und die Bildung der Arme und Hände. Der
mit einem Palmzweig herabschwebende Engel
trägt auf den Faltenkanten dieselbe leuchtende
Zeichnung wie die Heerscharen des Engels-
sturzes. Die kleineren Engel sind durch die-
selben Strukturen angedeutet wie vergleich-
bare Partien des großen Bozzettos. Auch in
Nebenzonen, wie am Erdboden, sind Farben-
skala und Strukturen auffallend gleich. Ihre
Pastosität, ihr Farbenspiel und ihre Ober-
flächenbildung sind besondere Merkmale einer
einzigen Persönlichkeit, die über die Möglich-
keit jedes Schulzusammenhanges hinausgehen.
Die Hubertusskizze festigt weiter die Ein-
ordnung des großen Engelssturzes. Als Datie-
rung wird das letzte Jahrzehnt des 17. jahr-
hunderts vorgeschlagen. Wir haben eine
Farbenskala vor uns, wie sie in den Altarbildern
des Passauer Domes vorliegt, die erst im
Tittmoninger Michael durch eine neue Tonart
abgelöst wird.
Mit den bisher bekannten drei Skizzen aus
Karlsruhe und der Sammlung Reuschl zeigen
uns die hier veröffentlichten fünf unbekannten
Werke den Künstler in einer neuen, intimeren
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Sicht. Wir erhalten dabei auch neue Gesichts-
punkte zur Beurteilung seiner Arbeitsweise.
In einer Serie von Bleistift-, Rötel- und Feder-
zeichnungen sind uns seine zeichnerischen
Wcrkvorbereitungen vertraut. Sie reichen bis
zum fertig ausgereiften Entwurfin Form einer
farbig aquarellierten Federzeichnung. ln diesem
Falle ist wohl kein farbiger Öl-Bozzetto mehr
notwendig gewesen. Wir kennen mehrere
solche Aquarellskizzen, wie beispielsweise den
genannten Entwurf für die Se-johannis-
Spitals-Kirche.
Die andere Möglichkeit der Entwicklung war
der Persönlichkeit Rottmayrs noch angemes-
sener, und sie war wohl in seiner früheren Zeit
auch der häuügere Vorgang. Sie verlief über
verschiedene zeichnerische Vorstufen bis zu
einem ersten Abschluß in Form einer Feder-
oder Rötelzeichnung, die nur einfarbig laviert
war. Damit war der Kompositionsentwurf ab-
geschlossen. Durch eine Quadrierun g in Bleistift
erlaubte die Federzeichnung die maßstäbliche
Übertragung auf Leinwand für weitere Arbeits-
vorgänge ebenso wie für die große Ausführung.
Nun konnte die Fixierung der koloristischen
Vorstellungen in einem polychromen Bozzettc
erfolgen.
Mit den Grundlagen der Federzeichnung und
des Bozzettos oder mit der farbig aquarellierten
Federzeichnung allein waren alle nötigen Werk-
vorbereitungen gegeben. Daß Rottmayr gerne
den komplizierteren Weg, Zeichnung plus
Öl-Bozzeto, gewählt hat, entspricht seinem
Temperament, das zur Afanbia neigte.
Die existierenden voll ausgeführten Modelle
sind nur aus dem Bedürfnis der Auftraggeber
zu verstehen. Hier beginnt künstlerisch be-
reits der ermüdende reproduzierende Vorgang,
der gerade bei Rottmayr dann in der groß-
formatigen Ausführung oft zu einem Nach-
lassen der Qualität führte.
Im Konzentrat des kleinen Bozzettos, der
Vollendung im scheinbar Unvollendeten, liegt
seine Stärke. Die kleinen Meisterwerke zeigen
den stürmischen Atem des Barockkünstlers,
der die Flächen der Kuppeln und Altäre mit
seinen Visionen füllen will. Es wird eine
schöne Aufgabe der Forschung sein, den
Bozzetto der Großmaler des Barock weiter
zu erforschen.