ginge. Wir bringen ein Beispiel aus St. Savin am
Nordrand der Pyrenäen und aus Moissac, seines Kreu-
zes wegen (Abb. 4, 5). In Nordfrankreich haben wir
zwar den Typus in kleinen Elfenbeinarlweiten 4), doch
würde ein so gewaltiger Christus dieser Art dem
rationalistischcn Denken der Franzosen wider den
Strich gehen. Der Astkreuzchristus linder sich also
in Frankreich eher in Burgund 5) und im lilsaß, aber,
im Vergleich zu Deutschland, völlig sekundär. Das
ist um so verständlicher, da das Deutschland der
Kölner Gegend als das Ursprungsland dieses Typs
angenommen werden muß. Sehen wir weiter in den
Sudeten- und Alpenraum oder nach Ba_rcrn7), so
sind die dortigen Beispiele 7 das Regensburger
Kreuz um 1350 (Abb. 6) W allesamt jünger und, wie
im Sudetenland, einer stillen Lyrik zugewandt. Dies
gilt auch für unser Kreuz im Oberöstcrreichischen
Landesmuseum in Linz (Bild) 3). Bliebe noch:
England. Dort hat man, so ist uns urkundlich über-
liefert, im 14. Jahrhundert einen deutschen Künstler,
Thiedetnannius de Allemannia, verhaftet, weil er
Christus auf ein Gabelkreuz hing, was „nicht die
wahre Gestalt" gehabt hätteQ). Das orientalische Volk
der Russen endlich ist an sein byzantinisches
Erbe gebundenl"). Die Suche nach dem Meister
stellt uns also geradezu vor völkerpsychologische
Probleme. lis bleibt uns noch ltalien. Wer jedoch
wird einen Christus dieser Art im Lande des „bel
canto" suchen? Tatsächlich hat uns auch nicht
Giovanni Pisano, aus dem apulischen Lande stam-
mend i der einzige, der wirklicher Gotiker wurde -,
wie in seinem hölzernen Christus in Pistoia 11), die
Möglichkeit einer Verbindung zu Spanien geboten.
Es bleibt uns nichts anderes übrig, als nochmals nach
Deutschland zu schauen.
Geht man uber die plastische Darstellung hinaus,
so ist besonders die Glasmalerei ein reiches Feld für
den Astkreuzchristus. (S0 in Österreich: St. Leon-
hard i. L.; 2 Stück im joanneum, Graz, u.a.) Für
die Malerei spricht das bekannte lxilostcrnetiburgcr
Bild von 1329.
Auch die Graphik nimmt den 'l'ypus in den Armen-
bibeln gerne auf, wie die St. Florianer Biblia paupe-
rum bestätigt, und nicht weniger die Meßbücher,
für die es genügt, das berühmte des Antlreasaltares
im Stifte Wilhering hei Linz zu nennen 11). Über-
blicken wir den gesamten deutschen Sprachraum,
so fällt auf, daß wir von Westen gegen Osten hin
ein zeitliches Gefälle haben, wodurch die Annahme
des Rheinlandes als Ursprungsland eine neuerliche
Bestätigung erhält. Außerdem wird deutlich, daß
sich vor allem die Sudetengebietc für eine stille
Darstellung des Leidens des Herrn entschließen,
dem zum Teil auch Bayern, wie in Altenhohenau 13),
folgt. Die wiedergewonnene Fassung dieses Korpus
gibt eine e so möchte man sagen 7 fast ornamentale
Verteilung der Wunden und Blutstropfen und steht
so im größten (iegensatz zu der Gruppe Nonnberg
Friesach (Abb. 8, 9) in Österreich. Zweifellos ist es
berechtigt, stark expressive Gruppen von solchen,
wo das „sanfte Gesetz" bestimmt, zu unterscheiden.
Dies läßt zugleich die weite Spannung der deutschen
Seele dieser Zeit erkennen. Österreich ist ja an
h Ikt-gt-iuhurg, Augustincrklustcr St. (Iäcilia.
Mysiiker-Kruzitixus. um 1350
7 Assisi, Kirche der lil. Klara,
das Kruzilix das zum lil. Franziskus sprach