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Volltext: Alte und Moderne Kunst XI (1966 / Heft 86)

tte der fünfziger Jahre - also in die 
ihzeit Günthers - anzusetzen. Ob es 
ials eine große, geschnitzte Sebastians- 
ir von Günther gab, worauf manche 
lizien deuten, kann heute nicht mehr mit 
herheit ausgemacht werden. Theoretisch 
ß man aber durchaus mit dieser Mög- 
ikClI rechnen. Wie wäre es sonst zu 
lären, daß außer der eigenhändig aus- 
iihrten Wiener Zeichnung gerade ihr 
aus in einigen themengleichen nicht von 
nther selbst stammenden, sondern von 
1 beeinflußten Werken sich unverkenn- 
widerspiegelt, die alle später als dieser 
twurf entstanden sind? Sie gehören 
itlich der engeren Werkstatt Günthers 
oder wurden von einigen Günther nahe- 
ienden Bildhauern zwischen 1760 und 
0 geschnitztß. 
iige Jahre später als die bisher bespro- 
nen Werke entstanden von Günthers 
nd zwei aus Lindenholz geschnitzte 
gel (Höhe 80,5 bzw. 75,5 cm; die Flügel- 
re sind nicht erhalten). Sie knien auf 
i zugehörigen originalen Voluten, von 
ursprünglichen Fassung hat sich - 
h Abnahme späterer Übermalungen - 
der ins leicht Grünliche spielende weiß- 
ue Steinkreidegrund erhalten (Abb. 7 
9). Das Nichtmehrvorhandensein der 
rsten Fassungsschicht ist in diesem Falle 
einem nicht unbeträchtlichen Gewinn 
bunden, was aus der Betrachtung der 
gefügten Abbildungen hervorgeht. Erst 
t nämlich oifenbaren sich die sonst nicht 
diesem Umfang zu beobachtenden 
nitzerischen Feinheiten der auf Licht 
l Schatten gearbeiteten, nuancenreichen 
srflächenbehandlung in ihrem hellsten 
ht, wie sie gerade bei diesem Engelspaar 
exemplarischer Weise vorhanden ist. 
welcher ursprünglichen Aufstellung man 
. das in Haltung und Bewegung kontra- 
tisch aufeinander abgestimmte Engels- 
r vorzustellen hat, zeigt der Blick auf 
an von Günther entworfenen, jedoch 
ihm nicht ausgeführten Tabernakel mit 
i im Verehrungsgestus dargestellten 
:nden Engeln. Er findet sich auf einem 
1759 zu datierenden Entwurf (Abb. 10), 
für den SL-Rasso-Altar in der Wall- 
tskirche Grafrathjobb. bestimmt war 
inchen, Staatl. Graph. Sammlung, Inv.- 
30 695) 9. Dieser Entwurf gibt zugleich 
iber Aufschluß, wie man sich die ver- 
nen Flügel des Engelspaares zu rekon- 
ieren hat. Die Engel auf dem von 
ither für Grafrath gezeichneten Entwurf 
l wiederum die unmittelbaren Voraus- 
ungen für die kurz darauf ausgeführten 
nengleichen Gestalten am Auszug des 
:haltars in Rott am Inn (17605), für 
erst kürzlich zwei Tonbozzetti entdeckt 
von uns veröffentlicht wurden 10. Zur 
ierung des bisher völlig unbekannten 
;elspaares bietet sich ein 1766 datierter 
ibozzetto an, der dank seiner hervor- 
:nden Qualität für die Beurteilung der 
irischen Entwicklung Günthers in der 
iten Hälfte der sechziger Jahre eine 
üsselstellung einnimmt (Abb. 12). Gün- 
schuf ihn als Entwurf für die Figur 
eines hl. Cajetan, die, als Fassadeniigur für 
die Münchner Theatinerkirche bestimmt, 
später von R. A. Boos ausgeführt wurde". 
Dieser Tonbozzetto belindet sich in der 
Skulpturensammlung in Dresden (Inv. Z 
V 2784). Wie sehr das Engelspaar und der 
1766 datierte Entwurf stilistisch und typus- 
mäßig zusammengehen, sieht man, wenn 
man sie im einzelnen mit dem linken Taber- 
nakelengel vergleicht. Es ist die gleiche 
Formengebung, mit welcher der Mantel 
bzw. das Kleid als wichtigster Gliederungs- 
akzent die ganze, sich schraubenförmig 
drehende Figur in der Diagonale durch- 
läuft, wobei dieses Motiv weitgehend ihre 
Umrißlinie bestimmt. Es ist der gleiche, 
ekstatisch nach oben gerichtete Blick, die 
sehr verwandte Gesichtsbildung und die 
grundsätzlich ähnliche Hand- und Arm- 
haltung dieser sehr gelängten Figuren. 
Kein Zweifel, daß auf Grund dieser 
frappierenden stilistischen Ähnlichkeit mit 
dem Dresdner Stück das Engelspaar eben- 
falls in die zweite Hälfte der sechziger Jahre 
zu datieren ist, die A. Feulner einmal die 
Jahre der Reifezeit Günthers nannte. Daß 
die vor uns vorgeschlagene Datierung des 
Engelspaares zu Recht besteht, mag der 
auf den ersten Blick bestechende Vergleich 
mit einem formarmäßig wesentlich größe- 
ren, typusmäßig entsprechenden Engel in 
kniender Haltung "zeigen (Abb. 11), der 
seinem Motiv nach ebenfalls zu der Gattung 
der Günthefschen Tabernakelengel ge- 
hörtll. Bei näherer Betrachtung tun sich 
jedoch zwischen ihnen nicht zu übersehende 
stilistische Unterschiede auf. Der ehemals 
silbern, jetzt polierweiß gefaßte Frank- 
furter Engel (Höhe 147,5 cm) zeigt eine 
Stilstufe Günthers, die der strengeren 
Konturenführung bereits wesentlich mehr 
verpflichtet ist, als es bei dem zeitlich 
früher entstandenen Engelspaar der Fall ist. 
Im Gegensatz zu ihm zeigt sich bei dem um 
1770 zu datierenden Frankfurter Engel eine 
stärkere Beruhigung und Klärung der 
Komposition, die auch für den seelischen 
Ausdruck gilt. Er ist viel weniger räumlich 
konzipiert. Zusammenfassend sind dies 
stilistische Kriterien, die offensichtlich ihre 
Wurzeln in protoklassizistischen Einflüssen 
haben. Sie machen sich mehr und mehr im 
Spätwerk Ignaz Günthers bemerkbar, das 
jedoch bereits außerhalb unserer vorlie- 
genden Betrachtung liegt. 
Zurückblickend darf man feststellen, daß 
die original gefaßte Gruppe mit der Vision 
des hl. Antonius von Padua, die schöne 
Aquarellzeichnung mit dem Entwurf für 
das Sebastiansreliquiar und das einst für 
einen Tabernakel bestimmte Engelspaar 
bisher unbekannte Werke Ignaz Günthers 
sind, die den hinreißenden Zauber seiner 
Kunst von neuem offenbaren. Es besteht 
kein Zweifel darüber, daß sie unsere bis- 
herige Vorstellung von seiner Begabung als 
Groß- und Kleinplastiker und als exzellenter 
Zeichner wesentlich bereichern. Aus ihnen 
ist erneut die singuläre Position abzulesen, 
die dieser größte aller Rokokobildhauer 
innerhalb der europäischen Skulptur der 
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts besitzt. 
ANMERKUNGEN 8712 
iAls typische Werkslattstüeke Günthers sind zwei Ton- 
reliefs zu bezeichnen. die als Positiv-Ausformung für 
Glnckenguß anzusehen sind. Ein Exemplar befindet sich 
i... mp... des Bayerischen Narlonalmuseums 1.. München 
(vgl. A. Schdnbcrger. 1. 0mm... a. a. 0., s. o2 mir 
Abb. E 28), ein zweites Stück belindet sieh als lnv. DM 
Nr. 7602 (28.5x20,5 cm) in den ehern. Sraall. Museen 
n. 1mm. (mpm). Von dem Aiblinger Bildhauer juscph 
Görsch stammen nicht weniger als zwei Scbastiandar- 
Stellungen dieser Art. Es handelt sich um das Relief am 
südlichen Seitcnaltar der Schloßkapelle in Neubeuern 
am 1.... (vgl. A. Scliönberger, A. a. 0.. s. 42143 ...i. 
Abb. E. 31) und um die rhemengleirhc vollruizd ge- 
schnitztc Figur am linken großen Seitenaltar in m... 
am lnn (vgl. N, Lieb, Rot! am lnn Ü SChnelYschcr Kunst- 
fiihrer Nr. 14, München 1963, Abb. S. 15), Auffällig 
ist auch d große Ähnlichkeit im Typus, die sich bei 
der 177D d Lrten Figur gleichen Themas ergibt. die der 
Wolfrarshauwncr Bildhauer Philip jakob Rämpl für den 
Hochalrar der Wallfahrtskirche St. nhard bei Dietrarns- 
zellIOhb. schuf. Vgl. G, Woeckel, Der bayerische Koknko- 
bildhauer Philipp jnkob Rämpl (172871809), in: [Jas 
Münster, 9. ]g„ 1956, S. 30551, bes. S. 3161317 mit 
Abb. S. 315 und 319. 
"H. Hdhn, die Handzeichnungen des Bildhauers Ignuz 
Günther, a. a. (l, S. 195 (KSL-Nt. 22), mit einer vicl 
zu spilt, um 1766167, angesetzten. irrtümliche-n Duriurung, 
die an anderer Stelle inzwischen längs! von uns berichtigt 
wurde, An Stelle seines eigenen (ebenfalls erhaltenen) 
Entwurfes benützt: J. B, Straub bei der Ausführung m. 
Grafralhcr Hmhaltnres (1759[1760) den seines Schülers 
lgnaz Günther - ein aufschlußreiches Dokument für 
ein Kilnstglagia! im 1a. Jahrhundert. 
l" G. Woec el, lgnaz Günthers Vorarbeiten für den Hoch- 
31... von m... q." 1...., i... Pantheon, xxm. 13., was. 
S. 3865.. bes. Abh. 18722. 
H A. Schönbcrgcr, I. Günther, a. a. 0., S. 64 mit Ähb. 
E 26. - ln der Stzarl. Graph. Sammlung Munrhen 
(lnv.-N 3G H88; Hnlrn-Maffei VIII. 3) beündcl sich eine 
vom M larbeiter Günthers. Joseph Häringer, stammende 
Nachzelchnun nach einem verlorenen eigenhändigen 
Entwurf Günthers für die gleiche Fi ur. 
n A. Schönberger, a. a. O., S. 7 mit Abb. 105 7 
(g A, Legncr), Bildwerke der Barockzeir aus dem Liebieg- 
haus, Frankfurt n. M. 1963, Nr. 58j59 (mit 2 Abb) 

	        
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