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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIII (1968 / Heft 96)

leerer Platz, vorgesehen für militärische 
Übungen und Aufmärsche, da der Hof 
immerhin zu klein war. Diese Kaserne 
unterscheidet sich ihrem Aussehen nach 
nicht viel von den Wiener Kasernen der- 
selben Epoche, und insbesondere kaum von 
der, in welcher heute das Kriegsarchiv 
untergebracht ist (Mariahilfer Straße). Es 
ist dieselbe Architektur, diktiert von den- 
selben Ansprüchen. 
Das weitere Schicksal der Württemberg- 
kaserne ist einigermaßen anders, als von 
Vilovski beschrieben 19. Es besteht eine 
Karte von Belgrad aus der Zeit der Bom- 
bardierung von Belgrad vom 13. Juli 
173910. Es ist dies „Neu acurater Plan der 
Haupt Vestung Belgrad f wie derselbe 
dermahlen mit ihren neu angeleg- f ten 
Vestung Wercken sich befindet". Das Ver- 
zeichnis der Objekte in Festung und Stadt 
ist mit den Buchstaben A-Z und den 
Ziffern 1-12 bezeichnet. Die Adresse 
lautet: „Elias Beck a. H. sculps. et excudit 
Aug. Vind." Auf diesem Plan sind unter 
Nr. 12 die Stellen eingezeichnet, wo die 
türkischen Brandbomben Vernichtung an- 
richteten. Es wurde hauptsächlich der süd- 
östliche Teil der Stadt zerstört. Bei dieser 
Gelegenheit wurde auch das Kapuziner- 
kloster vernichtet. In der linken oberen 
Ecke der Karte ist ein Prorpert von der 
Vertung Belgrad. Obwohl das Bild der Stadt 
nicht genau ist - da die Württemberg- 
kaserne, der größte Bau in der ganzen 
Stadt, nicht zu sehen ist f, entsprechen 
die vom Brand ergriffenen Stellen jenen in 
dem tieferstehenden Plan. Die Kaserne war 
also bei dieser Gelegenheit nicht zerstört 
worden. Sie wurde auch i im Gegensatz 
zu der Aussage von Vilovskyll - von 
den Türken nicht zerstört. Dies ist aus 
einer Beschreibung Belgrads vom jahre 
1784 ersichtlich21. Diese Beschreibung 
lautet: „Beschreibung f von der Festung 
Belgrad f zum Souterrain Plan f TAG- 
BUCH I über die Baugenehmigung der 
Festung Belgrad durch den auf der Kom- 
pagnie Neu Porcza vorn 6ten May bis 
12 juny 1784 commandirt gestandenen 
Ingenieur Offizier als Pontonier wcrkleidet." 
Dem Tagebuch dieses Offiziers liegen zwei 
große Karten von Belgrad bei, in denen 
nur sehr wenige Objekte außerhalb der 
Festung, der das vornehmliche Interesse 
des Autors galt, eingezeichnet waren. Auf 
einer Karte sind jedoch einige Gebäude 
außerhalb der Festung eingezeichnet 13, und 
zwar die rerlriube KirrIJe und der Jerbirebe 
Friedlrqf („Raitzischer Freudhoff und Kir- 
ehe"), ferner die Rerideng de: Birebafr 
(„Raitzischen Bischofs Wohnung") und 
außerhalb der Stadt zler (graße Han oder die 
Alexanderkaxerne („Der Große Hann oder 
Alexandrische Cascrne"). Sie ist nur teil- 
weise beschädigt, an einem Ende, und zum 
größten Teil ganz. Neben der Kaserne 
befand sich der türkische Friedhof („Be- 
gräbniss der Türken"). Zu Ende des 
18. Jahrhunderts hatte also diese Kaserne, 
zu einem türkischen Han umgewandelt, 
noch bestanden. Diese Beschreibung der 
Belgrader Festung sozusagen unmittelbar 
12 
vor dem Aufstand ist für uns von ganz 
bedeutendem Interesse 24. Ob sie auch zu 
Beginn des Aufstandes noch bestanden hat? 
Dies ist ziemlich unwahrscheinlich, da sie 
in keiner der zeitgenössischen Quellen 
erwähnt wird. Eines jedoch steht fest: 
1739 war sie nicht zerstört worden, viel- 
leicht geschah dies erst nach der zweiten 
Übergabe von Belgrad an die Türken im 
Jahr 1791, und das Baumaterial war zur 
Errichtung neuer Bauten wiederverwendet 
worden. 
Ein zweites Bauwerk im barocken Belgrad 
war die Älaurerkaxerne („Maurer-Casarm"), 
erbaut im Jahre 1727 für die Mannschaften 
der Genietruppen, die am Bau der Be- 
festigungen beschäftigt waren 25. Von ihnen 
wurde diese Kaserne seit 1727 bewohnt, 
und der Name verblieb ihr auch späterhin. 
Vilovsky tut dieser Kaserne als Kavallerie- 
kaserne Erwähnung, doch dazu konnte sie 
erst später geworden sein. Auf Sparrs Plan 
Nr. 15 ist sie als das zweitgrößte Bauwerk 
nach der Alexanderkaserne dargestellt, eben- 
falls mit rechteckigem Grundriß. Leider 
hat Spart die Prolile und die Fassade dieses 
Bauwerks nicht festgehalten. Die Be- 
schrcibung dieser Kaserne in der Bei-rand- 
ülffllüllltlß vom fahr 1728 ist ziemlich sum- 
marisch. Die Kaserne besaß 50 Zimmer 
und 15 Küchen. Auf dem Plan ist sie 
jedoch nur etwas kleiner als die Alexander- 
kaserne dargestellt, die 232 Zimmer hatte! 
Ich halte es jedoch nicht für ausgeschlossen, 
daß diese Kaserne mit dem späteren 
Delirquartier identisch ist, der türkischen 
Reiterkaserne, die sich unweit der Sabot- 
kirche (Kathedrale) im Raum zwischen 
Alexanderkaserne und Festung befand, nach 
Sparts Plan Nr. 15 zu schließen ungefähr 
dort, wo die Zeitgenossen den Standort 
des Delisquartiers angeben. Die de- 
taillierteste Beschreibung dieses Gebäudes 
hat Anastas Jovanoviö geliefert: „Das Delis- 
quartier nahm mit der einen Ecke den 
Platz gegenüber der jetzigen Nationalbank 
ein, die nächste Ecke (war), wo sich jetzt 
das Casino befindet; die nächste Ecke 
wieder beim Delisbrunnen und hinunterzu, 
ungefähr bis zu dem heutigen Radulovic- 
Haus (oder), wo sich jetzt das Raduloviö- 
Haus befindet." Er gibt die Lokation des 
Delisquartiers zwischen den Straßen Knez 
Mihajlova, Vuka Karadiiea, Uskoöka und 
Delijska an. „Das Delisquartier wies 
einen Grundriß in Form eines odenen 
Parallelogramms auf, den Oberstock be- 
wohnten die türkischen Reiter, im Erd- 
geschoß waren die Ställe . . . Dieses Delis- 
quartier war ein gewöhnliches türkisches 
Bauwerk und dem Verfall geneigt, und 
der sehr große Platz wurde, als es ein- 
stürzte, dem Fürsten Karadjordjevic ge- 
schenkt, der ihn später zu einem Garten 
umwandelte und ein Haus an eben der 
Stelle erbaute, wo das tatarische Kaffee- 
haus gewesen war"17. Das Schicksal des 
Delisquartiers war interessant. Während des 
Aufstandes war es von Karadjordje und 
dessen Mannen bewohntls. Nach 1815 
diente es als Kaserne der Delis, der tür- 
kischen Reiter, aber im Laufe der dreißiger 
]ahre wurde es zerstört und der leere 
Platz dem Fürsten Alexander abgetreten, 
wahrscheinlich weil es der Jilg Karadjordjes 
in Belgrad gewesen war, also wohl nach 
dem Erbfolgerecht Z9. 
Hieraus ist zu ersehen, daß die Türken 
nicht alle in Belgrad vorhandenen Bauten 
vernichteten, sondern sich ihrer auf die 
gleiche Weise bedienten wie auch die 
Österreicher. Der große Hof, den Sparr in 
Plan Nr. 15 in dieser Kaserne darstellt, 
mochte den Bedürfnissen der berittenen 
Truppe entsprechen, so daß die Türken 
diese Kaserne diesem Zweck anpaßten, 
vielleicht auch gewisse Umbauten in Form 
des offenen Parallelogramms vornahmen. 
Allein die Tatsache, daß das Delisquartier 
Erdgeschoß und Etage besaß, spräche für 
dessen Identiüzierung als „Maurerkaserne", 
und was die Lokation der Kaserne auf 
Sparrs Plan betrifft, so entspricht diese dem 
Ort des Delisqtiartiers gemäß den bestehen- 
den Beschreibungen. Im übrigen ist es auch 
nicht ausgeschlossen, daß die österreichi- 
schen Baumeister sich in ihrer Bauweise 
einigermaßen an die östlichen Bauformen 
anpaßten, denn es wohnten auch viele 
Offiziere in solchen Häusern. Diese Kaserne 
war ein neues „regulär erbautes Gebäude", 
wie dies aus der Bevlandaufnalnue von 1728 
hervorgeht. Immerhin ist es interessant, 
warum Spart diese Kaserne in seiner 
Skizze beziehungsweise auf dem dafür 
bestimmten Blatt nicht eingezeichnet hat. 
Vielleicht deshalb, Weil seines Erachtens 
ihre Fassade nicht monumental und der 
zeichnerischen Bearbeitung nicht würdig 
war. ln diesem Falle wäre die Beschreibung, 
die A. Jovanovic liefert, leicht erklärbar. 
Die Österreicher bauten in Belgrad in 
einem einfachen „Grenzerstil", und es ist 
nicht ausgeschlossen, daß die Maurer- 
kaserne nichts an sich hatte, was die Auf- 
merksamkeit Sparrs als Objekt von In- 
teresse auf sich gezogen hätte. Vollkommen 
gleich liegt der Fall auch mit den Kasernen 
in der Festung, von denen Spart keine 
einzige gesondert aufgezeichnet hat wie 
die Alexanderkaserne, die eben die schönste 
und reptäsentativste war. S0 ist auf der 
Skizze Nr. 9 außer der Festung, Savamala, 
Karlstal - den Hauptteilen von Belgrad - 
nur noch diese Kaserne festgehalten. 
Die meisten Aufzeichnungen bestehen über 
das Palais Alexanders von Württemberg 
(Abb. 8), das früher fälschlich als Palast 
des Prinzen Eugen betrachtet worden war. 
Dieses Palais ist in Sparrs Plan Nr. 15 als 
„Commandants Quartier" eingezeichnet und 
befindet sich nördlich von dem Jesuiten- 
kloster, während sich östlich vom Kloster 
das Gebäude der Hauptwache befand. Ob- 
wohl dieser Plan die meisten Angaben 
über die Bauten Belgrads liefert, kann er 
doch nicht als genau bezeichnet werden, 
und zwar deshalb, weil zwischen den 
Standorten einzelner Gebäude nach diesem 
Plan und nach Plan Nr. 14 Unterschiede 
bestehen. In letztgenanntem Plan sind nur 
die Klöster, Kirchen und die Alexander- 
kaserne eingezeichnet, doch sind die Loka- 
tionen genauer festgehalten. So ist das
	        
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