nach rechts (OStCnP), wobci deutlich ein
Wendeltreppenportal in den „oHenen" Be-
reich führte. An der Hinterfront des Ka-
pellengrundrisses ist deutlich eine nach
Westen führende Mauer zu erkennen, die
Nordwestecke bleibt offen. Beim Kapellen-
entwurf fehlt eine Wendeltreppe, die zur
Empore führt. Ohne Zweifel sind die bei-
den Rißgruppcn für eine konkrete bauliche
Situation geschaffen. Sie können keinesfalls
als Idealplanungen oder Studienblätter be-
zeichnet werden.
LÖSUNGSVERSUCH (Abb. 7, 8)
Da: Wiener Landbau: und die Rißgruppe 21,
21 R, 283 R murie 12, 12 R um! 220
Wenn man die zur Debatte stehenden Riß-
gruppen aus zwingenden Gründen nicht
mit dem Entwurf für ein Wiener Rathaus
in Verbindung bringen kann, so stellt sich
natürlich die Frage, für welches andere
große Gebäude dann diese Risse entworfen
wurden. Die Wappenreihen, die sowohl auf
dem großen Fassadenriß wie auch auf der
Kapellenwand zu sehen sind, sind für die
Regierungszeit Friedrichs III. durchaus
typisch, da dieser Herrscher sich geistig
als Nachfolger seines Großonkels Ru-
dolf IV. betrachtete und mit diesen Wap-
penwänden immer eine geheime Ambition
oder auch einen offenen Anspruch verband.
Wir haben festgestellt, daß am großen
Fassadenriß nicht weniger als 20 Wappen
zu sehen sind und daß sich diese Reihe mit
Sicherheit noch nach rechts fortgesetzt
haben muß. Nachdem es absolut gesichert
ist, daß die erste Planung nach einer Seite
erweitert werden sollte und man sicher
nicht einen ersten Bauabschnitt geplant
hätte, falls nur eine weitere l-Iauptachse
folgen sollte, müssen wir nach der Breite
der Parzelle mit großer Wahrscheinlichkeit
zwei weitere Hauptachsen als Erweiterung
ergänzen. Damit kämen also noch zweimal
8 Wappen dazu. Man kommt somit auf
die Zahl von 36 Schilden. Nun ist uns aber
bekannt, daß 1458 ein Gremium der Land-
stände konstituiert wurde, das aus 4 Ver-
wesern und einem ständigen Ausschuß mit
32 Mitgliedern bestand. Eine Durchfüh-
rung des Planes wäre aber frühestens 1463,
nach dem Tode Albrechts VI., des großen
Widersachers Friedrichs III., möglich ge-
wesen. Doch waren die Parteiungen inner-
halb der Landstände damals so unerfreulich,
daß die großen Pläne, wie so vieles, was
dieser Kaiser plante - man denke nur an
sein überdimensionales Grabmal - nicht
mehr zu seinen Lebzeiten realisiert werden
konnten.
Offen bleibt zunächst allerdings, ob diese
große Planung auf dem Areal der Land-
stände zwischen Herrengasse und Mino-
ritenplatz verwirklicht werden sollte. Kon-
kreter müßte man untersuchen, ob dieses
Projekt an dieser Stelle überhaupt realisier-
bar ist, ob etwa vorhandene ältere Grund-
mauern berücksichtigt werden rnußten oder
ob in den vorhandenen Grundmauern des
derzeitigen Landhauses noch Spuren zu
finden sind, die auf einen derartigen Plan
schließen lassen.
n;
R. Feuchtmüller schreibt über diesen Ge-
genstand, daß dieses Kapitel der Ent-
stehungsgeschichte des gotischen Land-
hauses dunkel sei und die Grundmauern
des Landhausfiügels am Minoritenplatz
vermutlich auf die Zeit zurückgehen, als
Anton Pilgram (nach Oettinger 1513) die
Gewölbe in der Tordurchfahrt (heute Ka-
pelle) und der Torwächterstube geschaffen
hat. Das gesamte damalige Landhaus jedoch
spricht Feuchtmüller im wesentlichen als ein
Werk der frühen Renaissance an.
Die Lösung des schwierigen Problems kann
nur dann erfolgen, wenn klargestellt ist,
daß das niederösterreichische Landhaus zur
Gänze ein Neubau aus der Epoche nach
1513 ist, da die Landstände das Areal des
Liechtensteidschen Freihauses urkund-
lich erst 1513 ankauften. Dieses erstreckte
sich von der Herrengasse bis etwa auf die
halbe Tiefe des heutigen Landhausareals.
Die anschließende Fläche bis zum Mino-
ritenplatz war bis zum Besitzwechsel Garten
des Minoritenklosters. Auf diesem Grund-
stückteil wurde in der Folge der bestehende
Landhausbau errichtet. Zur Erweiterung des
Bauplatzes wurde noch 1539 die westliche
Nachbarparzelle dazugekauft und darauf
ein Seitenfiügel des Landhauses errichtet.
Auf dem Stadtplan des B. Wolmuet, 1547
(Abb. 9, lO), ist bereits die ganze Parzelle
zwischen Herrengasse und Minoritenplatz
in Besitz der Landstände. Nach Lage der
Besitzverhältnisse konnte man aber um 1480
den gotischen Profanbau am ehesten in der
Mitte des Areals zwischen Herrengasse und
Minoritenplatz lokalisieren, während die
Kapelle wohl weiter südlich beim Mino-
ritenplatz errichtet werden sollte.
Auf dem Vogelperspektive-Stadtplan des
Josef Daniel Huber aus dem Jahr 1785
(Abb. 11) ist die Hoffront des Haupt-
gebäudes des Landhauses, das zu dieser
Zeit noch etwa in dem Zustand der Zeit
nach 1500 war, deutlich zu erkennen. Man
sieht im Erdgeschoß eine Tordurchfahrt,
darüber zwei auffallend große Fenster eines
Saales, im Obergeschoß vier kleine Fenster.
Sowohl in der linken wie in der rechten
Hofecke sind Wendeltreppentürme ange-
ordnet. In der Mitte des Hauptiiügels er-
hebt sich ein bedeutender Dachreiter mit
barocker Haube. Geschoßteilung und Wen-
deltreppenanordnung zeigen hier auffal-
lende Analogie mit der Grundrißdisposi-
tion der Risse 21 R und 28311 auf, was
darauf hinzuweisen scheint, daß in dem
Bauwerk von 1513, das erst um die Jahr-
hundertmitte vollendet wurde, immer noch
das Bauprogramm aus der Zeit Fried-
richs III. im System beibehalten wurde. Da
die Planrisse 21, 21 R und 283R ebenso
wie die Gruppe der Kapellenrisse (12, 12 R
und 220) fraglos eine konkrete Bauplatz-
gegebenheit voraussetzen und das Areal des
„Alten Rathauses" hierfür mit Sicherheit
nicht in Betracht kommt, ergibt sich die
große Wahrscheinlichkeit, daß wir es bei
diesen Zeichnungen mit einem etwas zu
großzügig konzipierten Plan für das Haus
der niederösterreichischen Landstände zu
tun haben.