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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVIII (1973 / Heft 130 und 131)

Gerhard P. Woeckel 
Eine wiedergefundene 
Apollofigur J. B. Straubs- 
einst Brunnenbekrönungsfigur (1751) 
in der Münchener Dienerstraße 
und ihre archivalisch belegte 
„Specificati0n" in unveröffentlichten 
Urkunden der Münchener 
Stadtkammer 
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Die bayerische Landeshauptstadt München war in 
der Barockzeit außerordentlich brunnenreich. In 
einem im Jahre I620 gedruckten Gedicht „Ein 
schöner Lobspruch von der fürstlichen Haupt- 
stadt München" von Thomas Greill von Steinfeld 
Carinthium heißt es darüber; ...„sagt mir auch 
da wohlbesungen, l die Stadt hab 36 Schöpf- 
brunnen, l welche da frei sind alle Tag, l davon 
Jedermann schöpfen mag. f Auch sieht man in 
der Stadt rinnen l Tag und Nacht I8 Röhr- 
brünnen". Es ist merkwürdigerweise wenig be- 
kannt, daß es in München im I7. und I8. Jahr- 
hundert in mehreren Straßen und auf einigen 
Plätzen öffentliche Rohrbrunnen gab, die mit 
freiplastischen Figuren bzw. mit Gruppen ge- 
schmückt waren. Noch viel weniger freilich ist 
geläufig, daß diese Skulpturen, zumeist Dar- 
stellungen antiker Götter und Göttinnen, aus 
Eichenholz geschnitzt waren. Daß man für eine 
derartige meist metallen gefaßte, d. h. vergol- 
dete Außenplastik, die man im Sprachgebrauch 
des I8. Jahrhunderts sehr anschaulich ein „gan- 
zes Bild"' nannte, ausgerechnet Holz als Werk- 
stoff verwendete, scheint einem Zeitalter wie 
dem unsrigen, das seit den Bestrebungen des 
Werkbundes und anderer ideeller Vorstellungen 
die vielzitierte „MateriaIgerechtigkeit" verwirk- 
licht haben möchte, fast etwas sonderbar vorzu- 
kommen. Man muß dabei in Rechnung stellen, 
daß eine derartige Brunnenplostik außer Sonne, 
Wind und Wetter gelegentlich auch unfreiwillig 
dem feinen Sprühregen des Wassers ausgesetzt 
war. Dieses ständig in Bewegung befindliche 
Element wurde meist in einem darunter ange- 
brachten Becken - in München „Cläffer" ge- 
nannt [„Klaffer" nach Schmeller : Röhrkasten) - 
aufgefangen. Daß derartigen hölzernen Brun- 
nenskulpturen eine vergleichsweise nur sehr kurze 
Lebensdauer beschieden war, ist aus den archi- 
valisch bezeugten, ununterbrochenen Brunnen- 
erneuerungen ersichtlich. Immer wieder wurden 
namhafte Bildhauer mit der Ausführung bzw. 
rnit der Instandsetzung der hölzernen Brunnen- 
verzierungen betraut. 
In Anbetracht der außerordentlichen Seltenheit 
solcher erhaltener hölzerner Brunnenfiguren ist 
für das I8. Jahrhundert zunächst eine Plastik 
von hohem Rang zu erwähnen, die ebenfalls im 
bayerischen Bereich entstanden ist. Es handelt 
sich dabei um die knapp überlebensgroße, far- 
big gefoßte Holzfigur eines hl. Florian, die Chri- 
stian Jorhan d. Ä. (1727-1804), ein Schüler J. B. 
Straubs, im Jahre 1763 für den Brunnen im 
Schloßhof der Trausnitz in Landshut schuf (heu- 
te in einem ebenerdigen Saal dort aufgestellt). 
Hören wir über die Münchener Verhältnisse vor- 
erst ganz allgemein den bayerischen Historio- 
graphen Lorenz von Westenrieder (1782), der sich 
folgendes natierteÄ „Oeffentliche Brunnen, 
welche die Stadt zu besorgen, und überaus 
schön hergestellet hat, sind in allen Gassen... 
Durch das Sendlinger, und Isarthor laufen unter 
der Erde Wosserteichen unter die vornehmsten 
Straßen der ganzen Stadt, und von denselben 
läuft das Wasser, in den innern Hof des Hauses 
in ein Behältniß, oder in die Küche." Was die 
Brunnenerneuerung in München anbetrifft, so ist 
man beispielsweise darüber unterrichtet, daß 
der als Stukkateur, Maler, Faßmoler, Bildhauer 
und Baumeister sich betötigende Konstantin 
Pader (um l6IO-I68I) im Jahre 1645 außer den 
Plastiken an den städtischen Brunnen am Rinder- 
markt, in der Wein- und in der Burggasse auch 
die Skulptur an dem Laufbrunnen in der Diener- 
gasse (später: -straße) im Herzen der Altstadt 
ausgebessert hat]. Leider ist von dem Vorläufer 
des Brunnens, mit dem wir uns in diesem Beitrag 
beschäftigen wollen, sonst nichts Näheres be- 
kannt. Mehrfach wird iedoch gerade dieser
	        
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