei der Mehrheit der im Wiener Stadtpark vertretenen
Bildhauer der Fall ist). noch ist es ihr um eine grundlegende
Definition des Bildhauerischen an sich zu tun (wie etwa bei
Watruba und seiner Schule). In völlig unbefangener Weise sieht
sie ihre Hauptaufgabe im erkennbaren, ..ähnlichen" Porträt,
in der entsprechend orientierten Kleinskulptur und schließlich
im sakralen Kunstwerk. wobei offen gesagt werden muß, daß
gerade bei der letztgenannten Themengruppe die künstlerische
Gesinnung ihrer Lehrer. nämlich das Betonen des Handwerklich-
Routinierten und des Konventionellen im Formaten zu Klischee-
lösungen führte, die die Künstlerin wohl bald wird ablegen
müssen. wenn sie auch weiterhin bestehen will.
Ihre unbestrittene Stärke ist das psychologisch fundierte Porträt;
wie etwa das Bildnis des Goldschmiedes A. W. zeigt, hat Jahanna
Schönburg-Hartenstein einen stark entwickelten Sinn für das
Unter- und Hintergründige, sie scheut sich nicht, Häßliches
wiederzugeben, ja sie sucht. wie die künstlerische Auseinander-
setzung mit dem Porträtkopf einer aus dem seelischen Gleich-
gewicht geratenen Chinesin bewies, das Labile, in gewissem Sinn
Fragwrdige. aus Grenzzuständen Entspringende mit aller Be-
wußtheit auf. Auch ihre Kleinskulpturen von Kindern im Alter
des Heranreifens sind von jener herben Zerbrechlichkeit und
Transparenz, die die Porträtköpfe so außerordentlich anziehend
und gewinnend macht.
Wenn wir der so ernsthaft bemühten Künstlerin einen Rat geben
dürfen, so wäre es der, die letzten Bindungen an bisherige Vor-
bilder abzulegen und sich ein wenig stärker mit den spezifischen
Problemen bildhauerischer Gestaltung an sich und der Proble-
matik der Bildhauerei von heute auseinanderzusetzen. Dabei
müßte es ihr jedoch bindende Verpflichtung sein, das Eigene des
Schaffens zu wahren und auszubauen, um vor allem den Ge-
fahren modernislischer Palentlösungen zu entgehen, wie sie
heute an allen Ecken und Enden lauern. Daß sie die Fähigkeit
zur eigenen Aussage in hohem Grad besitzt. hat sie sowohl
bei der Salzburger Ausstellung als auch in ihrer ersten Wiener
Schau in der Galerie Peithner-Lichlenfels vollauf bewiese
Ernst Köller
l Johcmnu Schotiburg-Huiten-Jv t. Bnllbuisclie, Biunze. Hohe 35 cin
Z Johunric Schonburq-ltatteristem. Porltnl des Goldschnwiedes A. W.,
Lebensgroß. Gips
3 Johanna Schortburg-Nnrtensleln. Porträt van ..Mady", Bronze, Lebens-
QFUÜ
4 Johanna SIhOnburg-Hartorislein. Mudchenakl von a. A., Bronze, Hohe
40 cm