MAK

Volltext: Alte und Moderne Kunst VIII (1963 / Heft 66)

vor einer wirkungsvollen Sinnfälligkeit im drama- 
tischen Ausdruck. 
Dcr Unterschied zur Theatralik des Barock liegt 
zum Teil in dem im 19. Jahrhundert größeren 
Bestreben nach sinnfälliger Wirkung, die, auf sich 
selbst beruhend, sich selbst narzißhaft zu genießen 
scheint. Hiermit hängt ein Streben nach Harmonie 
zusammen, die z. B. Semper über alles stellte und 
die jede Dynamik im „moderncn" Sinne nur 
bedingungsweise zulassen konnte, das Fragmen- 
tarische und lliißliche aber ausschließen mußte. 
Nach Hasenauer und Makart nun die Rahlschulc. 
Am 3. Dezember 1884 wird in den Akten die 
ligurale Malerei erwähnt, die August liiisenmenger 
gegenwärtig ausführe. Es waren die Wand- und 
Plafondmalereien des Turnzimmers der Kaiserin 
(Abb. 9, 10, 11), die der bevorzugte Gehilfe Rahls i11 
enkaustischer Technik malte. Gleichzeitig arbeitete 
der l-lofdekorationsmaler Adolph Falkcnstein an 
der architektonischen Umrahmungsmalerei im glei" 
chen Raum. Am 16. November 1885 meldete Eisen- 
menger die Gesamtvollendung seiner Arbeiten. 
Die gewöhnlich als „klassi2istisch" bezeichnete 
Richtung hielt sich in Europa im allgemeinen nicht 
lange über die Jahrhundertmitte, ausgenommen in 
Wien. Als einer späten Ausprägung des Antikischen 
kommt diesem Turnzimmer besondere Bedeu- 
tung zu. 
Aus den Akten wie auch aus der Beschreibung von 
Beetzri) geht hervor, daß nahezu alle bedeutenden 
Künstler Wiens an der Villa beteiligt waren. Aus 
Platzmangel müssen wir uns hier versagen, darauf 
näher einzugehen. Die wichtigsten Namen sind 
unter den Malern Franz Matsch, Gebrüder Klimt, 
julius Berger, Hugo Charlemont, Eduard Charle- 
mont, Rudolf Karl Huber; unter den Bildhauern 
Rudolf Weyr, Viktor Tilgner, johannes Benk - 
dessen Klytia in einem Nebenraum des Burgr 
theaters ihrer Wiederaufstellung harrt - , Kammer- 
medailleur Anton ScharH. 
Das Inventar, soweit es nicht neuangefertigt war, 
stammte teilweise aus dem Besitz der Kaiserin 
Maria Anna, Gemahlin Ferdinands l., und aus dem 
Achilleion auf Korfu. 
Die vorstehende Untersuchung mußte sich angesichts 
der Devastation der Villa in der Nachkriegszeit zum 
Teil auf Abbildungen stützen. Die wandfeste Aus- 
stattung, gerade die einmalig wertvollen Aus- 
malungen nach Makart und die Eisenmengers, sind 
staunenswert gut erhalten, allerdings wären Sofort- 
maßnahmen vor allem bezüglich der Plafonds 
unumgänglich. Vor allem die Mittelsäle sind durch 
Feuchtigkeit seit jeher gefährdet; im unteren mußte 
man schon 1884 eine teilweise doppelte Schichte 
Asphalt auftragen. 
Das einzige Denkmal kaiserlicher Privatwohnkultur 
der zweiten Hälfte des 19. jahrhunderts in Östere 
reich 7 die Neue Burg hat ja keine Wohnraum- 
ausstattung mehr erhalten - steht seit 1945 als 
Halbruine im Lainzer Tiergarten. Hier wirkten die 
ersten Künstler Wiens in dem großen Maßstab 
zusammen, der ihnen sonst oft versagt war; hier 
konnte sich das Lebensgefühl der Epoche ausr 
drücken, das Theodor Billroth, der Wiener Arzt 
und Musiker, in die Worte faßtc: „Vor mir sehe ich 
eine Republik des Verstandes und des materiell 
Praktischen, wir aber leben in einem goldenen 
Zeitalter." 
Da Wien schon seit Jahrzehnten in der unbefanr 
genen Stellung zur Kunst der Ringstraßenzeit, die 
sich hier von der besten Seite zeigte, seiner Zeit 
 
voraus war, bleibt zu hoflen, daß die Hermesvilla, lwiir-rriiu. 
. . , t , vorliegender 
wie schon in den zwanziger Jahren durch den ivlieii Il im Hr-rrri 
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(Jsievrrirhn-i-hiw Summ- 
111111111, Humi lilgkilieli! 
lxiriegsgeschädigtenfonds, der Öffentlichkeit als 
österreichisches Kunst! und Kulturdenkmal, das „mmh„„w„k,„,e,_,_,_ 
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in seiner Art einzigartig 1st, wieder zuganglich Lima wnummx d" 
Xmdz 11 zu ergeben- 
 
 
gemacht wird, um so mehr, als Teile des Inventars 
im Historischen Museum der Stadt Wien vorhanden 
sind und durch Bestände Österreichischen 
Äluseums für angewandte Kunst ergänzt werden 
können. 
man Danke iwlrmiilrn. 
des 
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narlirstiatiiii. Ausgeführt von vcncliictlt-iirii Künstlern der llahlscliulu. 
ANMhRKUNG N: 
1) (Jcncnldirektmn der Ab. Pnvah und Fannlicnilvmlx. 3m, 11 (Hcrmesx 111i). (Mtcrruiclustht-s staats- 
artluv. l-urmn ausschließliche Quelle zur Enlxtcliungsgescluclile, CHWPII ÄCXHU anderic .. gegeben. 
z) Arcliilcklurzcithnungcn. lVlJppU s, Unlsrlilag u. 
1)Wilheln1 11m1, vr- Hciincsxilla m 1.111117 XVlQli-Lcipli}; 101-1. 
4)Albcrl llg, im kantrlicbe V1ll.1 1m Tiugaileil. In: Mitteilungen dcx K. k. (Ystciicirhisclirn 
Museums für Kunst und llltlllklrlc. Neue Folge, I. 12180 71x37, Nr. 211, 21, S.4l)liI'..4l7rl'. 
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