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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIV (1969 / Heft 103)

Berichte 
Informationen 
Aus der Kunstwelt Streiflichter 
 
Bundesmi isterium für Unterricht 
Besucherstatistik dar Slaatlichsn 
Museen und Kunstsammlungen 
Das Bundesministerium für Unterricht gibt i 
bekannt, daß in den ihm uvnerszehenden . 
Staatlichen Museen und Kunstsammlun- 
gen in den Monaten Jännel19G9 50.673 
und Februar 1969 60.872 Besucher ge- 
zählt wurden. 
48 
Kunsthistorisches Museum - 
Sekundärgalerie 
In sieben von insgesamt dreizehn da- 
für vorgesehenen Räumen im zweiten 
Stock wurde nach langwierigen Vor- 
bereitungsarbeiten der erste Teil der 
sogenannten „Sekundärgalerie" des 
Kunsthistorischen Museums eröffnet. 
Die 370 Bilder niederländischer Künst- 
ler des 16. und 17. Jahrhunderts stam- 
men aus den großen Depots des 
Institutes, die nach wie vor wesent- 
lich mehr Werke enthalten, als ver- 
mutlich je gezeigt werden können. Bei 
der von Dr. Elfriede Klauner geleiteten 
bleuaufstellung ging man von der 
Uberlegung aus, möglichst viele der 
bisher kaum bekannten Bilder dem 
Publikum zugänglich zu machen. Man 
vermied jedoch bewußt den Charakter 
einer reinen Studiensammlung. wie sie 
primär vom Wissenschafter benötigt 
wird, weil dadurch weder den Scheu- 
bedürfnissen eines internationalen Pu- 
blikums noch auch den Objekten 
selbst entsprechend Rechnung ge- 
tragen worden wäre. Der Weg, den 
man durch eine barock ausgerichtete. 
reihenweise Hängung einschlug, ist 
zweifellos ein Kompromiß, allerdings 
ein akzeptabler, da er den Gegeben- 
heiten doch einigermaßen befriedi- 
gend Rechnung trägt und - neben 
viel zweiter Ware - auch die Präsen- 
tation von Werken zuläßt, die in 
anderen Sammlungen qualitative 
Spitze bedeuteten. 
Anordnung und Gruppierung des 
Bestandes berücksichtigen ebenso- 
sehr historisch-wissenschaftliche Ge- 
sichtspunkte wie thematische und 
künstlerische Zusammengehörigkeit. 
Neben umfangreichen Restaurierungs- 
arbeiten und Neurahmungen erwiesen 
sich auch neue platzsparende Hänge- 
vorrichtungen (sie wurden von den 
Architekten Spalt und Kurrent ent- 
wickelt) als notwendig. 
Die seit 18. Dezember 1968 zugäng- 
liche Galerie enthält neben Werken 
der bereits erwähnten dominierenden 
niederländischen Schulen auch einige 
Bilder von holländischen und deut- 
schen Künstlern, soweit sie in stilisti- 
schem Zusammenhang mit der flämi- 
schen Malerei stehen. Die zweite 
Hälfte der Sekundärgalerie, die dieses 
Jahr in Angriff genommen werden 
soll, wird den nicht geringeren Bild- 
bestand italienischer Malerei auf- 
nehmen. Die Bilder in den sieben zur 
Besichtigung freigegebenen Sälen 
wurden entsprechend den unter- 
schiedlichen räumlichen Gegeben- 
heiten gruppiert, was eine strenge 
chronologische Abfolge ausschloß. 
So sieht man beispielsweise in Saal I 
die großformatigen Allegorien des Jan 
van den Hoeckes, eines der Hofmaler 
Leopold Wilhelms, während sich erst 
in den kleineren Räumen VI und VII 
die chronologisch früheren Bilder der 
Sammlung - Beispiele der Ant- 
werpener Malerei der ersten Hälfte 
des 16. Jahrhunderts, wie Hausaltäre, 
Andachtsbilder und Porträts - be- 
finden. Einige Namen aus diesem 
breiten, an Entdeckungsmöglichkeiten 
reichen Panorama abendländischer 
Kunst mügen dem Leser Anregung 
für einen baldigen Besuch sein: Daniel 
Seghers, J. van Oost, A. van Utrecht, 
D. Teniers d.J., Ryckaert, A. van 
Dyck, J. Breughel, P.Pourbus und 
R. Savery (Abb. 1, 2). 
Albertinu - Jacques Callot 
Der große, der geschichtlichen Ent- 
wicklung der graphischen Künste ge- 
widmete Ausstellungszyklus der Al- 
bertina hält gegenwärtig bei seiner 
fünften Station. Das Thema der mit 
827 Katalognummern mehr als um- 
fangreich ausgefallenen Dokumenta- 
tion (sie wurde von Dr. Eckhart Knab 
zusammengestellt) lautet: Jacques 
Callot und sein Kreis. 
Jacques Callot (1592-1635) kann 
als der hervorragendste Kupferstecher 
und Radierer des ersten Drittels des 
17.Jahrhunderts bezeichnet werden. 
Kennzeichnend für diesen Zeitab- 
schnitt war die enge Durchdringung 
der Schulen südlich und nördlich der 
Alpen, wie sie aus dem Werk von 
Callot selbst hervorgeht. Florenz, Rom 
und Venedig behielten ihre führenden 
Stellungen als Kunstzentren zwar 
weiter, der Einfluß nordischer und 
spanischer Künstler auf die „Formung 
neuer Stile und Inhalte" wurde jedoch 
in- und außerhalb Italiens zusehends 
größer und entscheidender. 
Der 1592 in Nancy als Sohn des 
Lothringer Wappenherolds geborene 
Künstler zeigte schon in sehr jungen 
Jahren eine außergewöhnliche zeich- 
nerische Begabung. Als Zwölfjähriger 
riß er von zu Hause aus und zog mit 
einer Zigeunergruppe nach Florenz. 
Als er bald darauf nach Rorn kam, 
wurde er jedoch von Kaufleuten er- 
kannt und seinem Vater nach Nancy 
zurückgebracht. Nach kurzer Aus- 
bildung bei einem Goldschmied seiner 
Heimatstadt war Callot vermutlich 
einige Zeit Schüler von Claude Israel 
Henriet und Jacques Bellange, dem 
von 1602 bis 1616 nachweisbaren 
Maler, Radierer und Festdekorateur. 
1608 ging Callot wieder nach Rom 
und vervollkommnete dort seine Aus- 
bildung als Kupferstecher bei Philippe 
Thomassin. 
Vier Jahre später übersiedelte Callot 
nach Florenz, wo er in die Schule 
und Werkstatt des universell begab- 
ten angesehenen Hof- und Theater- 
architekten Giulio Parigi eintrat. Parigi 
übte auf Callot denkbar nachhaltigen 
und vielseitig bestimmenden Einfluß 
aus. Uber ihn kam er auch mit Galileo 
Galilei in Berührung, der damals am 
Hofe der Medici lehrte. 
Jacques Callot wirkte in Florenz bis 
zum Jahre 1621. Er schuf in dieser 
Zeit nicht nur eine Vielzahl von Blät- 
tern aus dem Hof-, Theater- und 
Volksleben der Stadt, sondern ent- 
wickelte um 1617 auch eine neue 
Radiermethode, in der er Wirkungen 
der Federzeichnung erreichte. 
Dem Detailreichtum seiner minuziösen 
Darstellungen kam diese rasch Schule 
machende Technik sehr entgegen. 
Besonders prägnant und eindrucks- 
voll veranschaulicht das der „Jahr- 
markt von Santa Maria della Im- 
pruneta", eine 43x67 cm große Ra- 
dierung, die in ihrer handwerklichen 
Meisterschaft und „manieristischen 
Grazie" zu den historischen Spitzen- 
werken der Veduten- und Volks- 
lebendarstellung zählt. 
Von 1621 bis zu seinem Tode arbeitete 
Callot in seiner Vaterstadt. Hier voll- 
endete er unter anderem - von Nach- 
stichen der Florentiner Periode ab- 
gesehen - bereits vorbereitete Folgen 
wie die „ Gobbi", die ,.Große Passion" 
und die Bettlerserie. In seinem letz- 
ten, von der Pest und den Schrecken 
des Dreißigjährigen Krieges gekenn- 
zeichneten Lebensabschnitt in Nancy 
schuf der Künstler noch einige seiner 
bedeutendsten Zyklen, darunter die 
ausdrucksstarke Folge ,.Les Grandes 
Miseres de la Guerre", die bei Israel 
Henriet in Paris erschien. 
Callots umfangreiches Schaffen wirkte 
weit über die Grenzen seiner Heimat 
hinaus. Die durch 16 Leihgaben aus 
dem Kupferstichkabinett der Uffizien 
in Florenz komplettierte Ausstellung 
trägt diesem Umstand durch Einbe- 
ziehung von Werken vieler italieni- 
scher, deutscher, französischer 
niederländischer Künstler Recl 
(Abb. 3). 
Museum des 20.Jahrhundei 
Roland Goeschl 
Einen exemplarischen und ki 
Schritt in der Demonstration 
und unorthodoxer Möglichkeite 
Umweltgestaltung unternahm - I 
dem mit der Dreiländerausstt 
Trigon 67 die diesbezügliche 4 
reichische Pionierarbeit in Ricl 
Environment bereits von Graz 
leistet wurde - das Museurr 
20. Jahrhunderts in Wien. Es 2 
bis 23. März 1989 unter dem 
..Roland Goeschl - Work in Prog 
plastische Arbeiten, Objekte 
Zeichnungen des 1932 gebo 
Salzburgers, der in Wien die Me 
schule für Bildhauerei bei Fritz 
truba absolvierte und für die . 
1963 bis 1966 als Assistent Wot 
an der Wiener Akademie der bilde 
Künste tätig war. 
Goeschl, der dem engeren Krei 
Galerie nächst St. Stephan angi 
stellte in Wien erstmals 1962 
(Galerie Würthle). Seine Biogr 
verzeichnet von da an Kollektiver 
Ausstellungsbeteiligungen im ln- 
Ausland. darunter auch an de 
und IV. documenta in Kassel s 
der vorjährigen Biennale von Ver 
Seine ersten Arbeiten - zu 
kleine Bronzen, aufgebaut aus 
ganisch anmutenden, steinähnli 
Formen - hatten alle Bezug 
menschlichen Figur. Das Voka 
dieser Stehenden und Liegender 
jedoch schon damals ein üb- 
eigenständiges und freies, das 
Ansatzpunkte für die spätere, 
kalere Entwicklung in sich barg. 
Ab 1963 wandte sich Goeschl 
neunmonatigem Aufenthalt am I 
College of Art in London der I 
plastik zu, die schon von Archip 
als die "größte Wahrheit in der p 
schon Kunst" bezeichnet worden 
Entscheidend für diesen Schritt vi 
grundsätzliche bildnerische Probl 
sicherlich jedoch auch das U 
nügen an der zeitbedingten W 
der Patina, die eine Bronze-, S 
oder Holzplastik ungewollten 
änderungen unterwirft. Anders 
gedrückt: Goeschl wollte das, 
er machte, bis ins letzte in den 
bekommen. Die Farbe hat für ihl 
Funktion von Material und hängt 
der Dimension der Form ab, die i 
seits wieder in Relation zum Um 
steht. In der Farbgebung selbs 
blickt Goeschl „eine Steigerung 
Gehirntätigkeit des Menschen". 
Goeschls Farbskulpturen und Ob 
(zunächst nur in Blau und Rot, s 
jedoch auch in Gelb und neuerr 
Grün) waren von allem Anfang 
auf Aktivierung des Publikums 
die Sprengung der üblichen Gre 
räumlicher Vorstellungen und l 
tiken gerichtet. Ab 1965l66 wu 
Goeschls Arbeiten nicht nur in i 
Dimensionen größer, sondern 
radikaler in ihrer Folgerichtig 
Goeschl verwendet neben Holz 
Platten nun auch Kunststoffe 
Eisen. Die Skulptur im orthodi 
Sinn weicht immer mehr dem R2 
objekt, das provozieren soll und 
handene räumliche Gegebenhi 
umfunktioniert. 
Die Objekte, die Goeschl - beginn 
mit der 1967 gefertigten „Sackgz 
- im Museum des 20. JShYhUHi 
vorstellte, verdeutlichen in 
Summe sehr kompakt das gena 
Bestreben, welches man mit eir 
Phantasie und dank der demon 
tiven Krücke der Museumsüberl
	        
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