GALERIE IM GRIECHENBEISL
Jirku
Lohnenswert war auch die Begegnung mit
dein aus der Nähe van Prag stammenden
und heute in Niederösterreich lebenden
Maler Jiri Mezriekv, der unter dem Pseudo-
nym Jirka in der Galerie im Griechenbeisl
am Fleischmarkt ausstellte. Seine sensible,
an graphischen Wirkungen und Feinheiten
uberreiche Struklurenmalerei besitzt namlich
nicht nur fdrrnale Balance und ist nicht nur
voller bildnerischer Finessen und graphischer
Eskapaden. wie man sie in diesein Genre
nur selten eintrifft. sdndern zugleich auch
echter innerer und bildnerischer Ordnung
verpflichtet, die Persanlichkeii verrdt,
Jtrka wahrt das Geheimnis und liebt das
Rätsel Seine Bildwelt bedient sich des Signets
und der Hleroglyphe, sie lddt den Betrachter
ein. in kosmisch anmutendenden Feldern und
Zonen zu verweilen: sie bedngsiigt und
befreit. Mit Kbnnen und Eifer ist hier ein
junger Kunstler am Werk, der der Welt
eine der unendlich vielen möglichen Sichten
abzugewinnen bestrebt ist. Jlrka begreift,
indem er bildet Seine Malerei trägt den
Charakter der Botschaft. Ein Debüt, zu dem
beiden, dem Künstler und der Galerie, gra-
tuliert werden kann (Abb. s),
GALERIE AUTODIDAKT
Hans Staudacher
Innerhalb der osterreichischen MülCfCl und
Graphik von heute karnrnt dem Werk des in
Wien lebenden Kürtners Hans Staudacher
(Jahrgang 1922) exemplarische Bedeutung
zu. Mit einer Ausstellung von etwa fiinfzehn
seiner lettristisch-baetischen Graphiken trug
die Galerie Autodidakt diesem Umstand
Rechnung und rnachte zugleich ihrem Namen
alle Ehre. Herbert Baeckl und Staudacher
auf der einen seite, die Sanntagsmoler und
bloßen Laienpinsler auf der anderen, ver-
anschaulichen die programmatische spann.
weite dieser Galerie. aber auch die Pro-
blematlk eines derartigen Zusammenspan-
nens.
Staudachers Bilder und Graphiken (eine
graßere Ausstellung seiner Werke fand irn
April und Mai dieses Jahres auch in der
Galerie der Kunstlervereinigung MAERZ in
Linz statt) sind dem lyrischen lnformel zuzu-
ordnen. einer durch die Geste bestimmten,
spannungsrelcheri und die gesannte Vielfalt
einer erregten Handschrift spiegelnden Mal.
art. die im Deutschen Wols und lm Franzosen
Malhieu ihre geistigen Urheber besitzt. Die
in gleicher weise durch graphische und
malerische Mainente gepragten Werke ver-
deutlichen in ihrem unerschöpflichen far-
malen und kolorlstischen Reichtum. in all
ihren Akzentsetzungen. Spannungen und
rhythmischen Reflexionen die ungewohnllche
Aufnahmebereitschaft und die schobferische
Potenz ihres Urhebers (Abb. 7).
GALERIE PEITH NER-LICHTENFELS
Hans Krenn
Die zeitkritischen Bilder und Graphiken des
gebürtigen Tiralers Hans Krenn. die nach
einer kastlichen Ausstellung von Zeichnungen
Herzmanavskv-Orlandas und einer Kollek-
tive Rudolf Welßauers von der Galerie
Peithner-Lichtenfels gezeigt wurden. sind alles
eher denn gemütlich.
in ihrer Scharfe und Direktheit wirken sie
pravokant. beunruhigend, autriitlelnd. Es
mangelt ihnen aber auch nicht an Humor
und uberraschenden, pap-unartigen Ver-
Zerrungen, die inhaltlich und formal ini-e
Berechtigung haben, Dem Betrachter bleibt
iedoch angesichts des Grundtenors dieser
Arbeiten das Lachen im Halse stecken.
Krenn attackiert die Gesellschaft, indem er
ihr Kreaturen von Mitmenschen varndtt,
unniundige, verfuhrbare, die aus organi-
schen und technisch anmutenden Bestand-
teilen bestehen und eine Prapotenz an den
Tag legen, die nur auf Dumrvi- und Blindheit
beruhen kann,
Krenns barsiige Roboter und ungiisliase
Gnome. seine "Mehrzweckmenschen", wie
er sie in Anspielung auf ihre Verwend- und
Manlpulierbarkeit durch verderbliche und
ausbeuterische Machthaber benennt. haben
bCI aller Direktheit aber auch etwas Hinter-
grundiges an sich. Daruber ninaus erwecken
sie irn Betrachter Mitleid. Selbstrnitieid, den
Wunsch, diese bedrohte Weil zu retten. ehe
sie von den krennsehen ungeneuern zur
Ganze in Besitz genarnrnen wird.
Neben einigen alteren. farbenbrdchiigen
Malereien mit gelegentlichen surrealistischen
Anklängen dominierten in der Ausstellung
Krenns Radierungen. von denen eine be-
trächtliche Anzahl in auslandisehen Editionen
und Verlagen erschien.
krenns Druckgraphik, deren erster Hohe-
punkt in den 1965 entstandenen, zart kata-
rlerten, sarkastischen Radierungen zu ver-
zeichnen ist, weist eine dberdus Cltdfdkleflr
stische Handschrift auf. deren Origlnaltlat
nicht angezweifelt werden kann
GALERIE ST. STEPHAN
Arnulf Rainer
Knapp vor der Gruppenousstcllung von
malerischen und graphischen Präsenten iur
den kunsilerisenen Leiter der Galerie nächst
si, slephan, Maiisignare oita Mauer. anlau-
llch dessen so, Geburtstages und des man...
gen Bestehens der Avantgarde-Galerie iand
in der Griinangergasse eine sehenswerte
Kollektive Arnult nainers statt.
Rainer erweist sicn auch in seinen neuesten
Zeichnungen und Druckgraphiken einmal
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mehr als exemplarischer Außenseiter der
osterreichischeri Kunstszene. der. bei allen
Widersprüchlichkeiten, die die Beschäftigung
init lhrn autwirft, ernslgenarnrnen zu werden
verdient. Seine Zeichnungen verweisen, zu-
mindest in ihrer Mehrzahl. auf die unver-
wechselbare lndlvldualitöt und das außer-
gewöhnliche künstlerische Vermogerl ihres
Urhebers. Dabei ist es sekuridar. ob die
Blätter im einzelnen mehr in Richtung Ab-
straktion angelegt sind ader sich betont
gegenstandlich geben.
Daß die neuen Arbeiten des Künstlers wieder
entschieden bei den frühen surrealistischen
Zeichnungen anschließen würden. die vor
etwas mehr als einem Jahr in der Galerie
Peithner-Ltchtenfels zu sehen waren. durfte
erwartet werden. Uberrascht wird man
freilich durch gelegentliche pop-cirtlstische
Elemente und Matzchen. die Rainer in grell-
bunien Musterungen virtuos anbringt. (Nicht
minder lustig die Titel seiner Blauer: "Der
sich elnrollende Großvater". ..Fliegenfresser".
i,Kortigsschlznphrenie") Selbstverständlich
fehlten auch nicht einige der typischen Uber-
zeichnungen, von denen Rainer weder lassen
Wtll noch kann, Zumindest der deutlich
angebrachten Aufschrift nach entstanden
unter Alkahaleinwirkung (im Meskalin-
rausch wenn's stimmt): die Blätter „Nasen-
king .,Grantiger Herr" und ,.Danald
Duck , Die hier stärker vorangetriebene
Autlbsung der Farm, eines Bildkanzeptes. die
erregten Fahrer und Wischer lassen erken-
nen. dat} man es in diesen Beispielen e wie
bei Rainer uberhaupt m mit aufschlußrelchen
Grcnztallen der Kunst zu tun hat. die neben
einer Kritik der künstlerischen Qualitat und
verbindiiehke'__ zu grundsatzliehen kiinsl.
theoretischen uberlegungen und Spekula-
tianen herausfordern.
Was bei Rainer immer schon faszinierte und
die Eigenart seiner Arbeiten ausmacht, ist
neben seiner unbesireitbaren Begabung und
unabhängig davon. welche Absicht man irn
einzelnen dein Künstler unterstellt. der we-
sentliche Anteil des unterbewunten an seinen
schbbtuiigen. oewiit. iiainer hat seine
Maratten. Er versteht zu bluffen und frotzelt
das Publikum. das auch in der Demokratie
auf seine l-tofnarren nicht verzichten Wlll. Bei
alledem bleibt er Jedoch immer er selbst;
und zwar auch dann, wenn er ganz bewuBl
einen Gag arbduziert und rnil aunersier
iiatrinesse ans werk geht (Abb. s).
KLEINE GALERIE
Karl Gruber
Erfreuliche Fortschritte einer Weiterent-
Wicklung zeigen die Arbeiten des geburtigen
Katntners und heute in Wien lebenden
Kunstlers Karl Gruber. die in der Kleinen
Galerie in der Neudeggergasse ausgestellt
waren, wo in letzter Zeit u. cl. auch Bilder
Elisabcths Kowalskis und Mlschtechniken des
Grazers Luis Summer zu sehen waren.
Die klar konturlerten Holzreliefs Grubers
(er selbst spricht lieber von Graphiken)
weisen vor altern irn Farrnalen eine Stei-
gerung und Festigung auf. Seine Haupt.
themen sind Flgurengruppen, Kopfe und
weite. herbe Landschaften. Der noch irnrner
merkbar van Moore beeinflußte Kunstler
fuhrt in ihnen ein bildnerlsches Bemuhen
tart. das in dnnlicher Weise wie bei dem
vorhin erwannten Hubert Pfaffenbichler
(IKC) durch Askese. eine vernunftige Oka-
nomle der btldrierischen Mittel und Methoden
gekennzeichnet ist. Gelegentliche Einflüsse
des Kunstgewerblichen auf Grubers Klein-
plastiken multien in Zukunft freilich nach ent-
schledenar zuruckgedrongt werden (Abb. 9)
GALERIE STUBENBASTEI
Suzan Hazai
Mit einer Ausstellung in der Kleinen Galerie
vor zwei iahren gelang es Susan Hazai. einer
geburtigen ungarin. die 1955 nach Oster-
reich kam und hier von dem damals nach
in Wien weilenden Kunstkritiker Jorg Lampe
entdeckt wurde, erstmals, das Interesse des
Wiener Kunstpublikums in stärkerem Maße
auf sich zu lenken.
Ihre neuen Arbeiten. die sie im März und
April dieses Jahres in der Galerie auf der
Stubenbastet ciusstellte. konfrorltierlen nun
mit dem bisher uberzeugendsien und ge-
schlassensten Abschnitt ihres Schaffens. eines
still gewachsenen Werkes. das durch Poesie
und Natutverbundenheit gekennzeichnet lSl
Vorsteltung und Wirklichkeit bilden in den
Arbeiten von Susan l-lazai eine organische
Einheit. Die Welt ihrer kosmischen Land-
schaften. Felsen, Stelnformatianen und wol-
kenkralzerahnlichen Gebilde ist von innerem
Rhythmus und Gleichklang erfüllt. Die
Grundtendenz der Malereien und Graphiken
Susan l-lazais wurde von Kristian Sotrifferi
der fur diese Ausstellung das Vorwort ver-
faßle, dahingehend interpretiert, "die Welt
als etwas Allumfassendes begreifen zu wollen"
(Abb. io).
MALEREI
GALERIEN
Gäste aus Prag 7
Franz Poetscti
Trotz der kurzen Zeit ihres Bestehens hat
die der Linzer Künstlervereinigung "MAERZ"
untnrstchcnde und von ihr gegrundeie
..Galerle am Tciubcrirricirkt" bereits Er-
sbrierlliches geleistet. Dichterlesurtgen. Kan-
zerie. varirage und die irn vardergrund der
von Peter Kubavsky geleiteten Galerie ste-
henden Ausstellungen ln- und ausldndischer
Kiinsller wirkten sich belebend auf das ober-
UND GRAPHIK IN LINZER
Neue Bilder van
österreichische Kunstgeschehen aus. bie von.
der Maerz-Galerle besonders gepflegten
Auslandskantakte, Zeichen eines zielstreblgen
Ausbruchs aus orovinzieller Enge, erwiesen
sich dabei durchwegs als lohnende Initiativen.
die diesbezügliche Vergleiche mit Blick-
richtung aui Wien nicht zu scheuen brau-
chcn,
Die ciruppenaussieiiung von Prager Künst-
lern, die im Februar und März dieses Jahres
am Taubenrnarkt zu sehen war, besali zwar
nicht uberwältigendes Niveau, dafür iedacn
gute Durchschnittsquctlltot und entsprach eiwa
dem. was man als solide Moderne zu be-
zeichnen gewahnt isl. bart man heute iii
Prag ebenso wie in Belgrad. Laibach.
zagreb. Krakau bder Warschau nichts
von einer Priaritdt des sozialistischen Realis-
mus wissen will und sich jenen künstlerischen
Tendenzen und Problemen zuwendet. die
auch irn Westen aktuell sind, ging auch aus
dieser Ausstellung hervor. Neben ausdrucks-
starken, verhditnisrnalsig grab gemalten
Portrats von Vavro Oravec und den surreal-
dcldalstischen Objekten Jan Svanmayers
verdienen die Strukturenabstraktidnen von
Cenek Prazak, die mit Sensibilität gemalten,
ebenfalls sehr stark van strukturellen Reizen
und Feinheiten lebenden Bilder von Josef
Lehoucka sowie eine kleinere Stelnskulptur
von Miias Chlupac hervorgehoben zu wer.
den.
In der Neuen Galerie der Stadt Linz. Wolf-
gang-Gurliil-Museurn, wo zuletzt eine be-
sonders sehdne Ausstellung von handge-
weblen Bildtepplchen Fritz Riedls und aus-
gewanllen Keramiken des wieners Kurt
Ohnsorg stattfand. zeigte der 1912 in Artholz
(bei Neubislritz) geborene und seit 1945 in
Linz lebende Maler Franz Paeisch eine
repräsentative Kollektivschau seiner Öle
bilder.
Poetsch. der seit 1952 der Wiener Secession
angehort, gab mit dieser Ausstellung einen
interessanten. teilweise imponierenden Uber-
blick uber sein Schaffen seit 1948. wobei den
in den iahreri 1965 und 196a entstandenen
Werken, die mehr als die Haltte der ins-
gesarnl iis Exponate ausmochten. besondere
Bedeutung zukarn.
Uber gelegentliche surreale Anfange in der
unmittelbaren Nachkriegszeit und kurz dar-
auf entstandene konslruktivistiscn bestimmte
Bilder. die als Durchgangsstbdiurn zu werten
Slndi gelangte der Kunstler etwa um 1961i
(aus diesem iahr stammt das eindrucksvolle
Landschaftsbild .,Vorfruhling"t zu einer
immer eigenstdndiger werdenden. in inten-
siver Verbindung zur Natur stehenden und
durch sie in sehr vielfaltlger weise beein-
flullten, weitestgehend abstrahierten Malerei.
die seither sein (Euvre kennzeichnet.
Seine kraftvoll und beherrscht gestalteten. in
den Details iedbah ungemein subtilen und
leisen Bilder. unter denen so reife und aus-
gewogene Werke wie das 1966 gemalte
,.Cilu'hende Moor". Steinbruch I" und ,.ve-
getatian iin Schnee anzulreiten sind. be-
ziehen aus ihrer Verbindung expresstver und
imbressianistischer Elemente ausgeprägten
sliininuiigsgenalt.
Franz Poetsch erweist sich in seinen Arbeiten
als Vollblutmaler. der virtuos die Farbe zu
handhaben versteht und nur selten ins allzu
Dekorative, Gefuhlsbetante und Außerhche
abglcltcl (,.Madanna", .,vegeialian irn
Wald"), wo dann auch prompt Schwachen
zutage lrelen seine besten Bilder. wie die
irn Absatz vorher genannten und anäere
rnehr, vertugen iedach zweifellos uber iene
Verbindlichkeit und malerische QUOlllÖl, datt
sie in einer Bestandsaufnahme asterreichi.
scher Kunst ab sbtart nicht mehr iibergangen
werden saiiten (Abb. ii, 12).
Peter Baum
BlLDTEXTE 6712
e. Strukturenbild von lirka. Aus der Aus-
stcllurig des Künstlers itTt Griechenbeisl
in Wien
7 Der Maler und Graphiker Hans Stau-
dacher, dessen Bilder in Ausstellungen
in wien und Linz gezeigt wurden
a Blick in die Ausstellung Arnulf Rcliners
in der Galerie nächst st. Steohan in
wien
s Karl Gruber, Holzrelief Aus der Kollek-
tivc des Kunstlers in der Kleinen Galerie
in Wien
10 Susan Hazoi, Kosmische Landschaft, 1966.
Aus der Ausstellung der Künstlerin in
der Galerie auf der Stubenbüstei in Wien
11 Franz Poetsch. Steinbruch, Öl
IZ Franz Poetsch, Vogetanatarriie, Ol (Abs
btldungen 11. 11 aus der großen Kollek-
tive des Künstlers in der Neuen Galerie
der siadt Linz)
(Abb. 12 siehe s. 53 oben)