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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIII (1968 / Heft 99)

Umleitung in einen außen um die Türme 
hcrumgelegten Stahlbetonmantel von 20 
und 30 cm Stärke und Rückführung unter- 
halb der Gemäldczone in das alte Mauer- 
werk. Die kirchenseitigen Scheiben dieses 
Stahlbetonmantels sind aus arbeitstechni- 
schen Gründen mit Zugankern kombiniert. 
Durch diese Operation wurde das Mauer- 
werk der Gemäldezune aus dem Lasteni-luß 
ausgeklammert. An den alten Gewichtsver- 
hältnissen ändert sich nichts, da die Last der 
neu hinzugekommenen Stahlbetonstützkon- 
struktion etwa der des entfernten barocken 
Verstärkungsmauerwerkes entspricht. 
Kirche und Kloster stehen auf einer dilu- 
vialen Schotterzunge unterhalb der Ein- 
mündung der Ager in die Traun, und die 
Bodenuntersuehungen haben ergeben, daß 
harter Schlier erst in einer Tiefe von 24 m 
unter verschieden starken Zonen von An- 
schüttmaterial, Kies und Sand, liegt. Eine 
in der ersten Planungsphase erwogene 
direkte Umleitung des LastenHusses in die 
Fundamente hätte eine Störung des Gleich- 
gewichtes in der Bodenfuge mit nicht ab- 
sehbarcn Folgen bedingt. Die Last-Rück- 
leitung oberhalb des Bodens ist daher das 
Prinzip des Statikerproiektes geworden. Sie 
erfolgte so, daß der zwischen C und D 
(Abb. Z) eingezogen gewesene und die 
Gemäldezone anschneidende Läuthausfuß- 
boden bis etwa Z5 cm unter den Mäander 
abgesenkt werden konnte. Die Wahl dieser 
Kote war durch mehrere Feststellungen 
bedingt. Die wichtigste ist, daß die 182 cm 
hohe Sockelzone zwischen dem alten West- 
chorboden und der Gemäldeunterkante 
unbemalt war. Eine Legung des Bodens 
auf das alte Niveau hätte die ursprünglichen 
Höhen lediglich in den beiden Türmen und 
in dem dazwischen liegenden Joch wieder- 
hergestellt, während wesentliche Teile des 
alten Westchores verloren sind und un- 
wiederherstellbar bleiben: die bemalte West- 
apsis, die Kommunikation der drei Ost- 
arkaden zur Kirche, der Ostarm des Chores 
und die ursprünglichen Lichtverhältnisse. 
Weiterhin hätte eine solche Absenkung eine 
erhebliche Verschlechterung der Sicht- 
bedingungen für die Malereien und die 
Zerstörung des barocken Haupteinganges 
in die Kirche zur Folge gehabt. Es erschien 
daher zweckmäßiger, auf unvollständige 
und problematische Rekonstruktionen zu 
verzichten und das Westchorfragment unter 
Wahrung möglichst günstiger Sichtverhält- 
nisse für den gewonnenen Freskenbestand 
bestehen zu lassen 16. 
Die nunmehr ein Dezennium dauernden 
Arbeiten sind im wesentlichen abgeschlos- 
sen. In den beiden vor dem Freskenraum 
liegenden Räumen ist die Darbietung be- 
deutenderer, im Zuge des Vorhabens ge- 
borgenen: Grabungs- und Gemäldefragmente 
sowie die Dokumentation der wichtigsten 
Arbeitsphasen mit Zeichnungen, Photos und 
Modell geplant. Die wegen des Zustandes 
des Freskoträgers sehr umfangreiche und 
schwierige Konservierung der Malereien 
respektierte den Bestand als Dokument 
ohne jede Ergänzung. Die Freigabe für die 
Ölfentlichkeit erfolgte am 14. Okt0ber1967. 
6 
Aurleilung im Raum um] Pragramzzl 
Die Malereien befinden sich im ehemaligen 
Läuthaus an den Gewölben und Innen- 
wänden der beiden Türme, welche den 
gegenüber den alten Langhausmauern leicht 
vorspringenden Querarm des alten West- 
chores bildeten, sowie in der dazwischen 
liegenden Travee: an den Gurrbögen und 
Lisenen sowie in den Zwickeln vorwiegend 
ornamentaler Bestand, die figuralen Szenen 
im übrigen Bereich. Von der ehemaligen 
Apsisausmalung existieren bloß die Frag- 
mente 19 und 20 (Abb. 2); sie liegen an 
jenen Resten der Nord- und Südwancl der 
Apsis, welche mit den inneren Schmalseiren 
der Westmauern der beiden Türme identisch 
sind. 
Soweit die noch nicht abgeschlossenen 
technologischen Untersuchungen37 et- 
geben haben, handelt es sich um ein echtes 
Fresko mit teilweisen Seccoauflagen bei 
vorwiegender Verwendung von Erdfarben. 
Geometrische Hilfsliixien, mit in Ocker 
eingcfärbter Schnur und mit dem Schnur- 
zirkel geschlagen, lassen sich nachweisen. 
Der Farbaufbau ist in großen Partien voll- 
ständig erhalten, in anderen Teilen gibt es 
Fragmentierungen und Fehlstellen. Zahl- 
reiche Graffiti des Mittelalters und der Neu- 
zeit linden sich in den unteren Gemälde- 
pnrtien; mehrere sind datiert. Ihre Erfas- 
sung und Auswertung steht noch aus. 
Das Programm der Westchorausstattung 
läßt sich, da die Apsis fehlt, nicht voll- 
ständig angeben. Vorhandcn sind 23 Sze- 
nen und Szenenfragmente mit Darstellun- 
gen aus der Kindheits- und jugendge- 
schichte sowie dem öffentlichen Wirken 
Christi bei auffallender Betonung der 
Magier- und Herodeshistorie, ferner vier 
teilweise stark beschädigte alttestamenta- 
rische Standl-iguren. Einige Szenenfrag- 
mente sind nicht exakt bestimmbar. Mit 
Ausnahme der Kirchenseite zeigen alle 
Wände zweizonigc Anordnung der Bild- 
felder. Sie muß sich, nach Ausweis der 
Lage der Fragmente 19 und 20, an der 
Nord- und Südwand der Apsis fortgesetzt 
haben. Chronologie des Geschehens und 
Lesefolge decken sich nicht durchgehend; 
es kommt auch die Reihung der Darstel- 
lungen im Gegensinne vor. Immerhin ist 
im wesentlichen eine chronologische Ab- 
folge in Schichten von oben nach unten 
feststellbar. Offen bleibt die Frage nach 
den Darstellungen in der Wölbung, an der 
Westwand und in den oberen Registern 
der Süd- und Nordwand der Apsis sowie 
allenfalls in den seitlichen Annexräumen, 
schließlich, in weiterer Folge, nach dem 
Programm des verlorenen Langhauses und 
Ostchores des Erstbaues. Wir haben es mit 
dem -- immerhin ansehnlichen - Teil 
einer Kirchenausstatrung zu tun, die ur- 
sprünglich reicher gewesen ist. 
Die Schwerpunktbildung des erkennbaren 
Teiles der Gesamtausstartung um die 
Theophanie und assoziierbare Inhalte ist 
von liturgischen Gepflogenheiten mitbe- 
stimmt worden. Nachgewiesen ist ein in- 
halrlieher Nexus zwischen geistlichem 
Dramalß und dem Epiphaniebild der
	        
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