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Volltext: Alte und Moderne Kunst X (1965 / Heft 78)

dessen gußeisernem Untersatz mit seinen 
geschwungenen Beinen die ideale An- 
chung an ein gleichgestaltiges Sitzmöbel 
Holz, an ein Tabouret, unverkennbar noch 
ker betont ist. Abgesehen von den auf den 
illies-Stichen und -Zeichnungen wieder- 
ebenen Möbel- und Öfenentwürfen, wo 
Motiv in einer ganzen Reihe von Fällen 
igbar ist, soll unsere vergleichende Be- 
chtung an einem in die gleiche Zeit zu 
erenden Hocker (Abb. 11) in Münchener 
'atbesitz (mit ergänzter Platte; Eiche; 
IX41,1X35,5 crn) demonstriert werden, 
im Stück, das bis in das Detail hinein mit 
l in der Höhe nur um ein paar Zentimeter 
lrigeren Ofenuntersatz (41 X7ÜX5Ü cm) 
rraschend genau übereinstimmt, der sicher- 
nach einem geschnitzten Holzmodell ge- 
sen wurde. Daß die für den Material- 
"remdungseffekt jener Zeit von uns zitierten 
ipiele keineswegs singulär dastehen, beweist 
Blick auf eine in Meißen um 1730 ent- 
idene, bemalte Toilettedose (Abb. 12) in 
ifpaßform aus Porzellan (Amsterdam, Rijks- 
iCUm) auf einem ebenfalls aus Porzellan 
gestellten, fünffüßigen Untergestell, das 
ein Holzmodell ostasiatischer Provenienz 
ickgeht (H. der Dose mit Deckel 5,5 cm; 
des Gestells 8,1 cm) 11. Analog der Sockel- 
:altung der Öfen findet hier ebenfalls eine 
isthetischer Hinsicht vollkommen gelöste, 
in auch ihrer Form nach völlig unfunk- 
ielle, materialfremde Übertragung in einen 
eren Werkstoff statt. Frappierend ist jeden- 
: die uns heute völlig absurd erscheinende, 
)Cl'1 außer jedem Zweifel stehende Tatsache, 
man hin und wieder großformatige Roko- 
Kachelöfen mit holzgeschnitzten oder ge- 
riitzten gedrechselten Füßen versah. Dafür 
en sich zwei Beweise an. Nach W. Stengel 
en die Füße der schwarzen Kachelöfen, die 
Berlin-Spandauer Urbarium von 1744 an- 
t, sogar in der Regel von Holz ll. Bei einem 
eren, um 1750 entstandenen schwarz- 
:ierten Stück (im Salon der Herzogin in 
Veste Coburg) läßt sich dieser Sachverhalt 
h heute nachprüfen. Die kunstvoll ge- 
nitzten geschweiften Beine mit ihren jeweils 
Kugel umklammernden Klauenfüßen 
aes schönen Zierofens (H. 2,70 m) sind 
1101213. 
r dem bereits erwähnten Cuvillies-Rösch- 
h selbst in den Details ungewöhnlich 
estehende Giebelschmuck des Münchener 
enceofens (Abb. 13) gibt ihm mehr als 
seine anderen in vollendeter Proportion ge- 
staltenden Teile eine betont modische Note 
durch sein von dort oben herunterlächelndes 
und leicht nach vorn geneigtes, geflügeltes 
Puttoköpfchen, dessen Haar, von einem Band 
gehalten, in der Mitte des Stirnansatzes mit 
einer kleinen Schleife und seitlich mit einer 
voll erbliihten Rose geschmückt ist. Form und 
Ausdruck dieses in den Ausmaßen kleinen, 
aber desto bezaubernderen plastischen Ge- 
bildes (H. 20 cm) verraten es dem Kündigen 
sofort, daß hier ein ingeniöses Erstlingswerk 
eines noch im Werkstattverband Johann Bap- 
tist Straubs tätigen jungen Bildhauers vorliegt, 
der sich jedoch bereits anschickt, ihn künst- 
lerisch zu überHügeln. Das Überraschende an 
diesem äußerst individuell gestalteten Werk 
ist, daß es seinen Meister bereits im vollen 
Besitz seines Personalstiles zeigt. Es unter- 
liegt keinem Zweifel, daß wir es hier mit einem 
Frühwerk von  B. Straubs genialem Schüler 
Franz Ignaz Günther zu tun haben. 
Von etwa 1743 ab bis um 1750[51 in München 
bei  B. Straub nachweisbar, begab er sich an- 
schließend nach Mannheim (zu P. Egell) und 
später nach Wien (zum Besuch der Akademie), 
um sich dort in seiner bildhauerischen Aus- 
bildung zu vervollkommnen. Das aus Linden- 
holz geschnitzte und farbig gefaßte Putto- 
köpfchen (Abb. 14) 14 (Augsburg, Städtische 
Kunstsammlungen) wie ein ganzhguriger un- 
gefaßter Putto (Abb. 15) aus Eichenholz mit 
einer Kartusche 14 (von der Bekrönung des 
Chorgestühles der ehemaligen Klosterkirche 
in Freising-Neustift stammend) sind die unter 
enger Anlehnung an die Cuvillies-Vorbilder 
von der Hand  Günthers geschaifenen adä- 
quaten Vergleichsstücke für das ihnen zeitlich 
weit vorausgehende und als Giebelzier des 
Kachelofens zusammen mit der prachtvollen 
Vase modellierte Werk, wobei natürlich zu 
berücksichtigen bleibt, wie sehr jeweils weiß- 
glasierte Fayence und bunt- oder ungefaßtes 
Holzschnitzwerk im Werkstoif, in der Wieder- 
gabe der Oberfläche und auch in der farbigen 
Erscheinung divergieren. Abgesehen von der 
Ornamentgestaltung, die hier unberücksichtigt 
bleiben soll, übte die präzise Formensprache, 
wie sie den nach den Entwürfen Cuvillies d. Ä. 
ausgeführten Werken der Münchener Hof- 
kunst eigen ist, einen starken und nachhaltigen 
Einfluß auf so formempiindliche Künstler- 
naturen wie F. j. Günther aus, was bisher 
noch nicht in seinem vollen Umfang erkannt 
wurde. So ist es nicht überraschend, zu sehen, 
wie nahe verwandt die Formensprache 
solchen Ofenaufsatzes mit typusmaßij 
gleichbaren Werken (Schreinen, Unter 
oder Altarrahmen) ist, wie sie sich auf d 
äußerster Präzision entworfenen farbig 
rellierten Zeichnungen und auch bei de 
geführten Arbeiten Günthers mehrfach 1 
Von ihnen bilden wir als charakteris 
Detail den geschweiften Fuß eines farbig 
rellierten Entwurfes (Abb. 16) für ein 
kreuz ab (München, Stadtmuseum; Mail 
Sammlung, Kat. I, Nr. 1205). Die gleic 
obachtung gilt auch für die mit einer Z: 
bekrönte, baldzichinartige Gehäuseforn 
sie der Münchener Bildhauer um 1767! 
Holzmodell für eine Silberausführung scl 
die der Goldschmied  F. l. Canzler 
bis 1782) als Behältnis für vier eb 
von Günther entworfene Heiligenbiisi 
Schmuck des Hochaltares im hlün 
Bürgersaal schufl5. 
Ohne daß wir der in Kürze zu erwar 
Veröffentlichung der Forschungen t 
jüngeren Münchener Kollegen K. Kos 
im mindesten vorgreifen wollen, die e: 
jetzt in den Einzelheiten unbekannte ur 
halb bisher noch nicht gewürdigte ü 
enge, jedoch zeitlich etwas später lll 
künstlerische Zusammenarbeit von F1 
Cuvillies d. Ä. mit dem nach seinen Ent' 
schaffenden lgnaz Günther bei der (abg 
von den Öfen glücklicherweise noch vt 
dig erhaltenen) Innenausstattung von 
Sünching (1759f1762) als einem Hau] 
der Münchener Hofkunst des späteren R 
urkundlich beweisen wirdlö, gelang i 
unabhängig davon, die gleichen Stilzusa 
hänge zwischen den genannten KüflSflt 
einem durch j. Gg. Härtl um 1750 in M1" 
geschaffenen höiischen Keramikofen 
stellen, zu dessen plastischem Schmucl 
ein Relief von  B. Straub gehört. F 
Erforschung des (iünther-Oeuvres bc 
das in Fayence hergestellte Puttoköpfcl 
sofern ein Novum, als damit der offenk 
Beweis erbracht ist, daß der genialste d: 
Rokokobildhauer zum mindesten in 
Frühzeit gelegentlich größere Stücke i 
modellierte, was man bisher nur aus 
Bozzettotechnik rückschließen konnti 
was für seine archivalisch seit langem be 
künstlerische Beziehung zur Nymphen 
Porzellanmanufaktur von nicht zu 
schätzender Bedeutung ist. Für  Gg. 
den bedeutendsten bayerischen „Zi: 
 

	        
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