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Volltext: Alte und Moderne Kunst XI (1966 / Heft 86)

7-10 Wil Frenken, Holldruckreihe E XXVII (S L), 
1964165, 5 Blcm, Blunfarmal 38 x187 cm. BÜNenküPlOn, 
schwarz gedruckt. Hunddrucke. Zustände 1, 2, 3. 4 
gleichen Einstellung-findet Franken zunächst eine 
natürliche Einstimmung auf die Gegebenheiten des 
Materiales. Der schon erwähnte ..Widerstand" 
reizt zur konsequenten Aufschlüsselung. Er folgt 
teils der Eigengesetzlichkeit der verwandten Höl- 
zer. teils aber versucht er diese zu durchbrechen. 
Seine Linien. deren Rhythmus aufeinander in feiner 
Weise abgestimmt ist. durchbrechen in eleganter 
Linienführung die Maserung. Der Arbeitsvorgang 
spielt dabei eine wichtige Rolle. lst die erste Bild- 
vorstellung erreicht. wird diese durch einen Druck 
festgehalten. Gleich einer Skizze. in deren fest- 
gehaltenen lmpressionen der Anstoß zu weiterem 
Gestalten sein kann. wird dieser Zustandsdruck 
zum Anlaß einer weiteren Bearbeitung. 
Ohne Zweifel entstand die erste Mappe unter 
solchen Aspekten. Sehr bald kam aber der Ge- 
danke des Bildablaufes hinzu. der bewußt fest- 
gehalten werden sollte. Diese Reihen müssen. will 
man sie richtig interpretieren. nebeneinander ge- 
sehen werden. Abstraktion. das Weglassen des 
anfänglich sehr dichten Zusammenbindens der 
einzelnen Formen. bedeutet eine echte Einfühlung 
in den Gegenstand. Somit hat sich schon in den 
ersten derartigen Versuchen ein Wandel des künst- 
lerischen Anliegens ergeben. Mitten bei der Arbeit 
zu diesen Aufgliederungen zeichnerischer Ein- 
drücke stellt Frenken eine beachtenswerte Beob- 
achtung an. Je deutlicher aus den expressiv um- 
gesetzten Landschaften die Chiffre. das einfach 
gesetzte Zeichen hervortritt. um so tiefer grübt 
sich dieser Wandel in das bearbeitete Material ein. 
Der Holzstock wird zur völlig eigenständigen 
Komposition mit eigenen plastischen Werten. Einige 
dieser eigenwilligen Reliefs, die kaum noch etwas 
von ihrer ursprünglichen Farm ahnen lassen. in 
welchen die große Geste. mit der der Holzschneider 
das Material mehr zerfurcht und in tiefen Tälern 
die Spuren des impulsiven zurücklüßt. sind in 
Bronze gegossen und dürfen als durchaus selb- 
ständige Arbeiten gesehen werden. Als Arbeiten. 
in deren Gehalt vieles von ursprünglicher Span- 
nung deutlich wird. 
Frenken ist ein stark visueller Typ. Für ihn sind 
die Betrachtungen der erzielten Ergebnisse und 
die damit verbundenen Überlegungen von außer- 
ordentlicher Bedeutung. Daher arbeitet er (und 
dies gilt auch schon für die frühen Mappen der 
Holzschnitte) gleichzeitig an mehreren Serien. Da 
ihm die Phantasie sehr wichtig ist. und er sich auch 
wohl an diesen Momenten inspiriert. darf dem 
Nebeneinanderarbeiten eine stimulierende Wir- 
kung zugeschrieben werden. Von einer solchen 
Sicht aus ist das Einfühlen in das Problem der 
Form zu verstehen. Was als eine Inspiration. ge- 
schöpft aus der Vielzahl der sich aufdrüngenden 
Gedanken begannen hatte, wird sehr bald zu einer 
Beschäftigung mit intellektuellem Hintergrund. 
Frenken entwickelt einen Dreiklang des Arbeits- 
ablaufes. der von der geschlossenen Auflösung des 
vorgegebenen Holzstockes ausgeht. Über die zer- 
rissene Form hndet er schließlich zu einem addita- 
tiven Zusammenfügen. Darf man beim ersten 
Arbeitsvorgang von einem Auflösen. einem Durch- 
dringen der Linien sprechen, sa reicht der span- 
nungsreiche Bogen der weiteren Arbeit über das 
Verselbstündigen dieser Formen bis zu deren 
Zusammenbinden. Es bilden sich Flöchenkomparti- 
mente heraus. Frenken geht von der Auflösung 
der Flüche aus und arbeitet in seinen Holzschnitten 
auf die Entwicklung der Flüche hin. 
Ganz besonders deutlich werden diese Gedanken- 
gänge in den Holzschnitten der letzten Jahre. 
Schon um 1960 konnte man bei Frenken ein Hin- 
neigen zum Gedankenkreis Ostasiens festhalten. 
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Zu Recht hat ihm A. Schmeller in einer frühen 
Besprechung der Bleistiftzeichnungen diese Bild- 
ästhetik bestätigt. Damals aber waren solche Re- 
miniszenzen mehr verdrängt. als doß sie deutlich 
in Erscheinung getreten wären. Zwar war der 
Gestus schon vorhanden. und doch bedurfte es 
eines unmittelbaren Anstoßes. 
Dieser lmpetus darf in den gefundenen Formen 
des Endzustandes der Fren ken'schen Reihen gesehen 
werden. Aus den einzelnen Flächenkompartimen- 
ten entsteht eine neue Bildüsthetik. die von allem 
Anfang an berücksichtigt wird. Immer deutlicher 
tritt Landschaftliches hervor. Großzügige. scharf- 
kantig in eleganten Gesten geschnittene Bildzeichen 
verteilen sich über die langformatigen Blätter 
(schmale Breite mit verhältnismäßig großer Höhe) 
der jüngsten Arbeiten. Da diese Zeichen sehr 
sparsam verwendet werden und dem Schwarz (in 
einigen Drucken spielt auch die Farbe. etwa ein 
kräftiges Gelbrot oder ein dunkles, sattes Blau. als 
Bildträger eine wichtige Rolle) breiter Raum ge- 
währt wird. kommt eine ungeahnte Tiefe Zustande. 
Die Zeichen. mehr zur Metapher einer rhythmi- 
schen Komposition neigend. treten aus diesem 
Fond heraus. liegen wie eine zweite Schicht auf 
diesem auf. Dennoch sind es keine zweischichtigen 
Kompositionen. Dadurch. daß Frenken auch den 
Farbauftrag steuert. gelingt es ihm. die Grenze zu 
verwischen. 
War im Anfang noch die Maserung des Holzes zu 
sehen. ergab sie in ihrem organischen Gewachsen- 
sein ein optisches Bild des weitschwingenden Rhyth- 
mus. so verliert sich dieses Kunstwollen bei den 
späteren Arbeiten völlig. Der Farbauftrag wird 
dicker. zähflüssiger. Er druckt sich nicht überall 
gleichmäßig ab. läßt sanft gekörntes Weiß stehen 
und bringt auf diese Weise eine flimmernde. atmo- 
sphärische Struktur in die einzelnen Blätter. 
Zum anderen lösen sich die Formen im Verlauf 
ihrer Durcharbeitung noch weiter auf. Nicht mehr 
der Linienrhythmus, sondern die Flachenkomparti- 
mente sind aufeinander bezogen. Daraus haben 
sich jene nebeneinondergereihten Bildzeichen ent- 
wickelt, die zu Recht den Betrachter dieser späten 
Drucke fesseln. Frenken selbst denkt ganz sicher 
daran. eine feste Formensprache zu entwickeln. 
mit einer durchaus austauschbaren Zeichen- 
symbolik. ln der konsequenten Weiterentwicklung 
solcher ldeenverkettungen würde dieser Weg zu 
einer assoziativen Deutung führen. in der das 
Unterbewußte ein entscheidendes Mitspracherecht 
besöße. Schon Erschautes würde sich mit Neuem 
verbinden. Vorgegebene Anhaltspunkte würden 
die LESbClFkBll des Bildes erleichtern. 
Noch stecken diese Versuche zu einer neuen 
Sprache in ihren Anfängen. und doch zeichnet sich 
ein bedeutender Aufbruch zu solchen Gedanken- 
gängen ab. Eben diese werden als eine Abkehr von 
den nervös sensiblen Anfängen gesehen werden 
können. Das Bewußterwerden der Arbeiten be- 
dingt eine Konkretisierung der Formensprache. 
die dennoch nichts von ihrem ursprünglichen poeti- 
schen Gehalt eingebüßt hat. Wenn Wil Frenken 
derzeit mit dem Problem der übereinander- 
gedruckten Holzschnitte beschäftigt ist (sie sollen 
in Versuchsreihen vorerst auftransparentem Papier 
gedruckt werden, um die Vlelschichtigkeit der 
Formelemente zu untersuchen), so beschäftigt ihn 
der Gedanke. die Ideen seiner Bildanalysen mit- 
einander zu verknüpfen. Er ist an einem Wende- 
punkt angelqpgt. Der Versuch einer großen Syn- 
these hat begonnen. Einer Synthese, in der das 
bisher Erforschte - und es darf heute schon als ein 
bedeutender Beitrag bezeichnet werden - seine 
erste Zusammenfassung erfahren soll. 
11 Wil Franken. S XXX. Hlrnholl. 1963164. 30x3Zx5cm. 
Kirsche, schwarz 
12 Wil Franken, HclzrelielS IL, 1964165, 85x2Bx4cm. 
Kirsche. schwarz
	        
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