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Volltext: Alte und Moderne Kunst XII (1967 / Heft 92)

alle Paramente die Stifter bekannt, vielfach 
auch die Art der Ausführung. Daraus läßt 
sich ein anschauliches Bild des Entstehens 
eines barocken Paramentenschatzes gea 
winnen. Anläßlich der Gründung wurde die 
Kirche von der kaiserlichen Stifterin mit 
den für den Gottesdienst notwendigen 
Pararnenten ausgestattet, von denen aller- 
dings nichts erhalten geblieben ist. Schon 
1720 ist die erste Schenkung eines kostbaren 
Kleides, das zu Meßgewänrlern umge- 
wandelt werden soll, verzeichnet, das Braut- 
kleid der Erzherzogin Maria josefa, der 
ältesten Tochter Josephs 1., die dem Kur- 
fürsten von Sachsen vermählt wurde. Damit 
beginnt die lange Reihe von Widmungen 
prächtiger Kleider an die Kirche, die bis 
zum Jahrhundertende nicht mehr abreißt. 
Fast alle Ornate sind aus den Kleidern vor- 
nehmer Damen gefertigt. Wohl ist der 
Brauch, kostbare Kleidungsstücke an Kir- 
chen zu widmen, seit dem hohen Mittelalter 
bekannt, dennoch erscheint es dem heutigen 
Betrachter eigenartig, daß in einem so reich 
dotierten Kloster kaum je ein bießgewand 
aus neuem Stoff verfertigt wurde. F.in 
anderer XVertmaßstab ist hier gültig ge- 
wesen. Eine Scheidung in profane und 
kirchliche Stoffe war dieser Zeit ebenso 
fremd wie die Vorstellung, daß ein ge- 
tragenes Kleid zu verschenken den Charak- 
ter eines Almosens, etwas Herabwürrligen- 
des an sich habe. Im Gegenteil: diese höchst 
persönlichen Geschenke sicherten der Gebe- 
Kasel xotn Weillliachrsomal, 1723724 uns den ÜIHHII- 
kleidem im Erzlicrzoginneu Maria joseh und Amalie 
gefertigt. Gold- und Svidensrickerei auf Sllhßfhfülid! 
s {Jetail aus den Anrcpentlinlm des Wclhniirhtxtirnalcw 
von 1723124 
rin eine dauernde Erinnerung ihrer Person, 
jeder Gebrauch des Veßgexxandes bildete 
zugleich ein Gedächtnis. 
Ebenso bezeichnend und interessant wie 
diese Nachrichten sind auch die Angaben 
über die Ausführung der Ornate. Die ver- 
schiedensten biöglichkeiten, mit denen bei 
der Betrachtung barocker Paramente zu 
rechnen ist, werden in den Zirkularcn gee 
nannt: Den sogenannten Modcna-Ornat 
ließen zwei Nichten der Kaiserin Amalie 
1727 für das Kloster sticken. Die reiche 
Guldstickerei und die Pctit-point-Arlzeit, 
die vor allem in den Bildmedaillons mit der 
Darstellung der Begegnung von Maria und 
Elisabeth und dem hl. Franz vnn Sales 
minuziöse Feinheit besitzt, sind sicher das 
Werk von Berufsstickern. Daneben bei 
gcgnet aber ebenso die Stickerei als Lieb- 
haberarbeit einer adeligen Dame; einen voll- 
 als; 
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ständigen, heute leider nicht mehr nachweis- 
baren Ornat hat die Erzherzogin Maria VI usefa 
als Königin von Polen in neunmonatiger 
Arbeit mit Chenillestickerei ausgeschmückt 
und dem Kloster ebenfalls 1727 gewidmet. 
Aber auch die Schwestern selbst waren am 
Werk. Oftmals wird von der eifrigen Arbeit 
der Sakristaninnen berichtet, die die Nleß- 
kleidet nähren und mit Goldbortcn be- 
setzten, aber auch reiche Stickerei ausführen. 
So geübt sie offenbar in der Ausführung der 
bunten Blumenmuster in Seide oder Chenillc 
waren, die Reliefgoldstickerei blieb Berufs- 
stickern überlassen. Über das heute als 
Weihnachts- und Osterornat noch vera 
wendete Ensemble berichten die Zitkulare: 
Das Brautkleid der Erzherzogin Äiaria 
Josefa bot für einen großen Ornat nicht 
genügend Stoff; als aber 1723 auch die 
zweite Tochter der Gründerin, die Erz- 
3 
Kasel vom Wrihnachisomnt, 1723{24 aus den Braut- 
klcidcm dcr Erzherzoginnen Maria ]oscfa und Amalic 
gcfcnigl. Gold- und Seidenstickcrci auf Silbcrbroknl 
Detail aus den Antependium des Wcihnachlsomalcs 
von 1723]24
	        
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