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Volltext: Alte und Moderne Kunst IX (1964 / Heft 75)

 
itizen aus dem Kunst- 
ben und Kunsthandel 
irtSicitl (Aufriß) der Ausstellung 
Ileinolakot der Ausstellung 
Viencr Geschmack - Wiener Form 
llick ift die Ausstellung 
iepp Moosmann. Persischer Garten 
'n Besilz des Österreichischen Museums 
1- angewandte KUHSl. lNtEfl 
epp Moosrnarin, Nächtliches Moos 
 
 
 
WIENER GESCHMACK-WIENER FORM 
Zur Ausstellung des Wirtschaftsförde- 
rungsinstitutes, Wien. Zu Beginn unseres 
Jahrhunderts war das Wiener Kunst- 
handwerk. die Wiener Form und der 
Wiener Geschmack auf dem besten 
Wege, sich die Spitzenposition innerhalb 
der europäischen Produktion zu er- 
obern. Nach einer mehr als dreißig- 
jährigen musealen Reform- und Er- 
ziehungsarbeit verfügte damals Öster- 
reich über eine Fülle von hervor- 
ragenden Kunsthandwerkern. Die jun- 
gen secessionistischen Künstler Josef 
Hoffmann, Kolo Moser, CO. Czeschka, 
Alfred Roller. die als Lehrer an die 
Kunstgewerbeschule berufen wurden. 
hatten eine stagnierende Entwicklung 
wieder in Fluß gebracht. Jetzt war nicht 
mehr die papierene Reißbrettkunst vom 
Schreibtisch des Ateliers her maß- 
geblich. sondern die Werkstätte mit 
Amboß und Webstuhl, mit Drehscheibe. 
Brennofen und Hobelbank kam wieder 
zu Ehren. 
Diese kunstgewerbliche Bewegung er- 
reichte mit der Gründung der Wiener 
Werkstätte ihren Höhepunkt. In dieser 
Künstler- und Handwerkergemeinschaft 
wurde nicht von oben herab refor- 
miert. sondern von unten, von der 
Werkstätte des Handwerkers her. Was 
aus solchen Voraussetzungen geschaffen 
wurde, war echtes Kunsthandwerk. war 
solide im Material, hatte die richtige. 
zweckmäßige Form und war von 
exaktester Durchführung. Es war gutes 
Kunsthandwerk. 
Das änderte sich, als die Monarchie 
Zusammenbruch und Österreich, ins- 
besondere Wien und seine Menschen, 
sich in die Rolle des kleinen Mannes 
fügen mußten. Zwar waren die alten 
Kräfte noch da, die Lehrer. die Archi- 
tekten, die Handwerker. aber die 
neuen Lebens- und Wirtschaftsformen 
tendierten in eine andere Richtung. 
Vieles, das meiste. was um 1900 errun- 
gen war. geriet in Vergessenheit oder 
fristete ein Dasein im verborgenen. 
Erst recht verdrängte dann die Wohl- 
standswelt unserer unmittelbaren Ge- 
genwart. das Auto, der Fernsehapparat, 
der Barschrank und sinnloses Luxus- 
SEPP MOOSMANN: "TAPISSERIES 
BRODEES" 
im vergangenen Jahr erregte eine 
kleine Ausstellung von gestickten Wand- 
behängen in der Galerie im Griechen- 
beisl Aufsehen; der Schöpfer der in- 
teressanten Arbeiten war der Vorarl- 
berger Sepp Moosmann (geboren 1928 
in Dornbirn). ein Schüler der Akademie 
für angewandte Kunst (Prof. C. Unger) 
in Wien und Absolvent der Meister- 
klasse für Mode und Textil (Prof. 
Eduard Josef Wimmer-Wisgrill) in den 
Jahren 1952-1957. Seine Diplomarbeit 
wurde mit zwei Preisen ausgezeichnet; 
Aufenthalte in London (1958) und 
München (1959) dienten dem jungen 
Modezeichner zur Weiterbildung, Jahre 
der Praxis in Wien (1960-1962 in 
der Modebranche, seit Ende 1962 frei- 
schaffend) gaben die Möglichkeit zu 
vielfacher Bewährung. Eine Ausstellung 
in der Galerie Peilhner-Lichlenfels 
(Z. Maihäifte 1964) gab einen weiteren 
Uberblick über sein Schaffen. 
gerät. das alte Kunsthandwerk. dem 
ein Möbel, ein Gerät, ein Gebrauchs- 
gegenstand nur dann schön erschien, 
wenn er gut war. wenn das Material 
zur Sprache kam und wenn er auch 
seinen Zweck erfüllte. Eine allgemeine 
Nivellierung des individuellen Ge- 
schmackes, an dessen Stelle die Er- 
gebnisse von Meinungsforschung und 
Warentests traten, zerstörte endgültig 
die letzten Reste eines Empfindens für 
qualitative. material- und forrngerechte 
Leistungen. 
Diesem Zustand abzuhelfen wird mit 
der Ausstellung ,.Wiener Geschmack e 
Wiener Form" angestrebt. In letzter 
Minute wird vom Wirtschaftsförderungs- 
institut hiermit eine Einrichtung ins 
Leben gerufen. die schon längst fällig 
gewesen ist. Sie soll kein Einzelunter- 
nehmen bleiben. sondern in den fol- 
genden Jahren fortgesetzt werden. Als 
eine ständige Einrichtung will sie die 
noch vorhandenen Kräfte und Be- 
gabungen aufspüren und fördern, die 
von einem nur der Oberfläche. dem 
Schein und dem Surrogat verhafteten 
Zeitgeist ständig in den Hintergrund 
gedrängt werden. Sie übernimmt damit 
eine Erziehungs- und Reformarbeit, die 
gleicherweise für den Produzenten und 
für den Konsumenten gilt. Aus dem 
Wissen um die hervorragenden Lei- 
stungen der Vergangenheit sehen sich 
die Veranstalter verpflichtet, ein Glei- 
ches für die Gegenwart anzustreben 
und zu versuchen. 
Für die erste diesjährige Ausstellung 
,.Wiener Geschmack 7 Wiener Form". 
die zugleich eine Festwochenausstel- 
lung ist. wurde für die Gestaltung der 
Entwurf der Architekten Dipl.-Ing. J. 
Krawina-DipL-lng, W. Schneider aus 
einigen in einem internen Wettbewerb 
vorgelegten Projekten zur Ausführung 
bestimmt. 
Da sich dieser Entwurf nicht in einen 
üblichen Rahmen einordnen läßt, wird 
er unschwer größeres Interesse er- 
wecken. 
Die Tatsache. dal] die Exponate von 
den verschiedensten Branchen her- 
kommen und somit kein anderes Ge- 
meinsames als ihre Herkunft aus dem 
Moosmann inspiriert sich am Wuchern 
und Wachsen der Eisblumen. an der 
scheinbaren Willkür und strengen Ge- 
setzmäßigkeit ihrer Formenbildungen. 
Auch Sonnenrad- und Federschild- 
ornamente werden gelegentlich ver- 
arbeitet. doch sind die Schöpfungen 
dort am überzeugendsten, wo sie 
formal am wenigsten gebunden und 
transportiert wirken. Der Eindruck 
mancher früheren Werke. nach (selbst- 
geschaffenen) Vorlagen gearbeitet wor- 
den zu sein. verliert sich im Laufe der 
Entwicklung, um der Erkenntnis Platz 
zu machen. daß es sich nunmehr um 
unmittelbar in den Stickereigrund nie- 
dergeschriebene Konzeptionen handelt. 
Moosmann beherrscht nicht nur das 
Formale, sondern auch das Kolori- 
stische meisterlich: so ist etwa ..Rot[ 
moderate" auf rotem Grund in Hellrosa. 
Orange und Rot gearbeitet. während 
„Grünladagio" auf olivgrünem Grund 
ein Wirbelradornament in Grün, Blau 
und Violett in verschiedenen Differen- 
zierungen aufbaut. Eine seiner schön- 
Wiener Raum sie verbindet, erfoi 
eine möglichst wenig unterschiei 
Präsentierung der Gegenstände 
eine ruhige. unauffällige Kon 
tion. 
Daraus folgte einmal die Beschrär 
auf im wesentlichen drei Materii 
Plexiglas, verleimte Holzlamelle 
Naturhalz und ein anthrazitg 
Sisalteppich. 
in einen vorhandenen. sehr t 
und großen Barockraum wurdi 
eigener Ausstellungskörper gestellt 
sen oberen Abschluß eine sogen 
Rcisterdecke. wiederum aus Holzli 
len bestehend. mit darüberliegc 
Leuchtstoffrähren in Reflektorleu 
bildet, die eine gleichmäßige. schi 
lose und tageslichtähnliche Ausl 
tung von ca. 600 Lux erbringen. 
Die tragende Konstruktion des 
stellungskörpers ist primär aus 
leimten, kreuzförmigen Holzpri 
zusammengesetzt (zerlegbar für 
derverwendung und variabel in 
Zusammensetzung). 
In dieses tragende Gerippe Wl 
entweder Paneelplatten als und 
sichtige Wände und für Fotomonl 
oder zusamrnengeschweißte Plex 
elemente in geeigneter Stärke in 
von Regalen, Stellflächen und Tii 
oder als geschlossene Vitrinen 
Träger des Ausstellungsgutes e 
hängt. Die auf diese Weise in e 
Rastermaß von einem halben .. 
verarbeiteten Elemente ermögl 
bereits in einem doppelten Ach 
eine Unzahl von Variationen 
45000!). so daß die vielfältigen 
ponate der sogenannten ,.Repr 
tativschau" der bekanntesten W 
Firmen und die der sogenai 
"Sanderschau" des Osterreichi: 
Werkbundesmitinsgesamtca.1000' 
gut aufgenommen werden kon 
Einige dekorative Hilfs- bzw. Kon 
mittel wie Flußkiesel, Samtunterl 
für Schmuck usw. verraten das 
nende Prinzip der Architekten, wät 
die graphische Gestaltung und 
Fotomontagen der bewährte Grapi 
Georg Schmid besorgte. 
Wilhelm Mrazek Josef Kra 
sten Schöpfungen ist.,NächtlichesMi 
das auf dunkelblauem Grund 
ornamente in feinsten Blau- 
Grüntönen zeigt (Abb. 5). 
Der junge Künstler bemüht sich 
seine Schöpfungen jeweils innei 
der Skala der ..kalten" oder „wari 
Farben zu halten und vermeidet 
trastierungen extremer Werte. 
gibt seinen Kreationen etwas Lyris 
Musikalisches. Intimes. aber auch 
bar-Raffiniertes, ist doch die Gi 
groß, in die Untiefen sich schlage 
Farben abzurutschen. 
Moosmanns Kunst ist keine .,Bekei 
kunst", sondern Kunstgewerbe im 
sten Sinne des Wortes. nobler. t'i 
Heimschmuck, mit dem man zu 
menleben kann. an dem ein Mi 
seine Freude gehabt hätte. 
Das Österreichische Museum für 
gewandte Kunst würdigte im Va 
Moosmanns Schaffen durch einen 
kauf (Abb. 4). 
K
	        
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