MAK

Volltext: Monatszeitschrift XIX (1916 / Heft 3 und 4)

_ . ..g. ...._.... 
USSTELLUNG DER „FREIEN SEZESSION X916". Im Vorwort des 
Katalogs liest man, daß diese zweite Ausstellung der „Freien Sezession" mit großen 
Opfern unter den schwierigen Zeitverhältnissen zustande gekommen ist und freigebiger 
Beihilfe herzlicher Dank gebührt. Es war mehr als nicht ungeschickt, daß bei ihrer Grün- 
dung die „Freie Sezession" auch „Freunde" mit in die Liste der ordentlichen Mitglieder auf- 
nehmen ließ, deren mäzenatische Freuden man nutzen könnte. 
Schon vor ungefähr fünfzehn Jahren prophezeite A. von Werner in einer seiner 
philippischen Akademiereden, daß nach der Sezession wir nun auch wohl bald ein „Sezes- 
siönchen" haben würden. Daß es gar mehrere sein würden, hatte er jedoch nicht geahnt. 
Jedenfalls ist es nicht ganz leicht, sich in diesen Familienverhältnissen auszukennen. Mit 
einiger Wehmut denkt man an die kleine Schar der alten „Berliner Sezession" um Corinth, 
die grollend abseits steht, während der große Stamm dieser alten Berliner Sezession um 
Liebermann sich zum Sezessiönchen verjüngte und der Jugend Tor und Türen öffnete. Der 
Umschlag des Katalogs bringt das Symbol: aus den alten Wurzeln eines Baumstumpfes 
wächst „frei" ein neues junges Bäumchen auf. Die Jugend nimmt auch den bei weitem 
größten Raum in dieser Ausstellung ein und wenn sie auch gerade nicht mehr das Interesse 
eines gärenden Mostes erregt, so muß doch gesagt werden, daß sie immerhin das Inter- 
essante an dieser Ausstellung ausmacht. Mit einem wohlwollenden Rationalismus haben wir 
die verschiedenen Programme dieser Expressionisten, Futuristen u. A. zu verstehen 
versucht. Für das „Erleben ihrer Kunst bei uns" müssen sie nun selbst sorgen, denn das 
hängt natürlich ganz von der Qualität ab. Die starke und sichere Kraft Pechsteins fehlt dies- 
mal seinen Stilleben und'südlichen Landschaften etwas. Ist es vielleicht ja die Nähe des 
deutschen Impressionismus, des Grundstockes dieser Freien Sezession, der seiner Farbe 
den großen dekorativen Zusammenhang nimmt und sie blumig auflockert? Es wäre kaum 
zu seinem Vorteil. Doch steht er dem witzelnden und koketten Expressionismus Oskar 
Molls als eine kraftvolle Begabung gegenüber, bei dem das Dekorative der Farbe zu einem 
bloßen kunstgewerblichen Stil verHacht ist. Den stärksten Eindruck hinterläßt von den 
Jüngeren diesmal Erich Heckel. Seine beiden Landschaften werden von einer so ruhigen 
und sicheren Anschauung getragen, daß man für diese schnelle Abklärung fast fürchten 
könnte. Raum und Farbe klingen wunderbar zusammen. In seinem Triptychon, einer 
ruhenden Frau, sind die warmen Töne des Zimmers mit den kühlen des Fensteraus- 
schnittes zu einer großen dekorativen Wirkung zusammengeschlossen. Neben ihm muß das 
unsichere Tasten Kirchners sehr zurücktreten. Überraschend wirkt Hans Purrmann. Seine 
frische unbedenkliche Art möchte ich nicht gern in das Programm des Expressionismus 
einordnen. Er greift frohgemuter zu und der leuchtende Glanz der Farben in der Sonne 
ist ihm nicht nur ein dekoratives Ensemble, sondern "der Ausdruckswert einer starken, 
unmittelbar erlebten Naturfreude. Auch vor dem Porträt erfüllt ihn diese Freude des 
Sehens ganz und lebt im Ausdruck des Menschen weiter. Seine Stilleben scheinen nicht so 
unmittelbar empfunden zu sein; er wägt und tönt ab und der „Gesehmack" könnte hier 
alles leicht verderben. Von ihm gewinnt man leichter den Übergang zu der alten Gruppe 
der deutschen Impressionisten, von denen die Jüngeren als die mittlere Gruppe bezeichnet 
werden können. Ihre Physiognomie ist nicht so bestimmt wie die der Jüngsten. Das 
Programm ist bei ihnen meist nur ein großer Name als Vorbild und nicht wie bei den 
Jüngsten ein neues Prinzip. Jeder arbeitet in seiner bekannten Art fort, Mittel und Technik 
werden geläufiger, aber nur selten vertieft sich die Anschauung. Theo von Brockhusen hat 
das Licht, das die Gegenstände früher materiell beschwerte, etwas leichter gemacht und 
den Ausschnitt der Landschaft dazu intimer gestimmt. Ebenso Waldemar Rösler, Fritz 
Rhein und Ulrich Hübner, der in seinem „Hamburger Hafen" sich vom Schaustiick mit 
Effekten auf einen Ausschnitt mit spezifisch malerischem Gehalt zurückzieht. Von denen.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.