der allgemeinen Stilentwicklung. Geschichte
und Kunst treten vereinigt in Erscheinung.
Unvergleichlich sichere Datierungen der
Gegenstände ergeben sich dabei aus dem
Umstand, daß Besteller und Meister gleicher-
weise streng an fest vorgeschriebene Ter-
mine gebunden waren. Der genauen histo-
rischen Dokumentierung der künstlerischen
Leistung ist in jedem Fall nachzuspüren, und
dies ergibt die überraschendsten Auf-
schlüsse. Der hochpolitische Anlaß macht
die spezielle Waffenausrüstung nötig. Ihre
erste Verwendung zu ganz besonderem
Zweck ist entscheidend.
Der technische Fortschritt seinerseits läßt
sich nirgends besser Schritt für Schritt
verfolgen als in dieser kaiserlichen Samm-
lung. Die Verarbeitung jederlei Metalls,
geschmiedet und gegossen, die Dekoration
seiner Oberfläche in allen nur möglichen
Manieren ist jeweils in frühesten und vor-
bildhaften Beispielen vertreten. An den
Kaiserhof kamen die ersten Angebote neuer
Problemlösungen und Erfindungen. Viele
technisch und organisatorisch hochbegabte
Meister konnten mit hochinclividuellen,
kostbaren Musterarbeiten in der Waffen!
sammlung festgestellt werden. Wenn ihre
Neuerungen sich für Heeres- und Massen-
produktion eigneten, gingen sie in die
Geschichte der frühen Serienerzeugung, der
Manufakturen ein. Von den in Österreich
wirksamen Meistern der Büchsenmacher-
kunst des 17. und 18. Jahrhunderts waren
in diesem Zusammenhang etwa zu nennen:
Hans Schmidt in Ferlach, Simon Penzena
eder, Josef Fruewirth und Bartholomeo
Girandoni in Wien.
Waren nun die einzelnen Kaiser als Besitzer
von Leibrüstkammern Sammlerpersönlich-
keiten im landläufigen Sinne, wie man von
einem Gemäldesammler spricht? Auf einen
Fürsten angewendet, der eine persönliche
Rüstkammer anlegt, hat das Wort „Samm-
ler" einen anderen Sinn. Sein Sammeltrieb
holt nicht einfach aus irgend einer Gegend
das Schönste und Interessanteste heran,
ohne Bindung an den Vorbesitzer, ohne
innere Beziehung zum ursprünglichen Ver-
wendungszweck. In einer gewachsenen
Waffensammlung handelt es sich um die
Bewahrung des eigenen vornehmen Ge-
brauchsgutes aus historischer Reminiszenz.
Um Waffengut fremder Persönlichkeiten
bemüht man sich nur soweit, wie diese
WaEen persönliches Heldentum verkörpern,
sofern sie an geschichtliche Höhe- und
Wendepunkte geknüpft sind.
Die gesamte Reihe der Herrscher ist mit
der Neuaufstellung der Waffensammlung in
ihrer sammlerisehen, will sagen anregenden
und auftraggebenden Leistung, in ihrer
Bedeutung als Waffenträger und -besitzer
erkennbar. Kaiser Friedrich III. überliefert
Prunkwaffen seit der Mitte des 15. jahr-
hunderts (vielleicht sogar schon scin Vater
Ernst von Steiermark einen Helm um 1400).
Maximilian I. erweist sich wohl als der
Größte auf unserem Gebiet in der Ge-
schichte des ganzen Abendlandes. Seine
burgundische und mailändische Erbschaft
22 Hans Jakob Topf. Innsbruck m19:
Kuriß (d1eiviert:l.l:ng:r Rcilerharnisch) Erzherzog Leo-
polds v., Landesherrn von Tirol (1586-4632). (A 1514)
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