Peter Pötschner
DER OFEN
IN BAUMGESTAIXT AUS DEM
HETZENDORFER
BEETHOVENHAUS
l Das 1915 dernolicnc Haus Wien XII, Hctzendoxfct
Straße 75. einst kaiserlicher Besitz. Im Hauptgschoß
d: Minelmkzes das mit illusionisrischen Suncricn
ausgemalt: Landschaflszimmcr, ursprünglichcr Auf-
stcllungorl des Ofens. Dieser Raum und dic anschließen-
den Zimmer im linken Scitemrakt wurden von Beet-
hoven Mai bis August 1x24 bewohnt
ANMERKUNGEN Iil
l Öszcn. Kunsttopo aähie. II. Wien 1908. S. 48. Fig. 57;
Meidljng nimm uc ). Wien 1930. s. m.
3 Thayzt, IV, 1907, S, 433, 447i".
3 Thzyet mißverstehr da: und nennt den Baron Müller-
Prönay.
4 Gabriel Frcihcrr Prbnay halle auf seinem Gute zu Als:
im Poster Komitat muslßrhaflc Anla cn "von bomnischzm
Interesse" gewalzt, VS. Grae er-Czikann) Ostern
Narionäl-Ency ppldit. . l 36. S. 31481
Vor einiger Zeit wurden aus den schier
unerschöpflichen Depots des Historischen
Museums der Stadt Wien ein paar Kisten
hervorgeholt, die nach einer mündlichen
Überlieferung einen Ofen aus der Sterbe-
wohnung Beethovens im Sehwarzspanier-
haus enthalten sollten. Die Beschriftung
der sichtlich seit Jahrzehnten ungeöiTneten
Kisten war unleserlich geworden. Sie ent-
hielten eine Menge großer und kleiner
keramischer Bruchstücke, die dann, so gut
es ging, zusammengesetzt wurden. Es ent-
stand das tönerne Abbild eines aus Fels-
grund wachsenden kolossalen Baumstrun-
kes, der zwar hohl und innen mit Rippen
versehen war, aber sonst keineswegs der
landläuhgen Ofenvorstellung entsprach;
erst als auch die fragmentarisch erhaltene
Rückseite mit den Aussparungen für Feue-
rung und Rauchabzug zusammengesetzt
war und bei der Entstaubung starke Ruß-
spuren zutage kamen, war erwiesen, daß
es sich um einen veritablen Ofen, nicht
bloß eine Attrappe handelte.
Die zunächst für kaum möglich gehaltene
Wiederherstellung übernahm Museums-
restaurator Georg Weiß. Rahmenbildhauer
Alois Rudelstorfer ist ihm gelegentlich
beigesprungen. In monatelanger Arbeit
wurden die mehr als hundert Bruchstücke
mit Steinkleber zusammengekittet und die
fehlenden Teile aus Alabastergips ergänzt.
Der fehlende naturalistische Dekor konnte
durch Abgüsse des vorhandenen erneuert
werden. Einzelne Partien mußten frei nach-
gestaltet werden, wobei zwei alte Abbildun-
gen des Ofens Anhalrspunkte boten l.
Inzwischen war nämlich die Herkunft des
Ofens geklärt worden: er stammte aus dem
1915 demolierten Haus Wien XII, Herzen-
dorfer Straße 75. Also doch einem Beet-
hoven-, Wenn auch nicht Schwarzspanier-
haus; Legenden haben mit der Geschichte
gemein, daß sie meist zur Hälfte stimmen.
1823 hatte dieses Haus, damals Hctzcndorf
Nr. 32, Beethoven als Sommerquartier
gedient 2. Er arbeitete damals an der
Neunten Symphonie. Am 17. Mai war er
voll guter Erwartungen dorthin über-
siedelt, doch schon am 13. August verließ
et das Quartier geradezu fluchtartig. Schind-
ler hatte für ihn in Baden mieten müssen.
„E: in aber heuer früher a]; xpäler prerlo
prutixrimo man fährt van hier". Schindler
berichtet, Beethoven habe die häufigen
Verbeugungen des Hausherrn, Baron Ilrö-
nay, den er spaßeshalber Baron Müller
nannte 3, nicht langer ertragen; in Wahrheit
kollidierte das Ruhebedürfnis des Haus-
herrn mit dem lärmenden und doch überaus
empfindlichen Wesen des Mieters.
Sigmund Freiherr Prönay von Töt-Pröna
und zu Blathnitza (gest. 1848), Botaniker
und Blumenzüchter aus Passion wie schon
sein Vater4, hatte Haus und Garten 1816
erworben. Wie aus den im Wiener Stadt-
archiv bewahrten Gewähr- und Dienst-
büchern von Hetzendorf hervorgeht, war
die dem Schloß unmittelbar benachbarte
Liegenschaft, die als ein Viertl Lehm
behaarten Guth: bezeichnet wird, 1743 in
den Besitz Maria Theresias gekommen.
Im vorherigen Jahr hatte die Kaiserin das
Schloß, das damals Thunhaf hieß, vom
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