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Volltext: Alte und Moderne Kunst X (1965 / Heft 82)

DIE HUMANE KONTINUITÄTIN DER 
ÖSTERREICHISCHEN PLÄSTIK 
Alfred Hrdlickas Erfolg in der „Gnlleriu 
Penalope", Rom 
Eigenllich halle die Ausslellung Alfred 
Hrdlickas bereils im Vorjahr in der "Galleria 
Penelope" in Rom stattfinden sollen. Sie 
rnußle aber verschoben werden, da der 
Künstier dann für die osterreichische Beleilie 
gung bei der XXXII. Biennale von Venedig 
uusersehen wurde. So war Hrdlicka diesmal 
für Rom kein Unbekannler mehr. Das war 
auch aus dem lebendigen und vielf tigen 
Echo der römischen Presse zu spüren. als 
nun der langgelaßle Plan in Zusammenarbeit 
mit der Galerie Welz in Salzburg und dem 
Öslerreichischen Kullurinslitut in Rom endlich 
realisiert werden kannle. 
Duiiio Morosini widrnele im ..Paese Sem" 
einen Aufsalz den bedeulendslen römischen 
Ausstellungen während dieser Saison unter 
dem Tilel: „Drei europäische Künsller: 
Moore, Hrdlicka und Kupka." Guido 
Giufire wiederum schrieb im nAvvenire 
d'Italia. "Die Aussleliungen von Guxzi. 
Romiti und Hrdlicka beherrschen die Szene." 
In der angesehenen Wochenschrift ,.La Fiera 
Lelleraria" schrieb der gleiche Kriliker. daß 
dieser österreichische Bildhauer eine Form 
des Expressionismus vertritt, die uns sehr 
ndhd isi. Vito Apuleo hebi in der ..Voce 
Reoubblicana" die dramalisch-menschliche 
Reulilät in den Plastiken Hrdlickas hervor 
und schreibt seinen Radierungen eine bittere 
Satire zu. Valenlino Marlinello erkennl. ddß 
im Rhythmus von Schwarz und Weiß der 
Radierungen lrolz der expressiven Schau 
durchaus eine unserer Zeit enlsprechende 
Aussage slailiindet. 
Während die meislen Kritiker die Äuflasung 
Ernst Kdllers im KCllOlOg-Varworl unler- 
slreichen, ddß in den Werken Hrdlickas 
ein "Neuer Humanismus" zu erkennen ist. 
vertritt der "Avanli" die Meinung, ddß es 
durchaus nichl human sei. wenn der Mensch 
Sa sehr in seiner Armseligkeit dargesleill 
werde. Auch ,.ll POQOIO" hdi gewisse siiir 
slische Vorbehalte zur Plastik Hrdlickas. 
anerkennt aber die beseelle Pidsiiziidi Seiner 
Radierungen. Guido Visenlin unterslreicht im 
"Messaggero" udn neuem seine Slellung- 
nahme. die er schon dni" lich ddr Bierlftale 
van Venedig geüußerl hat: ..Hrdlicka lsl 
beslrebl. die menschliche Gesiall wieder zu 
Ehren zu bringen. Dieses volizieht sich in 
rdrnidn, die vom Expressionismus ausgehen, 
die aber auch einen Belag zu jeher! des 
späten Michelangelo hdudn." 
In diesem Besireben ist Hrdlicka ein lypischer 
 
Verlreler ddr ösierreichischen Gegenwarls- 
kunst. Während man in anderen Ländern 
nach den Verstößen in dds Abstrakle und 
Informelle heute wieder ein zaghuftes 
Zurücklasten zu einer neuen rigurdiidn 
bemerken kann, hat man in Österreich 
niemals den Nabelslrang zu den humanen 
Formen völlig durchlrennl. Hier setzte ohne 
zdsur eiwa zu Beginn dieses Jahrhunderts 
die iiNeue Figuralion" ein; in der Malerei 
mit Klirnl und Schiele, in der Plastik mil 
Anlon Hanak und Jan Slursa. 
Für die Position Hrdlickas in der österrei- 
chischen Bildhauerei isl kennzeichnend, daß 
er darl einseill, wo Walruba den Weg 
Hanaks verlassen hat. Damit isl die Kon- 
tinuiiüt wieder hergeslellt. 
Wenn er auch mil seinem "Gekreuligten" 
(1959) noch Seiie dn Seite mit Seinem Lehrer 
liegt, so bamüchtigt sich bei ihm schon am 
Anbeginn die Expressicn der Tekionik: 
Die menschlichen Gliedmaßen werden. ge- 
brochen. verslümmeit. amputiert, in ihren 
Proportionen gedehnt und in ihren Bewe- 
gungen enthemml. um dann wieder zur 
Einheit eines schrecklichen Schicksals zu- 
sammengefügt zu werden. sd sind die 
Skulpturen Hrdlickas von ariliöslhelischer 
Schönheil. dionysischer Gewalt, grausamer 
Lyrik und von schlichter Tragik. 
Waller Zeill 
EUES UND INTERESSANTES AUS DER INTERNATIONALEN KUNSTWELT 
s AnlaB des 500. Geburtstage: von Hans 
llbßin zeigt seine Heimatstadt Augsburg 
n Z1. August bis 7. November eine große 
düchtnisausstellung mit ZOO Leihgabert aus 
er Welt. 
n Farbholzxhnitten Ham Staekbauers 
trnele die Neue Galerie am Landesmuseum 
inneurri in Graz eine e von einem ausr 
lrltchen Katalog begleitete - Sonderaus- 
llung. 
s Kiinstlerge nscttatt "Gruppe 64 
ederöxterreictf (sie wird von den Malern 
inz Dressler u Oskar Matulla. dem 
aphiker Maxim 'an Melcher und dem 
dhauer Malhias Hielz geleitet) trat heuer 
l Ausstellungen in Passau und Klagenfurt 
die Öffentlichkeit. 
 
 
heuer die vorlrdge von Paul Wember 
(nMarcel Duchanip und die Anlikunst") und 
Manfred de la Motte ("Pop-Art und die 
Konsequenzen"). Dichterlesungen. Konzerte 
moderner Musik. eine Architekturausslellung 
(Aulabahnkirche Giovanni Mlcheluzzi) sowie 
die obligate Ausstellung der vier Hausmaler 
(Mikl. Prachensky. Reiner. Hollegha) in den 
Galerierüumen der Grünangergasse er- 
gdinzien des Programm der Tagung. Daß 
Wiens Künstler und Kritiker e abgesehen 
von ganz wenigen Ausnahmen e bei der- 
artigen Ges "chen nur durch Abwesenheit 
gldnzeri. besidiigle sich leider auch in diesem 
Jahr. 
Der amerikanische Eisenplastiker David 
srriitti kam im Juni dieses iehres bei einem 
 
Autounfall ums Leben. Smith war durch 
seine Teilnahme an der documenta ll und lll 
auch in Europa gut bekannt. 
s 11. Internationale Kunstgexpräch der 
lei-ie nüchxt si. Stephan fand in der zeit 
n 7. bis 9. Juli 1965 in der Schule der 
sulinen in wien XXIII. Mauer. statt. Zu 
i Höhepunkten der Veranstaltung zahlten (Fortsetzung S. 56) 
FLEXE 
ronik de: Österreich betreffenden Ausstellungslebens, Mitte Mai bis Anfang Juli 1965. 
taktionuchluß: 27. Juni. Verantwortlich: Dr. Ernst Köller. Nur jene Ausstellungen und 
ranstaltungen kannten berücksichtigt werden, von deren Ahhaltung die Redaktion oder 
e Mitglieder verständigt werden waren. Vollständigkeit wurde weder erreicht noch an- 
drebt: das Nichtautstheinen in dieser Chronik bedeutet also kein indirektes Werturteil. 
viai Polariidten. Österreichische Gegenwartskunst. universiidt Wien. 
M ärditnung der ..Galerie de poche". Vernissage der Ausstellung Gerhard Feesl. l. selz. 
Q0558 . 
Mai: Vorführung von Filmen im Rahmen des ß. w. Papst-Zyklus. Museum des 20. lehr- 
nderis. lll. schiiveizergarien. 
Mai roporiionenerroporzianen." 10 lehre Zweite Reoublik in der Karikatur. Galerie 
ige Generation. l, Börseplatz 7. 
stvortrag Prof. Dr. Michelangelo Muraro. Florenz: 
liiuisgebaude, I. universiielsslrane 7. 
rtrag DDr. Heinrich Kraus. ..lrenische Reise 15m4". Österreichisch-Iranische Kulturver- 
ligung. l. Josefsplatz 1. 
M i Hans Escher. Graphik. Zentralbuchhandlung. I. Schulerstraße 1-2. 
Mai vorlrog ..Tlvidar Csontvdry" von Unim-Prof. Dr. Lajos Vayer. Arbeiten der Meister- 
iule tiir graph. Künste an der Akademie der bildenden Künste (Prof. Martin). Österreichisch- 
lgarische Vereinigung zur Pflege kultureller Beziehungen, II. Hollandstralte 4. 
ins Stockbauer - Farbholzschnitte. Neue Galerie am Landesmuseum laenneum. Ecksaal 
iloanneums. Graz. Neutorgasse 45. 
Mai: Laienkunst aus der udssR. Galerie Autodidakt, IV. Operngasse 9. 
ist Padouk. lnlarsien. Galerie Peithner-Lichtenfels im Hotel vienne lniereoniineniel. 
(Fortsetzung S. S6) 
  
  
Civilidi delle ville venete." Neues 
 
GRAZER KU NSTBRIEF: Juni 1965 
Das Kunslleben in Graz zeichnet sich durch 
außerordentliche lntensivitdt. leider aber 
nicht immer durch außerordentliche Qualität 
des Gebotenen aus. Diese Maxime wird vor 
allem durch die am 14. Juni im Künstlerhaus 
eröffnete. vom Werkbund im Steiermürklschen 
Kunstverein zusammengestellte Ausstellung 
"Religio 65" bewiesen. die im Rahmen der 
Feiern zum hunderliöhrlgen Bestand des 
Kunstvereins zusiandegekommen war. Die 
recht lieblos und flüchtig gehängie schau 
umfaßt 82 Werke von Z7 Künstlern. In ihrer 
Gesamtheit beweist sie. daß religiöse Kunst 
heute immer noch problematisch ist und daß 
die meisten Künstler die tückischen Fallen 
thematischer Gebundenheit nicht umgehen 
können. Sentimentales Pathos und pseudor 
expressive Verkrampftheit gehen unglück- 
selige Verbindungen mit mehr oder minder 
manieriertetn Archaisieren ein. Die Sucht. 
originell zu sein. überwiegt bei weitem jenen 
Geist echter Demut. der gerade bei kirch. 
PERSONALIA 
M. Mai: In Graz starb Unim-Prof. DDr. Hans 
Riehl. 75 Jahre alt. nach schwerem Leiden. 
Der Verewigte war Gründer und erster 
Leiter der Neuen Galerie am Landesmuseum 
Jaanneum. Bis zuletzt betätigte sich der 
Gelehrte, der sich sein jugendliches Feuer 
bewahrt hatte. als Leiter wissenschaftlicher 
Reisen und gestaltete an der Salzburger 
Volkshochschule kunstwissenschaflliche Kurse 
und varirdge von hohem Niveau. Eine vor 
wenigen Jahren erschienene Publikatict über 
österreichische Malerei von den Anfängen 
bis zur Gegenwart machte seinen Namen 
breitesten Bevölkerungsschichten bekannt. 
Schon in den späten zwanziger Jahren war 
er mit einer ahnlich breitenwirksamen ver- 
öffentlichung über die Geschichte der Barock- 
baukunsl in Österreich hervorgetreten. 
25. Mai: DipL-lng. Anton Valentln beging 
den 70. Geburtstag. 1895 in Wien geboren. 
besuchte er die Höhere Baufachschute und 
die Meislerschule an der Wiener Akademie 
der bildenden Künste. Zahlreiche öffentliche 
und private Bauten in Wien und Nieder- 
österreich wurden von ihm projektiert. viele 
seiner Entwürfe mit Preisen und Ankäuren 
ausgezeichnet. Der Jubilar ist seit 1951 Mil- 
licher Kunst den kiinslier zu dienender 
Selbstbescheidung aufrufen sollte. So wollen 
wir uns mit der Erwähnung einiger Künstler 
und ihrer werke begnügen. die aus den 
Fluten anspruchsvoller Mittelmäßigkeit her- 
vorragen. rludalr Szyszkawitz beweist mit 
seiner .,Himrnelfahrt Marions". daß er ein 
guter Maler isi. der aus den Traditionen der 
österreichischen Kunst der ersten Hälfte 
dieses Jahrhunderts zu schöpfen weiß; zu 
seiner "Himmelfahrt Martens" haben Faist- 
auer. Baeckl und auch Kokoschka Pate 
gestanden -- trotzdem ist das Bild weit davon 
entfernt. öde und eklektizistisch zu sein. die 
Tradition lebt hier. 
Franz Rogler zeigt cerndide mit Motiven aus 
dem Heiligen Land und damit Bilder. die 
nicht eigentlich "religiös" sind. Reglers 
Kunst ist von verfremderischem Realismus. 
von packender iranischer Dinglichkeit. die 
sich selbst ins Fragwürdige riicki. Ganz 
anders der iri Graz lebende und hier hoch- 
geschaizie Russe wledimir Zagorodnikow. 
(Fortsetzung s. 56) 
glied des Wiener Künstlerhauses und Träger 
des Goldenen Lorbeers. 
Am gleichen Tag vollendete Akad. Maler 
Prof. Wilhelm Kaufmann das 70. Lebensjahr. 
Der Künstler, Schüler von Rudolf Bacher, 
gehörte dem Österreichischen Sonderbund 
(Faistauer. Kokoschka. Andersen. Kolig. 
Boecki) an. spdter wurde er Mitglied des 
Hdgenbundes. der Secession und v 1950 m 
des Künstlerhauses. Kaufmann ist als Land- 
schafier expressionistischen Traditionen ver- 
pflichtet und zählt zu den führenden Porträ- 
tislen unserer Zeit. Auch auf dem seltenen 
Gebiet der Sportmalerei hat er sich mit 
großem Erfolg betätigt. Bilder berinden sich 
in vielen Ländern Europas. Sein Name wurde 
außerdem durch zahlreiche internationale 
Ausstellungen bekannt. Der Jubilar ist 
Träger zahlreicher Preise sowie des Goldenen 
Lorbeers und der Goldenen Ehrenmedaille 
des Konsilerhauses. 
1. Juni: Protessoi- Rudolf Pleban. aked. Maler 
und Bildhauer, starb in Zwetil (NÖJ an 
den Folgen eines Autounfalles. Der Verr 
ewigte siond irri 52. Lebensjahr. Er war als 
Lehrer an der Graphischen Lehr- und 
Versuchsanstalt in Wien tätig. Am 23. Novem- 
ber 1913 in Peterwardein geboren. studierte 
(Fortsetzung S. 5a) 
TERIEURS DER FIRMA WITTMANN, ETSDORF AM KAMP 
r nur wenige Tdge zeigie die Polstermdbelfabrik WiNmunn irn Grillparzersual des Palais Pulffy eine Ausslellung. wobei erslrndlig der versiien gewdgi wurde. moderne Modelle in 
rbindung rnii allen Möbeln zu zeigen. 
I es heuie ie nieni mehr um Fragen des siiles genl. sondern dliein um die der Qnelilai, können eben Möbel unserer Zeil dUFChüUS mil ienen der Vergangenheil lusumrnerlruleben". 
Nmunn wcllle ddrnii nichl nur seine Verbindung zur wiener Trddilien dokumeriiiererl - und se 50h rndn seine Möbel lusdrrlmen rnii seleiien von Oskar slrndd GUS den zwanziger Jahren, 
l Eiederrneier- und sdreekniebilidr - sendern seine Auffassung von einer Wohrlkullur. die mehr vom persönlichen Geschmack des einzelnen beslimm! isi und nieiii vom modischen 
klGL 
llürlich fußen die Möbel unserer Zeil der dnderen Geselzmößigkelien und Vorausselzungen dls jene der vergangenen Perioden. sowohl vom Gesichispunkl des Verbrauchers dls von 
iern des Preduzenien. se rregi rndn neiiie neen Leichligkeil. Einleeniieii und ßeweglielikeii. Manchmal neben in kleineren Wohnungen die einzelnen Slücke mehrere Fllnklionen zu 
Üllen, so nininii neule dcls rneelieniseiie Möbel einen grelien Teil in den Predekiien ein. sieiier sind die ziele dieser Eniwiekleng noch ldnge nieni erreieiii. 
. i,.._ 17.,. _ __ -_ 4„ kI__J_.__ _n ._-.. 'P_.A_.l___ 04., "M4. i.-i__ b..i....._el_.l :__._..
	        
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