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Volltext: Alte und Moderne Kunst XII (1967 / Heft 95)

 
 
 
 
Edgar Hertlem 
FRÜHE ZEICHNUNGEN 
VON EGON SCHIELE 
Herrn Profmor Dr. Werner Grau 
{um 65. Geburfxlag in Verehrung gewidmet" 
All: Zeichnungen sind auf bräunlidx-gelbem Puckpnpirr mit Blei- 
mn gezzirhrlel. Die Maße (um w, Breite) 3m" di: Pnpizr- 
grifße 1m. 
32 
Als Egon Schiele am 31. Oktober 1918 in 
Wien im Alter von nur 28 Jahren an der 
spanischen Grippe starb, war er unbe- 
stritten der führende Vertreter der Neuen 
Kunst in Österreich. Zusammen mit 
Gustav Klimt und Oskar Kokoschka 
bildete er als der jüngste das Dreigestirn, 
das die an Talenten so reiche und ungemein 
produktive Wiener Malerei vor dem Ersten 
Weltkrieg beherrschtel. Nach dem end- 
gültigen Weggang Kokoschkas aus Öster- 
reich 1917 und dem Tode Klimts im Februar 
1918 war Schiele, wenn auch nur für kurze 
Zeit, die dominierende Künstlcrpersönlich- 
keit in Wien. Mit seiner Ausstellung in 
der Wiener Sezession im März 1918 war 
ihm auch äußerlich der große Durch- 
bruch zum Erfolg gelungen. Doch wurde 
seinem Schafen ein schnelles und jähes 
Ende gesetzt. 
Heute hat das Werk des Frühvollendeten 
durch Ausstellungen und Publikationen 
weltweite Anerkennung gefunden 2. Es sind 
vor allem die Arbeiten der letzten acht 
Schaffensjahre, die im Mittelpunkt stetig 
wachsender Bewunderung stehen. Beson- 
ders das graphische Werk, obwohl noch 
keineswegs ganz überschaubar, steht einzig- 
artig da. Schiele darf heute als einer der 
größten Zeichner des 20. Jahrhunderts ange- 
sehen werden 3. 
Der 1890 in Tulln (Niederösterreich) ge- 
borene Egon Schiele kam bereits 1905 an 
die Wiener Akademie in die Klasse des als 
Lehrer beliebten, aber künstlerisch völlig 
unbedeutenden Mythologien- und Alle- 
gorienmalcrs Christian Griepenkerl (1839 
bis 1916). Dort studierte er bis 1909. Ab 
1910 lebte er als freischaffender Künstler 
vorwiegend in Wien, das er nur 1911 bis 
1912 zu kürzeren Aufenthalten in Krumau 
(Südböhmen) und Neulengbach (Nieder- 
österreich) verließ. Diese Zeit fruchtbaren 
Schaffens, in der eine gewaltige Fülle von 
Bildern und Zeichnungen entstand, wurde 
nur durch den Wehrdienst unterbrochen, 
den Schiele im Krieg bei einem Wach- 
bataillon, zum größten Teil auch in Wien, 
ableistete. 
Nahezu gleichzeitig mit dem Beginn beruf- 
licher Selbständigkeit hat Schiele auch seine 
unverwechselbar eigene Stilsprache und 
Ausdrucksform gefunden. Die künstleri- 
schen Äußerungen des Jahres 1910 zeigen 
uns bereits den bekannten Schiele-Stil. Sie 
bilden die Grundlage seines weiteren 
Schaffens und leiten die eigentliche Reife- 
zeit ein. Im Mittelpunkt der Darstellung 
steht zunächst die menschliche Gestalt und 
zwar stärker die Aktfigur als das Porträt. 
Schiele bevorzugt drastische, exalticrte 
Stellungen, grausige Verzerrungen und
	        
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