Ohne eine Grenzlinie ziehen zu können, gibt
es eine Anzahl jüngerer Architekten, die in einem
größerem Ausmaße noch „unterwegs" sind, die
sich nur am Rande in den breiten Strom des
Baugeschehens eingeschaltet haben, gleich-
wohl aber von Bedeutung sind - nicht zuletzt
durch ihr theoretisches Engagement.
Zu den Pionieren der Nachkriegssituation zählte
die Arbeitsgruppe 4. Seit 1964 sind die „Drei-
viertler" durch den Abgang Wilhelm Holzbauers
auf ein Zweimannteam reduziert. Der Auf-
tragsstand - wie leider so oft in Österreich -
ist den Fähigkeiten dieser „Gruppe", die nun
aus Friedrich Kurrent und Johannes Spalt be-
steht, keineswegs adäquat. Sicherlich, eine
vielleicht charaktervolle, aber sprode Dogmatik
und Systematik sind heute nicht sehr gefragt
und keine gute Startbedingung, um „ins Ge-
schäft" zu kommen. So ist es in den letzten
Jahren etwas stiller geworden um dieses am-
bitionierte Team. Seit dem ausgezeichneten Bau
des Kollegs St. Joseph in Aigen bei Salzburg
sind zwar keine richtungweisenden, aber doch
beachtliche Arbeiten entstanden, vor allem die
Fabrik „Terra" in Vosendorf bei Wien (Abb. 8).
Das Seelsorgezentrum Steyr-Ennsleiten (ge-
meinsam mit J. G. Gsteu) wird nun, nach einer
Bauunterbrechung von vielen Jahren, fertig-
gestellt. Die zahlreichen theoretischen Arbeiten,
Reflexionen und Projekte sind hierzulande leider
noch keine Legitimation, um zu größeren Auf-
trägen zu kommen: die „Neue Galerie" des
Kunsthistorischen Museums in der Stallburg,
das Gästehaus Wittmann sind die bescheidenen
Realisierungen, die neben zahlreichen interes-
santen Projekten stehen.
Wilhelm Holzbauer hat nach seiner Abspaltung
von der Arbeitsgruppe 4 durch seine Lehrtätig-
keit in den USA wesentliche Impulse aus
Amerika empfangen, die er sehr selbständig
verarbeitet hat. ln einer Reihe von Entwürfen,
vorwiegend Wettbewerbsarbeiten, hat er be-
wiesen, daß er zu den wichtigsten Kräften der
jüngsten Gegenwart in Österreich gehört.
Ihm scheint nun der Sprung zu größeren
Realisierungen zu gelingen. Das Bundesamt
für Eich- und Vermessungswesen in Salzburg
(Abb. 12) ist ein konkreter Auftrag des Bauten-
ministeriums, das interessante Projekt für ein
Volksbildungsheim in Salzburg-Aigen soll 1970
verwirklicht werden. Für die Gemeinde Wien
lieferte Holzbauer einen Vorschlag für Fertig-
teilbauten (System Camus), der neuerlich be-
weist, daß auch mit den Methoden der Pre-
fabrikation ein ansprechender menschlicher
Umraum geschaffen werden kann.
Projekte für das Ausland, darunter ein Vorschlag
für eine Hochhausgruppe in Chicago, sowie
die kürzlich erfolgte Verleihung des 1. Preises im
internationalen Wettbewerb für den Neubau
des Rathauses in Amsterdam (Abb. 11) werden
die internationale Anerkennung Holzbauers
weiter unterstützen.
Holzbauer hat sich nach seiner Trennung von
der Arbeitsgruppe 4 auch weiterhin für den
Kirchenbau interessiert; das Projekt für eine
Kirche in der Kendler-Siedlung in Salzburg
wartet auf die Realisierung.
Betrachten wir die Fülle neuer Kirchenbauten
der letzten Jahre, das unsichere, bisweilen
dilettantische Tasten, so scheint es über-
raschend, daß ein Architekt wie Ottokar Uhl,
der sich fundamental mit den Fragen des
Kirchenbaues beschäftigt, in Österreich kaum
auf größere ausgeführte Arbeiten verweisen
kann. Nach dem interessanten Versuch der
demontierbaren Kirche in Wien-Floridsdorf ent-
stand eine Notkirche aus Holz in Wien-Favoriten.
Die Vollendung der ausgezeichneten Kirche in
Taegu (Abb. 16) in Korea liegt nun schon
wieder vier Jahre zurück. Seither gab es Um-
bauten und Einrichtungen (Stift Melk), li-
turgische Neuordnungen und dazwischen immer
wieder Studien, Vorschläge, Aufsätze, Entwürfe
und Projekte (Kirche in Rodaun), die sich mit
der aktuellen Relation von Liturgie und ein-
fachen, konstruktiv bestimmten Räumen aus-
einandersetzen.
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