Nr. 10
Internationale Sammler Zeitung
Seite 79
in Wien nachweisen konnte, deren eines jetzt verkauft
werden soll.
Von niederländischen Meistern des 16 Jahrhunderts
verdienen die schönen Werke des Dirk Veilert und
des Lucas van Leyden größte Beachtung. Beide ent
halten höchst seltene Arbeiten. Im Werk des Leyden
ist das Vorkommen eines vollständigen Exemplars der
Runden Passion und vor allem der „Großen Hagar“
ganz ungewöhnlich. Auch in dem neuesten Werk über
die Graphik des Lucas van Leyden von Max I. Fried
länder (Meister der Graphik, Bd. Xlll, 1924) werden
von letzterem Blatt nur fünf Exemplare nachgewiesen,
was dadurch erklärlich wird, daß dieser Stich bereits
im 17. Jahrhundert als größte Seltenheit galt. Im ganzen
kommen etwa 160 Blätter des Lucas van Leyden hier
zum Ausgebot, darunter eine Anzahl seiner gesuchten
Originalholzschnitte.
Die Kürze des zur Verfügung stehenden Raumes
verbietet es, auf vieles Wichtige hinzuweisen. Immerhin
möchten wir noch auf die reiche Sammlung nieder
ländischer Malerradierungen des 17. Jahrhunderts ein-
gehen, die der Katalog beschreibt. Im Mittelpunkt steht
hier ein zweihundert Nummern umfassendes Rem-
brandtwerk, das in seiner Fülle an Kostbarkeiten
großen Ranges das Interesse vieler Sammlungen wecken
dürfte. Neben den herrlichen Bildnisradierungen, wie
„Clement de Jonghe“ (im ersten Zustand), „Jan Sylvius"
und „Ephraim Bonus“ stehen ausgewählte Landschafts
radierungen und Hauptblätter, wie der „Christus predi
gend" oder die „Kreuzabnahme bei Fackelschein“,
sämtlich in ganz ausgezeichneten Abdrucken, wie sie
zu den gesuchtesten Schätzen alter Graphik gehören.
Den Freund dieser Kunst wird auch die Reichhaltigkeit
der Versteigerung an Werken von Zeitgenossen
Rembrandts locken. Die Werke von Bega, Bol,
Brecnberg, Dusart, Everdingen, Ostade, Swanevelt und
Zeeman enthalten viele seltene Zustandsdrucke, besonders
reich an solchen ist das vollständige Werk des Anthony
Waterloo, der sich hier in seinen Aetzdrucken und
ersten Abzügen als ein Graphiker von Rang ausweist,
während er sonst meist wegen des häufigen Vorkommens
späterer überarbeiteter Drucke verkannt wird.
Im Anschlüsse an diese Auktion wird C. G. Boerner
vom 25.-27. Mai auch eine Sammlung ausgewählter
Blätter älterer Meister aus ausländischem Privatbesitz
versteigern. Es handelt sich nur um neunzehn Nummern,
von denen zehn Blatt im Katalog abgebildet sind: Eine
schöne Landschaft von C a in p a g n o 1 a, die Melan
cholie und die Madonna mit der Meerkatze von Dürer,
ein eminent seltenes Blatt des Meisters von 1515,
vier kostbare Rembrand t-Radierungen, dabei wun
dervolle Drucke der Predigt Christi und des ersten
Zustand vom Porträt Lutmas, schließlich zwei
reizende Blätter Demarteaus nach Boucher. Die
Qualität der Blätter dieser Versteigerung ist der im
großen Katalog verzeichnten durchaus ebenbürtig; vor
allem ist der herrliche erste Zustand des Lutma eine
Kostbarkeit höchsten Ranges.
Chronik.
BIBLIOPHILIE.
(Spezialauktion i tn Dorotheu m.) Am 15. und
16. Mai veranstaltet das Wiener Dorotheum eine große
Spezialauktion von Inkunabeln, Frühdrucken, französischen und
englischen Kupferstichwerken, sowie illustrierten Büchern des
15. — 20. Jahrhunderts.
BILDER.
(Eine Fälschung.) Das bekannte Gemälde „Ein lachender
Mann“, das inan bisher Franz Hals zugeschrieben hatte, ist
als eine Fälschung festgestellt worden. Die Untersuchung-
wurde durch Professor Scheffer-Delft, Professor Martin von
Mauritshus-Haag und Sir Charles Holmes, dem Direktor der
Londoner Nationalgalerie, durchgeführt. Die Gelehrten entdeckten
unter den angewandten Farben u. a. Ultramarin, obwohl dieses
erst 1826 entdeckt worden ist. Außerdem fanden sie Kobalt
blau, das vor 1820 nicht hergestellt wurde. Die Holzplatte, auf
der das Bild gemalt ist, besteht aus zwei Teilen, die mit ver
hältnismäßig modernen Nägeln verbunden waren. Sie enthielten
nämlich Zink, das vor 1871 nicht gebraucht worden ist.
(Weisgerber-Gedächtnis-Ausstellung.) Am 10. Ma'
waren es 10 Jahre, daß Albert Weisgerber vor Ypern gefallen
ist. Aus diesem Anlaß hat die Moderne Galerie Thann
hauser, München, Theatinerstraße 7 eine umfassende Weis-
gerber-Gedächtnis-Ausstellung eröffnet, die — ermöglicht durch
das Entgegenkommen von Museen und Privatbesitzern — unter
ca, 60 Gemälden und ebensovielen Zeichnungen eine Anzahl
bedeutender Werke aus allen Schaffenszeiten des Künstlers
vorführt.
NUMISMATIK.
(Braunschweiger Mü nzverkehr.) Unter diesem Titel
gibt die bekannte Münzhandlung Dr. phil. Franz Ferd. Kraus
in Braunschweig ein Offertenblatt heraus, dessen erste Nummer
uns vorliegt. Die Nummer umfaßt Mittelalter, Westfalen, Braun-
schweig-Lüneburg, Deutsche Reichsmünzen und Medaillen.
PHILATELIE.
(Olympische Kongreß-Briefmarken.) Anläßlich
des diesjährigen internationalen olympischen Kongresses in
Prag erschienen besondere Kongreß marken u. zw. ge
langten 3 Werte zur Ausgabe, Marken zu 50, 100 und 200
Heller, die zu 1, 2 und 4 Kr. verkauft werden. Das Markenbild
ist folgendes: Unterhalb des Porträts des Präsidenten der
Republik befindet sich ein halbkreisförmiger Kongreßaufdruck
und auf der unteren Zahl der Wertangabe der horizontale Auf
druck „Praha 1925“. Der Aufdruck ist auf der 50 (grün) und
100 Heller-Briefmarke (rot) blau und auf der 200 Heller-Brief
marke (blau) rot. Nebst den Kongreßbriefmarken werden auch
Kongreßkorrespondenzkarten mit tschechischem
und französischem Ueberdruck in 5, der Zahl der Weltteile
entsprechenden Farben, zu 50 Heller ohne jeden anderen Zuschlag
zur Ausgabe gelangen. Während der Plenarsitzungen des
Kongresses werden besondere Kongreß-Postämter im National
museum (paedagogischer Kongreß) und im Tyrs-Haus (technisch
olympischer Kongreß) die Korrespondenz mit besonderen Kongreß
stempeln versehen. Diese Postämter beginnen am 22. Mai zu
amtieren und sind bloß den Mitgliedern und Teilnehmern des
Kongresses zugänglich.
VERS CHI ED EN ES.
(Japanische Farbenholzschnitte.) Das Buch-
und Kunstantiquariat Tiedemann in Berlin erwarb die be
rühmte Sammlung von japanischen Farbenholzschnitten der
Frau Tony Straus-Negbaur. Die Sammlung, die 529 Blätter
aus dem 16. bis 19. Jahrhundert umfaßt, gibt einen geschlossenen
Ueberblick über das große Gebiet dieses besonderen Kunstzweiges.
(Munkäcsy-Gedächtnisausstellung.) Am 25-
Mai soll im Ernst-Museum in Budapest eine Ausstellung
von Werken Munkäcys eröffnet werden, die ungarischen
Sammlungen angehören. Auch die großen Kompositionen „Ecce
homo“ und „Golgatha“, die sich im Nachlaß Friedrich D e r i s,
des großherzigen Kunsifreundes, befinden, werden in dieser
Ausstellung zur Schau gestellt. Gleichzeitig mit der Munkäcsy-
Ausstellung veranstaltet das Ernst-Museum auch eine Ausstellung
der Gemälde Ladislaus P a ä 1 s, des großen ungarischen Land
schaftsmalers, des vertrauten Freundes und Schicksalsgenossen
Munkäcsys.
(Theo Schmuz-Baudiß.) Am 1. April ist Theo
Schmuz-Baudis, der langjährige künstlerische Direktor der
Berliner Porzellanmanufaktur, in den Ruhestand getreten. Im
Jahre 1902 als Pionier der damals durch die Kopenhagener
Porzellanmanufakturen zur Geltung gebrachten Technik der
Unterglasurmalerei an die Berliner Manufaktur berufen, hat er
diese aus den Stilnachahmungen herausgeführt und ihrem
künstlerischem Schaffen mit Hilfe seiner Mitarbeiter ein völlig
neues Gepräge gegeben. Die persönliche Liebhaberei des Prof.