Nur die halbkreisförmigen Füllungen der
Pilasterfelder und das Hauptpottal zeigen
noch einen barocken Einschlag. Die Ähn-
lichkeit mit der Fassade des Palazzo
Odescalchi (1665) von Bernini ist auf-
fallend. Ob Hefele durch Fischer v. Erlachs
Vermittlung oder aus eigenen Studien auf
das berninische Motiv zurückgriff, bleibt
eine offene Frage.
Leichter zu klären ist dagegen, durch
welche menschliche oder künstlerische Kon-
takte Hefele mit dem Passauer Bau beauf-
tragt wurde. Es ist nämlich mit voller
Sicherheit anzunehmen, daß hiezu seine
Arbeit in Sonntagberg die Grundlage schuf.
Diese Wallfahrtskirche gehörte dem Bene-
diktinerkloster Seitenstetten, Welches da-
mals dem Erzbischof von Passau unter-
stand. Das Passauer Ordinariat bewilligte
und kontrollierte die Bauarbeiten in Sonn-
tagberg und stand gewiß auch mit den
einzelnen Künstlern in unmittelbarem Kon-
takt. Entscheidend für die Beauftragung
Hefeles mit der Vollendung der Passauer
Residenz wird die in Sonntagberg ge-
wonnene Erfahrung über Hefeles Ein-
fühlungsvermögen und Anpassungsfähig-
keit gewesen sein, Eigenschaften, welche
eben in Sonntagberg besonders nötig
waren und offen zum Vorschein kamen.
Der Meister mußte dort sich einem von
Prandtauer, Munggenast, Daniel Gran,
M. Schmidt (Ktemser Schmidt) u. a.
geschaffenen Rahmen fügen. Bei der Voll-
endung und Fassadengestaltung der Pass-
auer Residenz Wiederholte sich diese Auf-
gabe in einem noch breiteren Umfang.
Wie die ersten Beziehungen Hefeles (seit
1774 fürstbischöflicher passauischer Hof-
architekt) zu Ungarn entstanden, ist nicht
geklärt. Möglich, daß der Bau in Passau
seinen Namen auch östlich der Leitha
bekannt machte, in Kreisen des ungarischen
Hochklerus, möglich, daß seine Lehr-
tätigkeit bei der ungarischen Adelsgarde
auch Beziehungen schuf. Schon 1770 erhielt
er den Auftrag zur Restaurierung der
bischöflichen Domkirche in Raab (Györ).
Über sein dortiges Wirken ist heute nicht
mehr viel zu sagen, da die von Hefele
durchgeführte Umgestaltung des gotischen
Innenraumes im 19. Jahrhundert eliminiert
wurde. Dennoch muß Raab als äußerst
wichtiger Markstein im Leben Hefeles
betrachtet werden. Dem damaligen Bischof
Graf Ferenc Zichy stand nämlich der
gebildete und energische Weihbischof und
Domherr ]änos de Szily als Stütze be-
sonders in Baufragen bei. Als 1777 Kaiserin
Maria Theresia und Papst Pius VI. die
Gründung neuer Bistümer in Ungarn
beschlossen, wurde Szily zum Oberhirten
der neuen Diözese Steinamanger berufen,
wohl zum Teil wegen seiner großartigen
Organisationsgabe. Die Aufgaben waren
auch nicht gering, sollten doch in kürzester
Zeit die nötigen Baulichkeiten errichtet
werden, da die bis dahin völlig bedeutungs-
lose Kleinstadt nichts dergleichen aufbieten
konnte. Szily schätzte Hefeles Fähigkeiten
sehr hoch ein und berief ihn zur Ver-
wirklichung seiner großen Bauvorhaben.
Ungarn bot damals manche Möglichkeit
für das Wiener KunstschaHen. Nach den
blutigen jahrzehnten der Befreiungskriege
und des Raköczy-Aufstandes setzte all-
mählich ein wirtschaftlicher und kultureller
Aufschwung ein. Die Bedeutung der Län-
der der heiligen Stephanskrone wuchs
besonders unter Maria Theresia dauernd,
schon als Folge der schrittweisen Ver-
lagerung des politischen Schwergewichtcs
aus dem Heiligen Römischen Reich nach
dem Donauraum. Wenn das Kunstschaifen
Ungarns auch keinesfalls Intensität und
Höhe desjenigen von Österreicher reichte -
waren doch die wirtschaftlichen Kräfte des
Landes ungleich geringer, die sozialen
Verhältnisse spürbar ungünstiger -a, so
kann man doch von einem Zeitalter der
Konsolidierung und des Aufstiegs sprechen.
10
12
13
Melchior Hefeie. Bauaulhmme der Fasade des bi
lichen Palais
Melchiot Hefele. Bauauünhmc der Fasadc des bi
liehen Palais
Melchior Hefele, Bauaufnahme der Fassade des
herrnhauses in Srcinamanget
Melchior Hefele. Ansicht des bischöflichen Pal
Steinamauger
Melchior Hefele. Fassade des Donxhemlhauus in
amanger
ANMERKUNG 7
1
Aus Hefeles Brief an die Akademie vom 19. 4.
Hcfclc bewarb sich neben Maninclli. Andreas F
Matthias Krieghammcr und anderen um den Lel
lüx praktische Architektur. Siehe auch Notizen im M
blatt des Altertums-Vereine: 1918, Nr. 8-9, von Dr.