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Volltext: Alte und Moderne Kunst XI (1966 / Heft 86)

ausgesprochene Doppelbegabung für die 
beiden sich einander nahestehenden Gebiete 
der Skulptur und der Graphik besaß. Über- 
raschend viele gemeinsame Züge stilisti- 
scher und motivischer Art verbinden den 
gezeichneten Entwurf für das Sebastians- 
reliquiar mit der geschnitzten und farbig 
gefaßten Münchner Gruppe, die auch 
darin bestehen, daß das erstgenannte Werk 
kompositionsmäßig ebenfalls einem steilen, 
gleichseitigen Dreieck einzubeschreiben ist, 
ganz zu schweigen von der dominierenden 
Rolle, welche die Anordnung des in der 
zweiten Reliefschicht erscheinenden Strah- 
lenkranzes bei beiden Stücken spielt. Auf- 
fallend ist der bei der Figur des hl. Se- 
bastian anzutreffende Körpertypus b. Er ist 
unverkennbar von der Christus-lkono- 
graphie des 18. Jahrhunderts mit geprägt. 
Beide sind ideell von der Vorstellung des 
„schönheitlichen" Leidens abhängig, das 
seit dem Quarrrocento eine bedeutsame 
bildkünstlerische Rolle spielt. Diese bisher 
noch unbeachtet gebliebene Synthese von 
der Christus- mit der Sebastian-Ikone- 
graphie ist bei einer Reihe von Kruzifix- 
Entwürfen und ausgeführten themenglei- 
chen XVerken Günthers nachzuweisen, so 
bei einem Entwurf für ein Kruzifix von 
sehr edler Gestalt (Abb. 6). Er Findet sich 
auf einer Werkzeichnung für ein Stand- 
kreuz (München, Stadtmuseum, hiaillinger- 
Sammlung, Kat. I, Nr. 12O6)7. Die beiden 
Blätter entsprechen sich, abgesehen von der 
Kongruenz der Morphologie ihrer ana- 
tomischen Formen, völlig in der Weise, 
wie sie vom Künstler mit der Feder ge- 
zeichnet und anschließend aquarelliert 
wurden, ein Beweis dafür, daß er seine 
Werke - ob in Holz von ihm selbst oder 
in Metall von anderer Hand ausgeführt w 
schon bei ihrer Planung farbig vor sich 
stehen sah. Aus stilistischen Gründen, die 
hier nicht im einzelnen darzulegen sind, 
ist die Entstehung der beiden eben ge- 
nannten Zeichnungen mit Sicherheit in die 
 
ANMERKUNGEN 6 - 7 
ß Zu seiner Ablcilung von älteren Vorbildern vgL: Die 
Sammlung Wilhelm RcuschcI-Kat-v München 1963. 
s. 164-166. Fcmcr: G. Woeckel, Paul Troglxr und die 
öslcrrzichischc Barockkilusl. Bespijechung dCf Tmgcr- 
Ausstellung in siin AltenburglNO. was, in: Kunst- 
Chronik, 17. 1.1., 1954, . 29m, bes. s. 33 mit Äblt. m. 
1 H. Höhn. Die Hzndzcichnungen des Bildhauers lgnaz 
Günther, a. a. 0., s 199 (Kam-Nr. 4a), wobei x-ancn 
in den Maßangaben an: Verwechslung lhi! Kzn- f. 47 
vorliegt und Nr. 4a nicht mit Wcyßrn zu idcllliflzirrrn ist. 
25
	        
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