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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIV (1969 / Heft 103)

Professor Karl M. Swoboda - 
80 Jahre 
Am 28. Jänner 1969 beging der eme- 
ritierte Ordinarius für Kunstgeschichte 
an der Universität Wien, Karl Maria 
Swoboda, seinen 80. Geburtstag in- 
mitten eines großen Kreises von 
Schülern und Freunden aus dem In- 
und Ausland, die sich zu einer aka- 
demischen Feierstunde eingefunden 
hatten, 
ln Prag geboren, hat Karl M. Swo- 
boda seine Studien in dieser Stadt 
begonnen und in Graz fortgesetzt; er 
schloß sie in Wien bei Max Dvoräk 
ab, dessen Assistent er bis zum 
frühen Tode dieses großen Gelehrten 
blieb und dessen Hörerkreis er wäh- 
rend des folgenden lnterregnums, 
aber auch noch unter dem Ordinariat 
Julius v, Schlossers, weiter betreute. 
Schon 1919 hatte er eine bahn- 
brechende Arbeit über „Römische und 
romanische Paläste" publiziert, die 
n nach einem halben Jahrhundert - 
soeben als ergänzter Neudruck wieder 
vorgelegt wurde: gewiß ein bemer- 
kenswerter Sonderfall in der Ge- 
schichte einer Wissenschaft, deren 
rapide Entwicklung sonst auch die 
beste Forscherleistung schon nach 
wenigen Jahrzehnten überholt. 
1923 in Wien habilitiert und 1930 
zum a.o. Professor ernannt, wurde 
Karl M. Swoboda 1934 als Ordinarius 
an die Deutsche Universität in Prag 
berufen. Erst 1946 kehrte er wieder 
nach Wien zurück, um in dieser 
schweren Zeit die Leitung des Kunst- 
historischen Universitätsinstitutes zu 
übernehmen. Als anspruchsvoller, aber 
auch sich selbst nie schonender Lehrer 
hat er im Laufe seines Wirkens in 
Prag und Wien Generationen von 
Kunsthistorikern herangebildet, die 
nun schon ihrerseits in vielen Ländern 
verantwortungsvolle Posten beklei- 
den, Als weitblickender Organisator 
hat er nicht nur einige wichtige For- 
schungsprojekte und Publikations- 
reihen ins Leben gerufen, sondern 
auch eine personelle und materielle 
Ausstattung seiner Lehrkanzel er- 
kämpft, die heute dem Wiener Kunst- 
historischen Institut einen hervor- 
ragenden Platz im gesamten deut- 
schen Sprachraum sichert. 
Der Wissenschaftler Karl M. Swoboda 
ist stets außerordentlich vielseitig 
gewesen. In seinen großen Wiener 
Vorlesungszyklen hat er das utopisch 
anmutende Konzept einer „univer- 
saIen", alle wesentlichen Einzelerschei- 
nungen und Entwicklungszusammen- 
hänge integrierenden Kunstgeschichte 
wohl am eindrucksvollsten verwirk- 
licht. Doch auch sein gedrucktes Werk 
umfaßt Studien über so disparate 
Gebiete wie das frühe Mittelalter und 
die späte Gotik, den islamischen 
Kulturkreis und den abendländischen 
Barock. Osterreichische und böhmi- 
sche Denkmäler haben ihn ebenso ge- 
fesselt wie einzelne Hauptwerke der 
italienischen, flämischen und franzö- 
sischen Kunst. Kaum weniger viel- 
fältig sind die methodischen Anregun- 
gen, die ihm die Wissenschaft ver- 
dankt, am ertreulichsten aber ist, daß 
er an ihrem Fortschritt noch heute 
mit ungebrochener, vielbewunderter 
Schaffenskraft mitwirkt. 
Wer das Glück hat, dem Jubilar als 
Kollege oder Freund nahezustehen, 
sieht wohl auch den Zusammenhang 
zwischen diesen Leistungen und dem 
Mann, von dem sie gesetzt wurden. 
Sie sind nicht nur Früchte einer glück- 
lichen Begabung, in der sich seit 
jeher künstlerische Empfänglichkeit 
und intellektuelle Energie paarten, 
sondern auch das Ergebnis strenger 
Selbstzucht, eines unermüdlich nach 
Wahrheit, nach dem "Richtigen" und 
damit auch nach Gerechtigkeit stre- 
benden Charakters. Die Sache immer 
über die Person gestellt zu haben, 
immer eingetreten zu sein für das, 
was ihm richtig schien. hat Karl M. 
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Swoboda für seine Schüler und 
Freunde zu einer unbestechlichen In- 
stanz, zu einem Repräsentanten fast 
altrömischer „virtus" gemacht; zu- 
gleich mag es ihm hier und dort den 
Ruf der Unbequemlichkeit einge- 
tragen und den einen oder anderen 
billigen Erfolg gekostet haben. Zu 
seinem 80. Geburtstag darf ihm ie- 
doch bestätigt werden, daß er mit 
dieser Haltung nicht nur auf längere 
Sicht stets recht behalten hat, son- 
dern auch exemplarisch in die Zukunft 
wirkt - als Gelehrter wie als Mensch. 
Gerhard Schmidt 
Wiener Kunst in Tel Aviv 
Fünf Maler der ,Wiener Schule des 
phantastischen Realismus", nämlich 
Erich Brauer, Ernst Fuchs, Rudolf 
Hausner, Wolfgang Hutter und Anton 
Lehmden, stellten in der Zeit vom 
12. Jänner bis 22. Februar 1969 im 
Helena-Rubinstein-Pavillon des Mu- 
seums von Tel Aviv aus. Der Erfolg 
war ungewöhnlich. Dies ist um so 
bemerkenswerter, als am gleichen Ort 
in den letzten Jahren große Präsen- 
tationen unter anderem des Werkes 
von Pablo Picasso, Henry Moore, 
Vincent Van Gogh, Auguste Rodin 
und Fernand Leger stattfanden, auch 
eine Ausstellung kinetischer Kunst 
und eine andere, die den entscheiden- 
den Malern des internationalen Sur- 
realismus galt. Das Publikum von 
Tel Aviv konnte Maßstäbe entwickeln. 
Sein Interesse an bildender Kunst ist 
außerordentlich groß. Die dortige 
Picasso-Ausstellung z. B. hatte 
220.000 Besucher, die Wiener Picasso- 
Schau nur 80.000 (Tel Aviv ist eine 
Stadt mit 800.000 Einwohnern, was 
weniger als die Hälfte der Einwohner- 
zahl von Wien bedeutet). 
Dr. Haim Gamzu, ein Mann von 
außerordentlicher Tatkraft, Museums- 
direktor, Kunsthistoriker und oftmals 
Biennalekommissar seines Landes in 
Venedig und Sao Paulo, war im 
Sommer des vergangenen Jahres in 
Wien, um die Ausstellung anzuregen 
und erste Verhandlungen zu führen. 
Er ist Vizepräsident der ,.Association 
Internationale des Cri 'ques d'Art". Er 
baut ein neues Haus, das im Rohbau 
schon fertig ist, um vieles größer als 
der Rubinstein-Pavillon und das 
Dizengoff-Haus des Museums, das 
Gamzu gleichfalls leitet (dort war zur 
Zeit der Eröffnung der Wiener Präsen- 
tation eine Ausstellung amerikanischer 
Plakate zu sehen und eine andere, die 
israelischer Kinderkunst galt). 
Das neue Museum soll im Jahre 1970 
eröffnet werden. Das zentrale Ge- 
bäude hat einen großen Saal als 
Mittelpunkt. Er wird von vier Pavillons 
umgeben, deren jeder 450 m1 Boden 
bedeckt. Ein Auditorium für 1500 
Plätze soll Aufführungen von Kam- 
mermusik, einem Experimenttheater 
und einem Filmklub dienen. Ange- 
schlossen sind ferner ein Vortragssaal 
für 180 Plätze, ein graphisches Kabi- 
nett und eine Kunstbibliothek sowie 
eine Cafeteria. Ein großer Garten, in 
dem Skulpturen gezeigt werden, um- 
gibt das Gebäude. Im zweiten Stadium 
ist ein Museum für Jugendliche ge- 
plant, welches der Kunsterziehung 
dienen soll. _ 
Gamzu ist ein Freund Osterreichs. In 
seinem neuen Museum will er auch 
einen Saal einrichten, welcher der 
Kunst unseres Landes im 20. Jahr- 
hundert gilt. Unabhängig davon, 
möchte Dr. Gamzu in besonderen 
Ausstellungen Kokoschka, Schiele und 
Klimt präsentieren. 
Die Schau der „Wiener Schule des 
phantastischen Realismus", die vorn 
Unterrichtsministerium gemeinsam mit 
dem Tel Aviver Museum veranstaltet 
wurde, kam auch bei der Presse gut 
an. So meinte zum Beispiel das Blatt 
„Yedoth Achromoth" am Schluß eines i 
langen und reich bebilderten Be- 
richtes: „Die rund 90 ausgestellten 
großen Werke sind mit erstaunlicher 
realistischer Exaktheit und Technik 
ausgeführt, die in sich eine ,Sym- 
phonie phantastique' erschließen, bei 
deren Konfrontation man sich dabei 
ertappt, mit lauter Stimme gedacht zu 
haben: Welt, ein wundervoller Wahn l" 
Mit dem Satz: „Dies ist eine der 
schönsten Ausstellungen moderner 
Kunst, die man bei uns seit langem 
sah; ieder einzelne Künstler greift ans 
Herz durch seine besondere Künstler- 
schaft", beginnt das Referat der 
großen Tageszeitung .Maariv". Und 
..Yedioth Chadashoth", eine Zeitung, 
die in deutscher Sprache erscheint, 
sekundiert: „Die Ausstellung darf als 
eines der prominenten Kunstereignisse 
dieser Saison bezeichnet werden." 
Ahnlich äußern sich etliche andere, 
in hebräischer Sprache erscheinende 
Blätter. 
Die erste Auflage des Katalogs, 
3000 Exemplare, war binnen kurzem 
vergriffen. Die zweite Auflage fand 
ebenfalls raschen Absatz. Der Preis 
des Katalogs ist 3 israelische Pfund 
(24 österreichische Schilling), der 
Eintrittspreis 2 israelische Pfund 
(16 österreichische Schilling). Für 
organisierte Gruppen, Arbeiter und 
Angestellte, beträgt er die Hälfte. Die 
Politik des Museums ist unter ande- 
rem dadurch gekennzeichnet, daß 
Studenten und Kinder Jahreskarten 
zum Preis von 24 Schilling bekom- 
men, für die sie alle Ausstellungen 
besuchen können. Diese Gruppen 
machen 35 bis 4096 aller Besucher 
aus. 
Es gibt einen Verein der „Freunde des 
Museums" mit tausenden von Mit- 
gliedern. Für sie ist der Eintritt zur 
Ausstellung frei. Viele Schülergruppen, 
die aus den Neueinwanderersiedlun- 
gen mit ihren Lehrern ins Museum 
kommen, zahlen nur einen symboli- 
schen Eintrittspreis, und es ist sogar 
schon geschehen, daß das Museum 
die Fahrspesen für diese Kinder 
trug. 
Zu dem Geist, von dem die Führung 
des Museums beseelt ist, gehört unter 
anderem, daß jeder Lehrer, der mit 
einer Gruppe von mehr als 20 Schülern 
kommt, vor dem Besuch der Aus- 
stellung einen Katalog gratis erhält, 
damit er sich informieren und vor- 
bereiten kann (Abb. 11, 12). 
Johann Muschik 
C. Koligs Großer PIexi-Plastik- 
Baukasten 
Unter dieser eher trockenen, Bastlerassozia- 
tionen weckenden Bezeichnung brachte 
Cornelius Kolig, der aus Kärnten gebürtige, 
zuletzt durch eine Einzelausstallung in Schloß 
Farz bekannte Plastiker und Designer, zum 
Jahresauftakt den Prototyp 3 seiner in gleicher 
Weise eigenständigen wie eigenwilligen Serie 
limitierter Auflagenobjekte heraus. Die in 
dreißig Exemplaren erhältliche, in wirkungsvoll 
aufeinander abgestimmten Schocklarben ge- 
haltene lnnenraumplastik kostet samt unter- 
einander austauschbaren Zusatzelementen 
3359.? Schilling - ein, schon in Anbetracht 
der hohen Materialkosren, echt österreichi- 
scher Preis. Ob die im Prospekt verheißenen 
3296 gestalterischen Varianten freilich von 
jedem Käufer durcherprobt werden, 
wohl ebenso sehr eine Frage der Zeit sein 
wie die generelle Popularisierung derartiger 
- auf Wunsch sogar mit elektronischen Blink- 
anlagen ausgestatteter - avantgardistische! 
Extravaganzen (Abb. 13). 
durfte _
	        
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