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Volltext: Alte und Moderne Kunst XI (1966 / Heft 89)

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gefunden werden sollte - Panofsky hat 
dieses ihm zentrale Ereignis in mehrfachen 
fesselnden Ausführungen geschildert -, 
in Broederlams Tafeln ist sie auf einer 
fr' eren Entwicklungsstufe und zu einer 
Zeit, da Burgund sich noch nicht von 
Frankreich gelöst hatte, in nuce schon 
einmal vollzogen worden. Aus französi- 
scher und nun schon bald internationaler 
Schönschrift, italienischem Trecento und 
flandrischem Realismus war unter seinen 
Händen eine Form erblüht, die alle Ele- 
mente einer zukünftigen Kunst in sich 
barg. Noch war die Zeit nicht reif; zuvor 
mußte Flandern zum Herzstück von Bur- 
gund werden, was erst nach der Er- 
mordung Herzog Johanns Ohnefurcht 
(11419) möglich werden sollte. Broederlams 
Genie erlaubte ihm schon zuvor, zur 
großen Ausnahme, zum Repräsentanten 
einer proto- ederländischen Malerei zu 
werden. Sonst war es in diesen Jahrzehnten 
vor der Abtrennung der Sekundogenitur 
das Schicksal der Handrischen Maler, ihre 
Eigenart dem französischen Hofsril auf- 
zuopfern oder, wenn sie in der Heimat 
verblieben, in einer provinziell engen Kunst 
zu verharren. Deshalb hat Broederlam auch 
nur eine auffallend geringe Nachfolge ge- 
habt 16. 
Wo aber sind nun die Wurzeln der Kunst 
Robert Campins zu finden? Es war die 
bodenständige, realistische Richtung. wie 
Panofsky gezeigt hat. Freilich, Bandols 
XVerk lag um 1400, als Campin gelernt und 
begonnen hat, weit zurück Jacquemart de 
Hesdin war nun seinerseits inzwischen wie 
eine Gegenstimme aufgestanden, und Ban- 
dols Nachfolger hatten sich nicht zu 
Neuem durchzuringen vermocht. Das gilt 
ebenso für die besprochenen Handschriften 
in der Morgan Library und in Wiesbaden. 
Wenn auch das Talent zumal des Malers 
der Astrologischen Bilder gewiß nicht 
unterschätzt werden soll, man spürt doch 
die Enge, die seine Entfaltung verhindert 
hat. So ko nen diese Miniaturen wohl zu 
einer ersten Verständigung veranlassen, 
den Aufgang von Campins Schaffen ver- 
mögen sie nur zu umreißen, nicht aber 
eigentlich zu erhellen. Es muß aber Bilder, 
Tafeln, Miniaturen gegeben haben, die es 
vorbereiteten. Campin kann nicht ohne 
Voraussetzungen, gleichsam wie dem 
Haupte des Zeus entsprungen, begonnr 
haben. Sind sie alle verlorcngcgangen? l 
scheint so. 
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Vielleicht helfen da vi r Tafeln mit Mariei 
szenen weiter, die )un st aus dem inte 
nationalen Kunsthandcl in die Sammlur 
Heinz Kisters in Kreuzlingen gelangt sinl 
Es sei sogleich im voraus betont, daß w 
nicht meinen und behaupten wollen, 
ihnen die unmittelbare Vorstufe, sozi 
sagen den Lehrer von Robert Campi 
fassen zu onnen, das wäre zu kühn un 
zu optimistisch, aber irgendwie dürfte] 
wenn wir uns nicht sehr irren, so d 
Quellen ausgesehen haben, aus denen x 
als junger Geselle geschöpft hat. Die Blld( 
schildern vor einem mit zarten Ranke 
punzierten Goldgrund das Stabwunde 
Josef bringt dem Hohenpriester einen bli 
henden Zweig, die Vermählung Marien 
den Tod Mariens und die Aufnahrr 
Mariens in den Himmel. Die ehemalige 
Außenseiten zeigen vor weinrotem Grun 
die lateinischen rchenväter, Hieronymt 
auf der Rückseite des Stabwunders, An
	        
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