BUCHBESPRECHUNGEN
nun und bildende Kunst." Unter
Titel ist vor kurzem der
über die voriroge und Dis-
en zu diesem Thema erschie-
- im Oktober 1963 in München
hloß Anif bei Salzburg ge-
wurden. Es ist dies der l. Band
udien zur Kunst des neun-
Jahrhunderts". das erste der
chkeit vorgelegte Ergebnis
Forschungsunternehrnens der
wyssen Stiftung" und nur ein
s großangelegten vorhabens
Sti tung. das im ganzen der
und Sozialgeschichte des
rhunderis gewidmet ist.
Hälfte des Bandes bildet der Ab-
.n vier auf der Tagung gehaltenen
n. Zwei dieser Vorträge befaliten
enger und strenger gelaiiten Pro-
lnd Muterialdarlegun an: Nikolaus
Vortrag über "Mög ichkeiten und
les Historismus". der. wie im Unter-
wierkt, den ..Versuch einer Früh-
e und Typologie des Historismus"
iesondern demonstriert an der eng-
lrchitektur seit dem frühesten Aufs
lteses Phänomens. und Maurice
critische Untersuchung i.VioIIet-le-
e Stellung zur Geschichte". die.
einer oft zu sehr simptilizierenden
icht als rein slrukluristisch
stisch" bezeichne! werden
inderrt eher noch "des Soziologismus
echrtizismus zu bezichtigen" sei.
z anderer Art waren die Vorträge
i Gerhard Evers ("Historismus") und
Srate ("Furiktionolismus und Stil").
nsatz zu den im Prinzip wartungs-
ihandlungen von Pevsner und besset
vorlrag von Evers eine erklärte.
.e Apologie des i-listorismus und
z Grotes eine Entgegnung darauf.
t des "Neuen Baueris". das heißt
in Auffassung vorn Wesen und von
jaben der Architektur seit Beginn
Jahrhunderts. Es war nur selbst-
ich. daB eine solche unter mehreren
vorgenommene Betrachtung des
us nicht um eine Wertung ds
ins herumkommen konnte. Der
us des 19. Jahrhunderts. so lange
eine Kunst zweiter Ordnung ein-
. mußte doch. sobald er Gegenstand
uen Interesses und gründllcherer
geworden war. damit allein schon
werte! werden. Mit anderen Worten:
Jfl. um der historischen Gerechtigkeit
arum. auch seinen Wertanteil an
imthei_t_ der Kunst des Jahrhunderts
nen. Uberflüssig zu sagen. dall bei
Ichen .,Ehrenreltung" das Pendel
eünderten Einschätzung mitunter
tit nach dem Positiven ausschlägt.
in diesem Fall in extremer Weise
'artrag von Evers geschehen. Dieses
Maß liegt nicht allein in der neuen
ung. sondern auch in einer Aus-
des Begriffs "Historismus". die
h zu einer Art Gleichsetzung dieses
ns mit der Kunst des 19. Jahr-
überhaupt führte, Dazu wäre
t zu sa en. dar} die bewußte Sinn-
; eines islang gdngigen Wortes die
lgung wie das Verständnis er-
Um diese Warnung ging es zum
irotes Auseinandersetzung mit Evers
lag gewissermaßen antizipanda in
lpeh und bescheidenen. aber eben
so nützlichen Definition Pevsners:
'nus ist die Haltung. lri der die Be-
i und die Benutzung der Geschichte
her isi als die Entdeckung und
lltg neuer Systeme oder neuer
der eigenen Zeit").
n vier Vorträgen war offensichtlich
ündstoff für eine ausgedehnte. weit
tdsützliche sich erstreckende Dis-
gegeben, an der sich Proi. Klaus
[Kansas City). Dr. Ernst Coenen
'rof. L. H. Heydenreich (München).
ius Lankheit (Karlsruhe). Dr. Hans
(Zürich). Gen-Dir. a. D. Prof. Kurt
Dr. Johannes Graf Moy (Schlot!
r, Prof. Gert von der Osten (Köln).
Schiff(Zürich) und Gen-Dir. Doktor
Waetzoldt (Berlin) beteiligten. Die
Jbe dieser Diskussion füllt die
lülfle des Buches. Uber sie kann
lrlich nur noch flüchtiger berichtet
ils über die Vorträge. Erst im Verlauf
Jssion kam die Malerei ausführlicher
iraeh. in den Vortragen ging es
zlich nur um Architektur. Das ist
Jchtend wie bezeichnend: in den
Kunstgattungen spielt doch der
lus - im üblichen Wortverstand -
taus geringere Rolle. Wieweit Stil-
nein der Malerei in ähnlicher Weise
lus genannt werden darf wie im
Baukunst. wurde lebhaft diskutiert.
piel Manet spielte dabei eine er-
Rolle. Sehr zu recht. wie seine
menen Kompositionen (vor allen
jeurler sur l'herbe") und die "Er-
; da Kaisers Maximilian von Mexi-
Historienbild beweisen. Was diese
i Hinblick auf die Frage des Hi-
bedeuten. ist aber doch wohl nur.
sie der Begriff des Hi orismus
im. Mit aller Deutlichkeit ze' t sich
iß die enttehnten Kompositionen
'mel waren, Getaß für die gänzlich
lhalte einer übermächtigen maleri-
schen Form: man verkennt das Eigentliche
dieser Malerei. das Gewollte und das Er-
reichte. wenn man der Komposition und
dem ikonographischen Sachverhalt eine mehr
als nur nebensächliche Rolle zuerkannt.
Komplizierter. doch nicht wesentlich anders
steht es bei Delacroix. Hier sei noch einmal
der über das bloße Referieren hinaus-
gehende Hinweis angebracht. dall zu der
Frage der Bedeutung des Historismus für
die Kunst des 19. Jahrhunderts auch die
Frage seines wertes an sich gehört. Diese
Frage tauchte auch in der Diskussion immer
wieder auC unabweislich und doch ansch i-
nend nicht in voller Schärfe gätellt. vielleicht
wegen der Scheu des Historikers vor dem
Problem der Qualital. das sich ja dem be-
grifflichen Erfassen entzieht. Uberblickt man
aber die Wertrelation des Historismus im
Verhältnis zu den anderen Elementen in
der Kunst des 19. Jahrhunderts. dann wird
man wohl mit einem Wort wie "Schwäche".
der relativen Schwache. nicht allzu ängstlich
umgehen.
Bei dieser Tagung vom Oktober 1963 wurde.
obwohl doch mit dem Historismus nur
eines der spezifischen Merkmale der Kunst
des 19. Jahrhunderts zum Programm gewahli
wurde. die Fruchtbarkeit des Unternehmens
für die Durchforschung der Vielgeslaltigkeit
jener Epoche deutlich. Man muß der Fritz
Thyssen Stiftung sehr dankbar sein dafür.
daß sie auf diese Weise. in ei em außer-
gewöhnlichen Akt von großzügigem Mü-
zenatentum die Erkenntnis der Kunst jenes
Zeitraumes fördert. mit dem so vieles in
der Kunst unseres Jahrhunderts so sehr ver-
bunden ist. Wie sehr und wie - das wird in
der künftigen Tätigkeit dieses Arbeitskreises
der Stiftung eine beträchtliche Rolle spielen;
das hat sich bereits bei einer weiteren
Tagung. im Februar dieses Jahres in München.
gezeigt. Fritz Novotny
Karl Oettinger und Karl Adolf Knappe.
Hanx Baldung Grlan und Albrecht Dürer in
Nürnberg. 340 Seiten mit 17a Ab-
bildungen. 14 Farbtafeln. Verlag
Hans carl Nürnberg.
Nur die Persönlichkeit eines großen Künstlers
rechtfertigt eine Monographie. die lediglich
der zeitlich beschränkten frühen Schaffens-
epoche gewidmet ist und nur eine bis zum
äußersten angespannte stilkritische Arbeit.
eine gleichsam mit scharfem Vergrößerungs-
glas und zugleich mit der Zeitlupe arbeitende
Methodik ermöglicht die umfassende Dar-
stellung dieses kurzen Zeitabschnitles. Das
vorliegende Buch. das in reprüsentalivem
Format (Z4x31 cm) und ansehntichem Um-
fang bereits avllerlieh einen vielversprecheri-
den Eindruck macht. behandelt die Toiigkeii
Baldungs in Nürnberg 1503-1508. also
die Arbeit eines Jahrfünftes. die allerdings
die entscheidenden Probleme der Slilbildung
des Meisters enihalt. Aus dieser Zeit sind ver-
halinisrnaßig wenig Tafelbilder erhalten -
erst am Ende der Periode entstanden die
beiden Hallenser Altäre-so daß die Unter-
suchung einerseits an l-iand der graphischen
Arbeiten, anderseits der Glasgemälde ge-
mhrt wird. Die beiden Autoren teilten sich
die Behandlung nach diesen beiden Gebieten
des Schaffens Baldungs. Prof. Oettinger
bietet in den von ihm verfallten Kapiteln.
(Baldung und Durerisoa-isos. Folgerungen
zum Problem der Stltentwicktung. zu Baldimgs
Persönlichkeit) die subtile Aufgliederung des
Schaffens in einzelne Stilphasen. die in kurzen
Abständen. oft in kürzerer Folge als Jahres-
fFISt einander meist in arttithetischerri Charak-
ter iolgen. zweitellos ist nur bei der Ent-
wicklung eines jungen Künstlers eine derart
sioßweise verlaufende Linie versiondlieh zu
machen und selbst hier mit dem beschränkten
überkommenen Material nicht immer leicht
zu belegen. Denn gerade bei einem jungen
Künstler muß mit einer gewissen Unregel-
mbiiigkeit der Leistungen gerechnet werden.
die es der historischen Kritik schwermacht.
eine unbedingt gültige Folge der einzelnen
Arbeiten zu rekonstruieren. so daß wohl
Oldenbourgs Worte in Erinnerung kommen
konnten ., . . . wobei freilich der Bestimmung
im einzelnen ein gewisser Spielraum zu-
gestanden werden muß. da es vermessen ware,
innerhalb einer ohnehin schon so kurzen
Zeitspanne die chronologische Unterschei-
dung bis zum letzten treiben zu wollen".
Oettinger komm! bei dieser Einteilung zu
dem interessanten Ergebnis. daß die Phasen
uberindividuellen Charakter besitzen und
sich daher bei verschiedenen Konstlern
nachweisen lassen, so zum Beispiel die
Monate um den Jahreswechsel 1502103. die
bei Durer und Cranach ähnliche Auffassung
bezüglich des Problems Figur-Landschaft
bringen. 1504 ware demnach eine kldrung
der dynamischen Auffassung der vorher-
gehenden Werke bei Dürer wie bei baldung
zu beobachten. 1505 ein Hang zu dramati-
scher Gestaltung. aber Ende desselben Jahres
klassische Beruhigung. 1506107 erreicht
Baldurtg seine erste dämonische Phase. die
in den Halleriser Altären einem diesseitig
höfischen Stil weicht. Die bewegte Entwick-
lungslinie. ein Ergebnis der Verarbeitung
verschiedener Erfahrungen. die der junge
Künstler machte. und deren wichtigste die
Auseinandersetzung mit den werken Dbrers
war. ist zugleich das Zeugnis der allmäh-
liehen Eroberung einer persönlichen Aus-
drueksweise. die Baldung trotz der entschie.
denen Uberlegenheit seines Lehrers Dürer
in den letzten Jahren des hier behandelten
zeiiraumes gelang. Bezeichnend ist es. doß
Baldung in den beiden Hallenser Altaren
sich deutlich Cranach näherte und überdies,
worauf Oettinger mit Recht hingewiesen hat.
niederl" dtsche Malerei studiert haben
dürfte. Es ist nicht zu übersehen. dciß gerade
in denselben Jahren die nordniederlöndische
Malerei ähnliche Bestrebungen einer reich
dekorativen. aber doch innerlich bewegten
Ausdrucksweise zeigt. wofür sowohl das
Frühwerk von Engebrechtsz als auch von
Jacob Cornelisz Beispiele bietet. Dem Charak-
ter der Kunstgattung entsprechend erreichte
Baldung den leuchtend malerischen Stil. der
in dem Halleriser Epiphariiealtar seinen
Höhepunkt erreicht. bereits früher in seinen
Arbeiten für die Nürnberger Glasmalerei.
Knappe hat in dem von ihm verfaßten um-
fongreichen Kapitel Baldung und die Nürn-
berger Glasmale I. nicht nur die persönliche
Leistung dieses Künstlers. sondern die Proble-
matik der Nürnberger Glasmalerei der
Dürer-Zeit überhaupt charakterisiert. So
bieiel Knappe neben der genauen Analyse
der einzelnen Scheiben vor allem eine Dar-
stellung der allgemeinen Stilmerkrnale der
spülen Glasmalerei. wobei er von dem zwei-
fellos richtigen Standpunkt ausgeht, daB diese
Spatschöpfungen keineswegs als Denkmäler
des Verfalles dieser Kunstgattung anzusehen
sind. Auch ihre späten Vertreter halten an
der Gebundenheit an den Wandcharakter
fest. das heißt sie bieten in leuchtenden Flächen
die Kontinuität der Wand. die den Innenraum
abschließt. Baldungs Werke fügen sich in
die Mitte der Entwicklung ein. von der
dekorativen Einheit. wie sie das Volcka-
mer'sche Fenster in unübertrefflicher Weise
zeigt. bis zu den großformatigen Arbeiten
des Markgrafenfensters. Auch bei ihm ist die
Gesamtkomposition entscheidend. in die das
Einzelbild eingefügt erscheint. wobei die
Einzelgestalten des Löffelholz-Fensters viel-
leicht am stärksten die spdiere Entwicklung
vorbereiten. wie sie schließlich in Kulmbachs
Entwürfen verkörpert ist. während die
dekorative bewegte Kleinform des unteren
Stre" ens desselben Fensters die Bindung an
di ltere Tradition beweist, Die Scheiben
dieses Fensters gehören zu den bedeutend-
sten Leistungen der Nürnberger Malerei
ihrer Jahre. wie denn überhaupt die Glas-
malerei ein wichtiges Forum künstlerischer
Ideen dieser Epoche darstellt: hier wird die
Großform der Einzelfigur. ihre Monumen-
laliiat erarbeitet. in und wegen ihrer Bindung
zur Architektur erreichen die Gestalten
stotuenhaften Charakter. Baldtmg hat mit
den seitlichen Scheiben des Löffelholz-
Fensters an dieser neuzeitlichen Stilent-
wicklung entschiedenen Anteil. Knappe
nimmt an, aal] für dieses Werk Baldung den
genauen Karton selbst gezeichnet hat.
tatsächlich stimmt die Durchführung der
Einzelforrnen so eng mit seinem graphischen
Stil überein. daß hier nicht an eine Umsetzung
durch den Glasmaler gedacht werden kann.
Der ausführlichen Darstellung im Text des
Buches entspricht der wissenschaftliche Kata-
log (verfaßt von Knappe). der allen An-
sprüchen gerecht wird. Uberdies ist durch ein
ausführliches Register (ebenfalls von Knappe
verfaßt) die wissenschaftliche Benützbarkett
des Werkes erleichtert.
Die Sorgfalt. die die wissenschaftliche Arbeit
in dieser Publikation auszeichnet. ist auch
auf den Abbildungsteil verwendet worden.
der jedem. der das Buch in die Hand nimmt,
Freude machen wird. Sowohl die Repro-
duktionen der Graphik, die Schwarz-Weiß-
Tafeln. als auch die 14 leuchtkräftigen Farb-
tafeln sind hervorragend gedruckt. womit
der Verlag der wissenschaftlichen Publi-
kation den Charakter einer eindrucksvollen
Darbietung der Werke des großen Künstlers
verliehen hat. Günther Heinz
Constantinpple. leonography ola sncred city.
Philip Sherrard, London. Oxford Uni-
versitv Press - New York-Toronto
19650140 Seiten. 133 Abb" z. T. farbig.
Lni. 4 .
Dieses Buch will das "innere Bild". gewisser-
maßen die platonische Idee Konstantinopels
dutzeigen. Es ist also kein Versuch. die Ge-
schichte der Stadt am Bosporus aufzuzeigen.
es handelt sich hier - von Ansätzen abge-
sehen - nicht um ein Werk. das Wandel und
Dynamik des Substrats in den Vordergrund
stellt. Es will die inneren Kräfte und ldeen
darlegen. die jenseits des historischen Ablaufes
die Stadt zu einem zeitlosen Prototyp ge-
macht haben.
Das Buch ist wie eine Symphonie in vier
salzen aufgebaut: das erste und das letzte
Kapitel. gewissermaßen die "Ecksötze". be-
schäftlgen sich mit der Gründung und dem
Untergang der Stadt. dies aber weniger in
chronistischer Hinsicht. als vielmehr im
Hinblick auf die inneren uisaehen und
Motive. die zu Entstehung und Untergang
geführt hatten. Die beiden Mittelkapitel
behandeln die zwei Aspekte. unter denen
Konstantinopel verstanden werden rriull: die
Stadt ist auf der einen Seite das "Neue
Rom". in einer sehr spezifisch mittelalterlichen
Weise Abbild des alten Rom, also eine Replik,
die alle wese tl' hen topographischen Ele-
mente des Vor I es i angefangen von den
Sieben Hügeln - enthält. Dieses "Neue
Rom" als Erbe des Macht- und Univer-
salitätsanspruchs des alten Rom ist in seiner
Denkmechanik immer noch heidnisch, welt-
lich ä will Selbst- und Endzweck "an sich"
sei .
Das Bild des Neuen Rom wird überlagert und
subtimiert von dem des "Neuen Jerusalem":
hier wird die Stadt zu einem Abbild des
Himmels. zu einem Hinweis auf den Endzu-
stand, das Paradies. Die Hagia Sophia,
ein Gebilde aus Licht und Glanz. ist die un-
mittelbare Versinnbildlichung dieser Idee des
permanenten Transzendierens. Das Leben in
Konstantinopel ist bis ins Kleinste hinein
von Aspekten des Jenseits durchdrungen.
Religion ist nicht bloß einer der möglichen
Faktoren des öffentlichen Lebens. sondern
Basis und Essenz. Der Basileus ist Bindeglied
zwischen Dies- und Jenseits. zwischen dem
Neuen Rom und dem Neuen Jerusalem.
Er ist kein ..Divus Augustus", sondern In-
strument Got A Wird er durch irgendwelche
Schicksalsschläge von seiner hohen Stellung
entfernt. so gilt diß. wie widerlich die
aulieren Umstände und Ursachen auch sein
mögen. als Gotlesurteii. das hingenommen
zu werden hat. Konstantinopel muüte aus
drei Gründen zugrundegehen, einmal aus
der letztlichen Unvereinbarkeit der Ramidee
mit der da Himmlischen Jerusalem. zum
zweiten am Bemühen des nschismatischen"
Westens. mit der Eroberung der Stadt einen
Akt der Reinigung zu setzen, zum dritten an
der Sehnsucht des Islam. in der Besitznahme
der "goldenen" Traumstadt (der Islam.
unter dem Zeichen des Mondes stehend.
empfand sich als "silbern". also als "weib-
lich") die Erfüllung und Krönung seiner
weltmissionarlschen Bemühungen zu er-
leben. Und in Konstantinopel selbst empfand
man den drohenden Untergang der Stadt
wiederum als Ltottesurteil für eine Unzahl
prlnztpieller Sünden gegen die Grundidee.
Ein großartig geschriebenes. absolut wissen-
schaftltches und noch dazu prächtig illu-
strlertes und dokumentiertes Buch. das eines
weiten Widerhalls würdig warel
Ernst Köller
Mdria variit-Ember - Alte unparieeiie
Stickerei. corvinia-verlag. Budapest
1963. eo Seiten Text. 4a Tareln davon
8 farbige.
in dem kleinen gut ausgestatteten Band gibt
die Verfasserin einen Uoerblick über die
bedeutendste Periode der ungarischen Stik-
kerei. deren Blütezeit eigenartigerweise in
die politisch unruhigen und schwierigen
150 Jahre der türkischen Besetzung großer
Teile des Landes fallt. Diese geschichtliche
Situation spiegelt sich im Charakter der
Arbeiten deutlich wider. Muster und Orna-
mente der italienischen Renaissance. die
vor allem durch Vorlagen und Muster-
bücher weltverbreitet wurden und persische
und vor allem türkische Dekorationen
fanden hier Aufnahme und Nachfolge. Aus
ihrer Verarbeitung und Verschmelzung ent-
standen Werke durchaus nalionaler beson-
derer Prägung. Eine Fülle von Nachrichten
aus zeitgenössischen Quellen, die die Ver-
fasserin zusammengetragen und verwertet
hat. macht diese große Entwicklungslinie
im einzelnen anschaulich und lebendig.
lnventare und Aufstellungen über kostbare
Brauiaussialiungen geben einen Begriff van
den vielfältigen Arbeiten. die hier auf den
verschiedenen Adelssitzen entstanden. Aus-
züge aus Briefen berichten über den Austausch
von Mustern und Vorlagen, von gegen-
seitigem Rat und l-liiie bei der Vorbereitung
großer Festlichkeiten, vor allem Hochzeiten,
den vielfältigen Fragen und Wünschen. die
die Damen bei der Arbeit in Stickereistuben
beschäftigte. Ungeachtet der politischen Zer-
rissenheit wurde ein reger Kulturaustausch
betrieben und entfaltete sich neben der
Berufsstickerei die überaus fruchtbare Adels-
Stickerei. Feine Metatlfaden wurden aus der
Türkei eingeführt, billigere aus Deutschland.
das Münzamt mUl)l8 die Legierung verbessern
um ebenso feine Silberfäden im eigenen Land
ziehen zu lassen. die besten italienischen und
türkischen Nadeln wurden in Wien mit
Silber aufgewogen. so entsteht an Hand der
Stickereien ein Stück lebendiger Kultur-
geschichte des Landes im Schnittpunkt
westlicher und östlicher Einflüsse. deren
künstlerischen Niederschlag noch heute zahl-
rci:he erhaltene Arbeiten zeigen.
In einem beschreibenden Teil werden die
einzelnen Gruppen und Anwendungsarten
der Stickereien erläutert. die verschiedenen
Dekorationen auf Abendmahlstüchern.
Bettlaken. Kissenbezügen. Tischzeug. Zier-
tüchern und Decken usw" die von den
adeligen Damen mit ihren türkischen und
heimischen Stickerinrten ausgeidhrl wurden
wie die schweren Metallstickereien, die den
Berufsstickern vorbehalten blieben. ln ihrem
Formenschatz wie in ihren Techniken zeigt
sich die Auswahl aus westlichen und östlichen
Vorbildern und deren glückliche Synthese.
Ein Literaturverzeichnis und kurze Erläute-
rungen zu den Bildtafeln beschließen den
Text.
Die 48 Tafeln. davon 8 in Farben bringen
dem kleinen Format des Buches entsprechend.
fast durchwegs Ausschnitte und Einzelmotive.
In der schönen klaren Wiedergabe kommen
nicht nur die Formen sondern auch die
Struktur und Technik der Stickereien gut
zur Geltung. Dora Heinz
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