15 Ikone des heiligen Eleutherios. auf Holz gbtnall, Teil einer Ture der Kirche der heiligen Maria Chrysallinutissa aus
Leukosia. Zypem. Gnerhisch, 2. Hälfte 14. Jahrhundert (Zlläxßäi cm). Leukosia, Schatz des Erzhischofs von Zypern.
(Byzantinische Kunst, Nr. 341)
waren das ganze Mittelalter hindurch, trotz
Kirchenstreit, sehr mannigfaltige. Abgesehen
von der gleichartigen Situation in Ost und
West am Beginn der Entwicklung im 6. und
7. Jahrhundert, der Zeit, in der die Kunst
Ravennas blühte, gab es starke Verbindungen
in der karolingischen und ottonischen Kunst,
der Kunst des 12. Jahrhunderts und in ltalien
im 13. und 14. Jahrhundert. Die XVirkung
byzantinischer Kunst auf die des Westens
war in diesen Zeiten an verschiedenen Stellen
Europas eine sehr intensive. Dazu kommt die
Nachfolge, die die Kunst Konstantinopels in
den {östlichen Ländern Europas f stellenweise
bis auf heute - fand und findet. Diese Kunst-
entfaltung, die in ihrem Zentrum rund
IOOO Jahre umfaßt und in den Ausstrahlungs-
gebieten noch bedeutend mehr Zeit in An-
spruch nimmt, galt es nun in der Athener
Ausstellung zu zeigen. Sicherlich bildete dabei
die Verstreutheit der Objekte eine große
Schwierigkeit. Der weitgehenden Zerstörung
der wichtigsten Plätze byzantinischer Kunst-
entfaltung vom 15. bis zum 18. Jahrhundert
ist es zuzuschreiben, daß monumentale Kunst
in Stein verhältnismäßig wenig existiert und
daher das meiste sich auf Kleinkunst be-
schränkt, deren Objekte auf alle Länder der
VUelt verteilt sind. Dem Bestreben, alles Wich-
tige davon zusammenzubringen, stellten sich
beträchtliche Hindernisse in den Weg, und man
soll darum einer Ausstellungsleitung nicht den
Vorwurf machen, daß die Auswahl manchmal
den Charakter des Zufälligen erhält. S0 war
hier zum Beispiel der durch die traurigen
politischen Verhältnisse bedingte Ausfall der
türkischen Leihgaben wie auch die verhältnis-
mäßig geringe Beteiligung der amerikanischen
Sammlungen empfindlich zu spüren. Stein-
arbeiten und Mosaiken waren aus ausstellungs-
technischen Gründen auch nur gering ver-
treten; ein Mangel, über den die ausgestellten
Mosaikkopien auch nicht hinweghelfen konn-
ten. Trotzdem ist es gelungen, auf weite
Strecken eine großartige Übersicht zu geben.
Das betriEt vor allem die zwei Kunstgebiete
Elfenbein und Buchmalerei. Ohne Zweifel
haben die Elfenbeintafeln, deren unmittelbare
Tradition der Spätantike entstammt, für die
byzantinische Kunst eine ganz hervorragende
Bedeutung. Diese Arbeiten waren auf der
Ausstellung in Athen nicht nur als Einzel-
stücke von höchsterQualität vertreten, sondern
sie konnten auch in der Zusammenstellung von
8
72 crstrangigen Exemplaren dieses Gebiet in
seiner vollen Bedeutung repräsentieren. Die
ausgestellten Stücke entstammten dem S. bis
12. Jahrhundert, also der wichtigsten Zeit des
byzantinischen Reiches, und klar zeichnete sich
unter ihnen der strenge lineare Stil der byzan-
tinischen Hofkunst ab. Gerade die Zusammen-
stellung dieser Tafeln brachte ein wesentliches
Ergebnis der ganzen Ausstellung. Ähnlich war
es mit den über 100 Handschriften, deren
Bilder viel Vergleichsmöglichkeiten mit den
Elfenbeinarbeiten möglich machten und im
einzelnen in den meisten Fällen zu dem Besten
gehörten, was byzantinische Kunst zu bieten
hat. Das Bild der hauptstädtischen Hofkunst
konnte weiter durch wenige, aber sehr gute
Beispiele des Emails und eine Reihe prächtiger
Goldschmiedearbeiten ergänzt werden. Freilich
gab es daneben auch eine Reihe von provin-
ziellen Arbeiten. Vor allem unter den etwas
zu zahlreich vertretenen Ikonen, die im
einzelnen nicht annähernd so wirksam waren,
die aber doch für die Ausstrahlung dieser
Kunst auf den Athos und nach dem Norden
von großer Wichtigkeit sind. Gerade aber
durch die ausgestellten lkonen entstand eine
gewisse Verzerrung, da alle wesentlich später
waren als die Elfenbeinarbeiten, die Buch-
rnalerei und die Werke der Goldschmiedekunst
und dabei eine andere künstlerische Situation
zeigten als die Hauptstücke der Ausstellung.
Große Mühe wurde mit Erfolg für die Auf-
stellung der Objekte verwendet. Das Unter-
nehmen, die mehr als IOOOjährige Kunst des
oströmischen Reiches in einer Ausstellung zu
zeigen, ist ein äußerst schwieriges; und wenn
auch gerade auf dem Gebiet der lkonen-
malerei die Ausstellung nicht voll befriedigte,
so ist doch das Ergebnis in jeder Weise ein
sehr bedeutendes, denn die große Qualität
und der hohe künstlerische Wert der kostbaren
Arbeiten Konstantinopels auf dem Gebiet der
Kleinkunst und Buchmalerei im llochmittel-
alter zeigten deutlich ihren entscheidenden
Beitrag zur Kunst Europas, und so reihte
sich die Ausstellung von Athen wiiirdig an
alle bisherigen, die der Europarat veranstaltet
hatte, an.
XVer Gelegenheit hatte, beide Ausstellungen
zu sehen, kann sich nun ein klares Bild des
so entscheidenden Überganges von der Antike
zum Mittelalter und damit der Grundlagen
der christlichen Kunst des Abendlandes
machen.