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Volltext: Alte und Moderne Kunst XI (1966 / Heft 88)

Nur die halbkreisförmigen Füllungen der 
Pilasterfelder und das Hauptpottal zeigen 
noch einen barocken Einschlag. Die Ähn- 
lichkeit mit der Fassade des Palazzo 
Odescalchi (1665) von Bernini ist auf- 
fallend. Ob Hefele durch Fischer v. Erlachs 
Vermittlung oder aus eigenen Studien auf 
das berninische Motiv zurückgriff, bleibt 
eine offene Frage. 
Leichter zu klären ist dagegen, durch 
welche menschliche oder künstlerische Kon- 
takte Hefele mit dem Passauer Bau beauf- 
tragt wurde. Es ist nämlich mit voller 
Sicherheit anzunehmen, daß hiezu seine 
Arbeit in Sonntagberg die Grundlage schuf. 
Diese Wallfahrtskirche gehörte dem Bene- 
diktinerkloster Seitenstetten, Welches da- 
mals dem Erzbischof von Passau unter- 
stand. Das Passauer Ordinariat bewilligte 
und kontrollierte die Bauarbeiten in Sonn- 
tagberg und stand gewiß auch mit den 
einzelnen Künstlern in unmittelbarem Kon- 
takt. Entscheidend für die Beauftragung 
Hefeles mit der Vollendung der Passauer 
Residenz wird die in Sonntagberg ge- 
wonnene Erfahrung über Hefeles Ein- 
fühlungsvermögen und Anpassungsfähig- 
keit gewesen sein, Eigenschaften, welche 
eben in Sonntagberg besonders nötig 
waren und offen zum Vorschein kamen. 
Der Meister mußte dort sich einem von 
Prandtauer, Munggenast, Daniel Gran, 
M.  Schmidt (Ktemser Schmidt) u. a. 
geschaffenen Rahmen fügen. Bei der Voll- 
endung und Fassadengestaltung der Pass- 
auer Residenz Wiederholte sich diese Auf- 
gabe in einem noch breiteren Umfang. 
Wie die ersten Beziehungen Hefeles (seit 
1774 fürstbischöflicher passauischer Hof- 
architekt) zu Ungarn entstanden, ist nicht 
geklärt. Möglich, daß der Bau in Passau 
seinen Namen auch östlich der Leitha 
bekannt machte, in Kreisen des ungarischen 
Hochklerus, möglich, daß seine Lehr- 
tätigkeit bei der ungarischen Adelsgarde 
auch Beziehungen schuf. Schon 1770 erhielt 
er den Auftrag zur Restaurierung der 
bischöflichen Domkirche in Raab (Györ). 
Über sein dortiges Wirken ist heute nicht 
mehr viel zu sagen, da die von Hefele 
durchgeführte Umgestaltung des gotischen 
Innenraumes im 19. Jahrhundert eliminiert 
wurde. Dennoch muß Raab als äußerst 
wichtiger Markstein im Leben Hefeles 
betrachtet werden. Dem damaligen Bischof 
Graf Ferenc Zichy stand nämlich der 
gebildete und energische Weihbischof und 
Domherr ]änos de Szily als Stütze be- 
sonders in Baufragen bei. Als 1777 Kaiserin 
Maria Theresia und Papst Pius VI. die 
Gründung neuer Bistümer in Ungarn 
beschlossen, wurde Szily zum Oberhirten 
der neuen Diözese Steinamanger berufen, 
wohl zum Teil wegen seiner großartigen 
Organisationsgabe. Die Aufgaben waren 
auch nicht gering, sollten doch in kürzester 
Zeit die nötigen Baulichkeiten errichtet 
werden, da die bis dahin völlig bedeutungs- 
lose Kleinstadt nichts dergleichen aufbieten 
konnte. Szily schätzte Hefeles Fähigkeiten 
sehr hoch ein und berief ihn zur Ver- 
wirklichung seiner großen Bauvorhaben. 
 
 
Ungarn bot damals manche Möglichkeit 
für das Wiener KunstschaHen. Nach den 
blutigen jahrzehnten der Befreiungskriege 
und des Raköczy-Aufstandes setzte all- 
mählich ein wirtschaftlicher und kultureller 
Aufschwung ein. Die Bedeutung der Län- 
der der heiligen Stephanskrone wuchs 
besonders unter Maria Theresia dauernd, 
schon als Folge der schrittweisen Ver- 
lagerung des politischen Schwergewichtcs 
aus dem Heiligen Römischen Reich nach 
dem Donauraum. Wenn das Kunstschaifen 
Ungarns auch keinesfalls Intensität und 
Höhe desjenigen von Österreicher reichte - 
waren doch die wirtschaftlichen Kräfte des 
Landes ungleich geringer, die sozialen 
Verhältnisse spürbar ungünstiger -a, so 
kann man doch von einem Zeitalter der 
Konsolidierung und des Aufstiegs sprechen. 
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Melchior Hefeie. Bauaulhmme der Fasade des bi 
lichen Palais 
Melchiot Hefele. Bauauünhmc der Fasadc des bi 
liehen Palais 
Melchior Hefele, Bauaufnahme der Fassade des 
herrnhauses in Srcinamanget 
Melchior Hefele. Ansicht des bischöflichen Pal 
Steinamauger 
Melchior Hefele. Fassade des Donxhemlhauus in 
amanger 
ANMERKUNG 7 
1 
Aus Hefeles Brief an die Akademie vom 19. 4. 
Hcfclc bewarb sich neben Maninclli. Andreas F 
Matthias Krieghammcr und anderen um den Lel 
lüx praktische Architektur. Siehe auch Notizen im M 
blatt des Altertums-Vereine: 1918, Nr. 8-9, von Dr.
	        
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