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Volltext: Alte und Moderne Kunst X (1965 / Heft 78)

narrl Leisrlvizlg UBER KUNSTFALSCHUNGEN 
Untersuchung habe sich haupt- 
lich auf das technische Ver- 
:n zu beschränken und er- 
2, daß wohl als Vorlagen einige 
mnte Zeichnungen benutzt wor- 
seien, deren bedeutende glück- 
: Abweichungen nur von einem 
iäolrugen herrühren können. 
sehen erregte nun aber die 
erung lieinachs, die er zu einem 
rviewer machte, daß er von 
m „Wiener Archäologen" über 
„'l'iara" informiert worden sei, 
:he dieser als erster in Hoch- 
ns und Vogls Händen gesehen 
: und die er auch jetzt noch für 
halte. Daraufhin meldete sich 
lieser „Archäologe" der Direktor 
xähistorischen Abteilung des Na- 
istorischen l-lofmuseums, Szom- 
y: F.r habe am 23. Februar 1893 
lChiiCh die „'I'iara" gesehen, aber, 
:r nicht klassischer Archäologe 
die Abgabe eines Urteils ab- 
hnt. Dieser Standpunkt sei von 
in seiner Korrespondenz mit 
nach festgehalten worden, aber 
dings habe er sich auf Benndorf, 
nann und Schneider (dies war 
offenkundiger Irrtum!) und 
rere andere Wiener Persönlich- 
zn berufen können, welche sich 
die Erwerbung der „Tiara" und 
von dem Hochmann, Vogl und 
m bis dahin nicht genannten 
ner Händler (I) Szymanski eben- 
vorgelegten Schmuckstücke ein- 
tzt hätten. Fus klärte sich auch 
warum Reinach den Direktor 
nbathy als Archäologen bezeich- 
hatte: ln Paris wurden und 
den nämlich auch die Prähisto- 
r Archäologen genannt. 
Affäre, welche schon so viel 
lb aufgewirbelt hatte, führte 
ießlich auch zu einem Prnzeß vor 
l Wiener Gericht. Der Verkauf 
„'l'iara" an den Louvre war von 
;l getätigt worden und dieser 
e, weil er wohl fürchten mußte, 
von ihm seitens der Direktion 
Louvre der gezahlte Preis zurück- 
angt werden könnte (seine Ver- 
ung war tatsächlich in Aussicht 
nmmen), seinen Partnern die 
zahlung ihres Anteils verweigert. 
klagten die Hochmanns den 
(l (warum in Wien und nicht in 
s, wo doch das Geschäft ge- 
ht worden war, blieb unauf- 
ärt). Anläßlich der Verhandlung 
ärte nun Szombathy, der unsere 
vornherein und erstmals ge- 
zrten Bedenken damals nicht 
ite, da wir nicht daran dachten, 
er als Prähistoriker mit dieser 
ie irgendwie befaßt wurden sein 
nte: „Der Wahrheit gemäß be- 
Folge 1' 
zeuge ich, daß die volle Echtheit 
der zum Teile sehr wertvollen 
Nebenstücke jener Sammlung nic- 
mals bezweifelt wurde und daß auch 
die Unechtheit der ,Tiara' nicht als 
gerichtlich feststehend bezeichnet 
uwerden durfte, nachdem sie ja an- 
fänglich von allen (.3) Archäologen 
Wiens für echt angesehen worden 
sind." So wurde also das Dunkel, 
in das die Fälschung und ihre 
Geschichte eingehüllt war, allmählich 
gelichtet, da auf Grund der Pariser 
Berichte („Neue Freie Presse" vom 
24. März 1903) Benndorf mit offen- 
herziger Loyalität zugab, daß er den 
„vielberufcnen Goldhelm" anfang- 
lieh allerdings für echt erklärt habe, 
weil die nach seiner Ansicht korrekte 
Inschrift im Zusammenhalt mit merk- 
würdigenhomerischenDarstellungen, 
die keineswegs aus dem Handbuchc 
Millins geschöpft sein können, und 
die Vereinigung gelehrte: Kennt- 
nisse mit künstlerischen Fähigkeiten, 
wie sie keinem modernen Fälscher 
zuzutrauen sei, ihn zu einer günstigen 
Beurteilung veranlaßt haben. Auf 
Grund neuerlichen Studiums des 
Heimes nach guten Photos sehe et 
aber jetzt seinen Irrtum ein; er 
stellte auch fest, daß die ersten 
Bedenken in Wiener Fachkreisen 
vom Österreichischen Museum und 
Professor v. Schneider geäußert 
worden seien; von der nachgefolgtcn 
Ablehnung des British Museums 
Wußte B. augenscheinlich nichts. 
Rachoumowsky, dessen Gutgläubig- 
keit erwiesen schien, wurde frei- 
gesprochen und blieb in Paris. Noch 
im Jahre 1903 stellte er unter 
großem Zulaufe im „Salon" den 
aufs kunstvollste ausgeführten, be- 
reits erwähnten Sarkophag aus, an 
dem er angeblich neun Jahre gc- 
arbeitet hatte. 
Meinen Abschied von der vielbc- 
rufenen „Tiara" hatte ich bereits 
im Weltausstellungsjahre 1900 in 
der Salle d'Apollon im Louvre 
gefeiert, wo sich die nach Paris 
geströmten Fremden vor der auf 
einem Ehrenplatze aufgestellten Vi- 
trine stautcn. Seit 1903 ist das zuerst 
bewunderte und dann vor allem von 
den Franzosen, die sich durch den 
Vorfall persönlich beleidigt fühlten, 
so sehr geschmähte Werk in den 
Depots verschwunden. Als ich 1925 
danach fragte, wollte niemand davon 
wissen. Aber spätcrhin wird die 
„Tiara" wohl wieder hervorgeholt 
werden als Beweis der hohen Kunst- 
fertigkeit unserer Tage und als 
Bestätigung dafür, daß gewisse 
Menschen ihr Können dann aufs 
höchste zu steigern vermögen, wenn 
es sich ihnen tlarum handelt, andere 
hinters Licht zu führen. 
Unser nachträglicher Triumph in 
Angelegenheit der ersten, aber nicht 
abschließenden Aufdeckung des groß- 
artigen Schwindels durfte uns er- 
freuen, aber keineswegs übermütig 
machen, denn wir mußten 
gestehen, daß wir allerdings aus 
einem starken kritischen Gefühle, 
aber keinesw-egs mit unumstößlichcn, 
weil uns ja versagt gebliebenen 
Beweisen die hohe Bedenklichkcit 
der unvergleichlich exakten Leistung 
hatten begründen können. liin solches 
Gefühl müssen sachkundige Mu- 
scumsleute, ernste Sammler und 
ehrliche Händler besitzen. Ein, wenn 
auch undcfmierbarcr, gesunder In- 
stinkt, die gcwisse „feine Nase", 
auch ein entwickelter Tastsinn, der 
uns, wenn wir z. B. Metallubjekte 
bei geschlossenen Augen ganz zart 
mit den Fingerspitzen berühren, 
überraschende Erkenntnisse ver- 
mitteln kann, sind ein besserer Schutz 
gegen Täuschung als sclbstgefällige 
Buchgelehrsamkeit, die nur zu häutig 
abwegig ist. Der Gefahr, auf Fal- 
schungen hereinzufallen, steht die 
andere Gefahr gegenüber, aus ner- 
vöser Ängstlichkeit auch solcheDinge 
anzuzweifeln, gegen die weder Ge- 
fühl noch Verstand crnstlichen Ein- 
wand erheben kann. Ein Irrtum 
wäre es schließlich auch, nur den 
weiteren Osten als eigentliche und 
einzige Fälscherhcimat zu betrachten. 
Werkstätten, in denen vor allem 
Gold- und Silberfälschungcn mit 
größter Meisterschaft hergestellt 
wurden, so lange sich das aus Mangel 
an echten Dingen von Wert lohnte, 
lagen uns in Österreich-Ungarn 
näher, als man gemeinhin geglaubt 
hat. 
uns 
ÖSTERREICHISCH- 
UNGARISCHF. 
UEI "IFRFÄLSCHLINGEN: 
Die Tätigkeit de: ll". _ 
der Prunklrbraßlk du [dringen Eztgtu 
Die Besprechung des wundervollen 
„Prunkschrankes", dessen Uneeht- 
heit zu erkennen und nachzuweisen 
ich in die Lage gekommen bin, habe 
ich durch Vorbemerkung über die 
für Fälschertätigkeit besonders ge- 
eignet gewesenen Verhältnisse unseres 
alten Reiches einzuleiten. Tis ist vor 
allem auf die von sicherem Instinkte 
geleiteteHandgeschicklichkcitunserer 
Kunsthandwerker hinzuweisen, mit 
der sich allezeit ein starkes Anpas- 
sungsvermögcn und hohes Stilgefühl 
verband. Dazu kam die vom Beginn 
der sechziger Jahre des vergangenen 
Jahrhunderts hcrrschcnd gewordene, 
erst mit dem Ablaufe der neunziger 
Jahre allmählich aufgegebene Kunst- 
schulrichtung, welche die alten Tech- 
niken an Kunstgcwerbesehulen und 
in Werkstätten wiederbelebt und mit 
l-lingebung und Einseitigkeit Stil- 
komposition und Kopistetxtätigkeit 
so ausschließlich gepflegt hat wie 
kaum in irgendeinem anderen Lande. 
(Fnrrtelgung fnlgf)
	        
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