Rudolf Kedh Kopf, 1964. Serpermn, H 32 crn
Rudolf Kedl, Große S:91cnde,1966. Serpcnhn, H65 cm
verehrt wurde, freilich als große Urmutter in
einem negativen Sinn. als jene wieder alles in
ihren Urschoß zurücknehmende Kraft der Erde.
Es ist bezeichnend, daß diese Plastik eine weit-
gehendst rauhe, den Charakter des Steines be-
tonende Oberfläche hat! Die kleinere Figur ist
eine fast kugelige Gestalt. Hier ist der Körper
zurückgeneigt. der geschwellte Leib ist Zwischen
kräftigen Schenkeln und angezogenen Knien,
Waden und Füßen eingespannt. Der Kopf. in
der Form wieder wie bei der „Liegenden" sehr
vernachlässigt. wie nebensächlich behandelt. weist
als Besonderheit einen großen aufgerissenen Mund
auf. Hier scheint der Schrei Gequölter auszu-
brechen. Die Plastik ist ein zu einem schwarzen
Klumpen zusammengeballtes Sein. Sie ist Gestöhne.
Klage, Gesang und Preislied - die Gegensätze
liegen immer nahe beisammen ä der Natur.
Der Gesang! Der Gesang aber bleibt! Das sagt
der Künstler auch mit dem Kopf des Orpheus.
Der 40 cm große Schädel ist ein einziges wildes,
schönes Lied: wie Homers llias und alle großen
Gesänge der Völker wild und schön zugleich
sind. Es ist das Haupt des von den rasenden Münaden
zerrissenen Sängers. zerbeult, zerschunden. verv
stümmelt. singt es. Es ist das Haupt eines Toten.
es ist ein vom Körper losgetrenntes, scheinbar
verlorenes Stück. Wir haben es mit einem ge-
wichtigen Bekenntnis Kedls zum Bleibenden zu
tun: Denn was wir getan. was immer wir gesetzt
in dieser Welt. es wird bleiben. Mögen die chtho-
nischen Möchte auch noch so gewaltig sein, mögen
die wilden, berauschten Ekstatiker dem Sänger
auch den Kopf abschlagen, diesen steinigen. die
Formen verbeulen und schließlich in die Fluten
der Meere werfen, er wird weitersingen!
Mit diesen beiden Zeugnissen, mit den Knospen
der Metallarbeiten und dem Gesang des Orpheus,
gibt der Künstler ein großes Bekenntnis. nicht
leichtfertig. sondern mit dem ganzen Gewicht
der gequälten Erdgeschöpfe hinter sich: das
Bekenntnis: Der Gesang aber bleibt!