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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIII (1968 / Heft 101)

bis 1525 annehmen, recht fortschrittlich. 
Dasselbe gilt für die großzügige und 
schlichte Gliederung der Türen, wobei 
kaum an die einstige Zweigeschossigkeit 
der Schränke erinnert wird, während die 
Unterteilung der Türe auf dem Holzschnitt 
noch sehr deutlich an diesen früheren 
Schranktyp anschließt. 
Die Holzarten entsprechen der damals 
üblichen Gewohnheit, wie sic sich im ganzen 
süddeutschen Raum mit Einschluß Öster- 
reichs und der Ostschweiz eingebürgert 
hatte und bevorzugt wurde: für die Fur- 
niere hauptsächlich das reich strukturierte 
Eschenholz (Blumen- oder ungarische 
Esche) und das Ahornholz (auf den Rahmen 
der Türfüllungen), für die aufgeleimten 
Proiilleisten und Gesimse das Eichenholz, 
für die Schnitzereien Lindenholz. 
Zur Identifizierung der Person des Bild- 
hauers oder Schnitzers kann ich von hier 
aus und aufgrund der mir zugänglichen 
Literatur bloß eine Annahme zur Dis- 
kussion stellen, die aber, wie mir scheint, 
doch einige Berechtigung hat. Beim Ver- 
gleich der Wappenträger auf den Neuhauser 
Schränken mit den in letzter Zeit ver- 
schiedentlich publizierten Werken der Pra- 
ger und südböhmischen Holzplastik aus 
demselben Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts 
wird man - soweit das überhaupt an Hand 
von Buchdruckreproduktionen möglich ist 
A vor allem auf den Reliefs des Votiv- 
altars aus Zlichov (Abb. 6, 7) nicht un- 
wesentliche Übereinstimmungen in der 
Gewandbehandlung feststellen könnenll. 
Sowohl die Aufwürfe der Gewandsäume, 
die teils wellig gebläht und stark unter- 
schnitten, teils knitterig gebauscht sind, wie 
auch die Faltengebung der Kleider um die 
Schenkel, wo dem Körper glatt anliegende 
Partien von langen, scharfkantigen und 
gebrochenen Falten durchzogen werden, 
zeigen eine auffallende Ähnlichkeit. Zieht 
man außerdem in Betracht, daß gerade dieser 
Altar mit der Persönlichkeit des Oberst- 
burggrafen Zdenek von Rozmital in Ver- 
bindung steht 14, da die Predella sein Wappen 
trägt, so hat die Vermutung doch viel für 
sich, daß hier und dort - an den Braut- 
schränken für Anna von Neuhaus und am 
Altar von Zlichov - ein und derselbe 
Künstler für den gleichen Auftraggeber am 
Werk war. 
Mehr zu dem Problem zu sagen, steht mir 
nicht zu. Schon habe ich mit den obigen 
Ausführungen den Rahmen meines engeren 
Arbeitsgebietes überschritten. Darum über- 
lasse ich nun gerne das Feld jenen Fach- 
kollegen, die sich die Erforschung der 
Kunst der Donauschule, insbesondere von 
deren Plastik, zur Aufgabe gemacht haben. 
Ich muß es ihncn anheimstellen, die An- 
regung aufzugreifen und sich mit den 
Schränken eingehender zu befassen. Noch 
sind einige Fragen offen, die sich aus der 
Entfernung nicht beantworten lassen. S0 
die Frage nach der Zugehörigkeit zum 
(Euvre des Meisters IP; auch wird zu übers 
prüfen sein, ob eine Beteiligung Benedikt 
Rieds als Entwerfer in Betracht gezogen 
werden kann. Immerhin wäre es nicht aus- 
geschlossen, daß hier Eindrücke mitge- 
spielt haben könnten, die Ried am unga- 
rischen Hof, in Buda, gewonnen hatte, wo 
italienische, zumal tnskanische Maestri di 
legname und Architekten, man denke nur 
an Benedetto da Maiano, für Matthias 
Corvinus tätig waren und seine Residenz 
mit prächtigen Tischler-, Bildhauer- und 
Intarsienarbeiten i Kassettendecken, Tü- 
ren, aber auch Möbeln - im Stil der 
Florentiner Renaissance ausgestattet hat- 
tcn15. Außerdem bleibt noch zu klären, wo 
und von wem die Tischlerarbeit ausgeführt 
wurde. Aber wahrscheinlich wird sich das 
kaum feststellen lassen. jedenfalls sei darauf 
verwiesen, daß in Budweis zur gleichen Zeit 
der „Kistler" Andreas Morgenstern eine 
recht namhafte Werkstatt besessen haben 
muß, da ihm in diesen Jahren, nämlich 
1526, die bedeutsame Aufgabe übertragen 
worden- war, die Schreinerarbeiten am 
Hochaltar der Zwettler Stiftskirche durch- 
zufühtenlö. Neuhaus ist aber nicht so weit 
von Budweis entfernt wie Zwettl. Ander- 
seits muß man sich vielleicht vor dem Fehler 
hüten, einem bekannten Meister alles, was 
im Umkreis seiner Heimatstadt entstand, 
zuschreiben zu wollen. 
Sollte mit diesen Themen der Anlaß für 
ein über Staatsgrenzen hinweg geführtes 
kunsthistorisches Gespräch gegeben worden 
sein, so würde das ganz auf der Linie liegen, 
deren Richtung von der Zeitschrift „Alte 
und moderne Kunst" in den letzten Jahren 
eingeschlagen wurde. 
ANMERKUNGEN 13-16 
u J. Kroiaßcck. Arbeiten des Monogrammislcn m in Biihmzn, 
in: Ar: und moderne Kunst. 9011965, s. 34, Abb. 2, 
iMas. Abb. a-s. - Derselbe. Zur Meister-lP-Problemazik 
cislcr 11' und Böhmen). in: Werden und Wandlung. 
inZ, 1967. S. 201 h". 
12 
H J. Kropäcck. n. n. 0.. s. 39. - s. 206. 
I: Maria zunszky-szemegg, Rcnaiuauurc-lnrarsicn im alten 
Ungarn. Corvina Verlag, Budapest, 1966. 54m. 
16 Österreichische Kunsttopographie, 11a. 29. Die Kunst- 
denkmälcr des Zistrrzimszrklostcrs Zwctrl, Baden bei 
Wien 1940, S. 42, 270.
	        
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