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Volltext: Alte und Moderne Kunst VIII (1963 / Heft 69)

Unter den jungen Künstlern, die um die Jahrhundert- 
wende in den Wirbel der modernen Kunst gerieten, 
dominierten die Maler. Erst im Jahre 1906 stieß der 
junge Bildhauer Anton Hanak, der aus der Klasse 
Edmund Hellmers von der Wiener Akademie kam. 
zu den Secessianisten. Als Vierzehnjähriger war er 
von Brünn, wo er 1875 geboren war. völlig mittellos 
nach Wien gekommen, um sich hier eine Existenz 
auf eigene Faust zu gründen. Sein erster Lehrmeister 
war ein Vorstadtbildschnitzer, den er nach dem 
Freispruch verließ, um SlCh nach Handwerksbrauch 
auf die Wanderschaft zu begeben. 1898 kehrte er 
nach Wien zurück, reicher an Erfahrungen und mit 
dem brennenden Wunsche, sich an der Akademie 
weiterzubilden, Hier wurde Edmund Hellmer sein 
Lehrer. Mit dem Rampreis verließ er die Akademie. 
Aus Italien zurückgekehrt, wurde er 1906 Mitglied 
der Wiener Secession, an deren Kämpfen er schon 
während seiner Akademiejahre innersten Anteil 
genommen hatte. wie die Eintragungen in seinen 
Tagebüchern verraten. Nach fünf Jahren aber. 1911, 
verließ er sie wieder und trat in engere freundschaft- 
liche Beziehungen zu Josef Hoffmann und Gustav 
Klimt. Damit hatten sich die bedeutendsten Vertreter 
der modernen Kunst Wiens zu einem Freundschafts- 
bunde gefunden: der Baumeister Hoffmann. der 
Maler Klimt und der Bildhauer Anton Hanak. 
in den folgenden Jahren zog ihn Hoffmann als Bau- 
plastiker fürdie großen Ausstellungen in Rom. Dresden. 
Köln und Stockholm heran. 1914 war es wieder 
Hoffmann, der Hanak als Lehrer für die Kunstge- 
werbeschule gewann, wo er die Klasse für Bildhauerei 
übernahm. Kurz vor seinem Tode am 7. Januar 1934 
erhielt Hanak noch die Berufung als Professor an 
die Wiener Akademie der bildenden Künste. 
Anton Hanak hat sich aus eigener Kraft durch alle 
Etappen des Handwerkes bis zur akademischen Aus- 
bildung emporgearbeitet. Seine proletarische Her- 
kunft und die Schwermut, ein Erbe. das die Landschaft 
und die Menschen seiner böhmischen Heimat kenn- 
zeichnet. ließen im Wiener Klima eine innerlich 
brennende und wilde Urkraft entstehen. die nur am 
Widerstand des härtesten Materials ihr schöpferisches 
Genügen fand. Die Lehre Edmund Hellmers, die 
dieser in einer kleinen Schrift 1900 niedergelegt 
hatte, daß der Bildhauer sich gewöhnen müsse. aus 
dem Stein heraus zu arbeiten, hat Hanak konsequent 
durchgeführt. Er dachte immer nur im Stein, selten 
führte er Tonmodelle aus, fast immer arbeitete er 
nur nach einer {tüchtigen Tintenskizze. Jedes seiner 
Werke stammt aus einem Felsblock und ist mono- 
lithisch gewachsen und zurückgeführt auf die pri- 
mären Erscheinungsformen und elementaren Bc- 
wegungen alles Seelisch-Lebendigen. Alle Plastiken 
haben monumentale Ausmaße: Jünglinge, Mädchen. 
kraftvolle und trotzig leidende Männer. schützende 
und lebenverheißende Frauengestalten. Sie sind nicht 
vom Schicksal des Geschlechtes geprägt, sondern 
vorn geistigen Bild des Menschseins, das sich für 
Hanak ewiggültig in der schöpferischen Polarität 
männlich-weiblicher Daseinsformen repräsentierte. 
Anton Hanaks Kunst. die "Schwere" seiner Schöpfun- 
gen, die ein so gültiger Ausdruck der tragischen 
Situation der Kriegs- und Nachkriegsjahre war. hat 
bei seinen Zeitgenossen wenig Verständnis gefunden. 
Man wollte nicht wahrhaben, was ein innerlich 
leidender und einsamer Künstler dem Marmor und 
Hartgestein abgerungen hatte. So hat die Stadt Wien 
an ihn nur zwei Monumentalaufgaben vergeben: 
die ,.Magna mater" für die Kinderübernahmsstelle 
(1925), die große Mutter, die ihre Arme schützend 
über ihre Söhne breitet. und das Kriegerdenkmal 
auf dem Wiener Zentralfriedhof (1928). das mit 
seiner mächtigen Gestalt einer Trauernden eine 
erschütternde Anklage ist. Der Welterfolg kam für 
Hanak zu spät. Schon von der Todeskrankheit ge- 
zeichnet, konnte er den Auftrag der türkischen Re- 
gierung. ein Nationaldenkmal für Ankara zu schaffen. 
nur mehr unvollendet hinterlassen, 
uvAwNA 
Anlon Hannk, Der brennende Mensch. 
Gips, 260 cm. 1922 
Anlon Hanck. Piew. 
Bronze. 160 cm. 1915 
Anlon Hunak. Das große Leid, 
Gips. 260 cm, 1919 
Anton Hanck. Das goldene Annm. 
Siebenbürger Marmor. 215 cm,1913 
Anton Hannk. Sphinx. 
Marmor, 1a? m. 1916
	        
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