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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIV (1969 / Heft 105)

das Programm des Museums des 
20. Jahrhunderts knapp vor dem 
Abgang Werner Hofmanns nach Ham- 
burg einen überregional bedeutsamen 
Akzent. Die von dem holländischen 
Musikwissenschafter Clemens von 
Gleich zusammengestellte Ausstel- 
lung war auf ihrer ersten Station in 
Den Haag zu sehen. Für Wien wurde 
sie umfangmaßig etwas erweitert. Ihr 
zeitliches Zusammentreffen mit den 
Wiener Festwochen und dem 14. In- 
ternat. Musikfest der Wiener Konzen- 
hausgesellschaft, das diesmal dem 
Dreigestirn der heute in ihrer welt- 
weiten Bedeutung anerkannten Wie- 
ner Schule (Schönberg, 1874-1951; 
Webern, 188571935; Berg, 1885 bis 
1935) galt, hätte kaum besser pro- 
grammiert werden können. 
Da sehr viele und zum Teil durchaus 
bedeutende Werke der Malerei und 
Graphik in die Exposition aufgenom- 
men wurden, reichte sie über eine 
konventionelle „Musikausstellung" 
jedenfalls weit hinaus. Dies galt 
primär für die 23 Bilder und Zeich- 
nungen Arnold Schonbergs, die - 
ohne sie deshalb überzubewerten - 
einen interessanten Beitrag zur öster- 
reichischen Malerei knapp nach der 
Jahrhundertwende darstellen und 
noch in vielem der Entdeckung harren. 
Schönberg, von dem rund 90 Ge- 
mälde und Zeichnungen bekannt sind, 
war eng mit Richard Gerstl befreundet. 
was naturgemäß zu gegenseitiger 
Beeinflussung und ständigem Ge- 
dankenaustausch führte. Daß Gerstl 
in der Malerei der Stärkere war. 
steht allerdings eindeutig fest. Im 
Mittelpunkt der Schau standen so 
auch Gerstls Porträts mit den beiden 
weitestgehend abstrahierten Bildern 
der Familie Schönberg aus 1907 an 
der Spitze. 
Daß man auf wichtige Werke von 
Kokoschka und Schiele ebenso wie 
auf wesentliches Material aus dem 
Webern-Archiv verzichten mußte, war 
bedauerlich, wurde jedoch bis zu 
einem gewissen Grad durch Wieder- 
entdeckungen wettgemacht wie sie 
etwa die Zeichnungen von Benedikt 
F. Dolbin darstellten, einem schon seit 
Jahrzehnten in New York ansässigen 
österreichischen Maler, der heute 
weit über die achtzig sein dürfte. Der 
zweite wesentliche Akzent der Schau 
lag bei den Autographen, die - in 
ersten Skizzen, teilweise ausgearbei- 
teten Partituren und vollständigen 
Kompositionen - annähernd eine 
Ubersicht des Gesamtschaffens von 
Schönberg, Webern und Berg ver- 
mittelten. 
Wiener Secession - Peter Bischof. 
Mira Haberernova, Linz im Bild 
Seine bisher größte und eindrucks- 
vollste Personalausstellung zeigte Pe- 
ter Bischof (Abb. 1) in der Wiener 
Secession. Der 1934 in Wien ge- 
borene Maler schob sich mit der 
ansprechend arrangierten Schau (Ge- 
staiturig: Architekt Johannes Groeb- 
ner) vehement in den Vordergrund 
der österreichischen Kunstszene, die 
ihm dank entsprechender Intrigen 
lange genug jenen Platz vorenthielt, 
der Bischof auf Grund seines Kön- 
nens und seiner Konsequenz zu- 
kommen hätte müssen. 
Bischof, der bei Gütersloh und Boeckl 
studierte (bei Boeckl besuchte er den 
für ihn so wichtigen Abendakt), war 
von allem Anfang an ein behutsam 
vorgehender Maler, der sich immer 
und sehr genau Rechenschaft über 
50 
iuolrazs, einer Lell, in oer er uiioer 
schuf, die in wesentlichen Grund- 
zügen mit der Malerei eines De Koo- 
ning, Kline und Soulages verwandt 
waren. Pierre Restany, der ebenso 
bekannte wie wandlungsfahige Kri- 
tiker der französischen Avantgarde, 
assistierte 1959 Bischofs gestisch 
bestimmtenAbstraktionen„innerlichen 
und geheimnisvollen Rhythmus", der 
im Vergleich zur „Rebellion der 
action-painter" „reinerer Notwendig- 
keit" gehorcht. Von den Bildern 
dieser Periode war allerdings in der 
Secession nichts zu sehen. Sind sie 
Bischof, der sich seither immer 
stärker zur Figur hinwandte, nicht 
mehr wichtig genug, oder glaubte er, 
daß sie dem Aufzeigen einer selten 
anzutreffenden Konsequenz im Wege 
stünden? Was immer auch der Grund 
dafür gewesen sein mag, sie hätten 
nicht fehlen dürfen, dokumentieren 
doch gerade sie in ihrer Unver- 
brauchtheit eine Ausgangsposition, 
die über vieles mit größerer Perfektion 
zu stellen ist. 
Die 54 Malereien und 40 Hand- 
Zeichnungen, Werkskizzen sowie 
Druckgraphiken, mit Entstehungs- 
daten ab 1963, die Bischof für diese 
Exposition auswählte, ergaben einen 
kompakten Querschnitt. Aus ihm 
resultiert die Wandlungsfähigkeit des 
Künstlers demonstriert an Variationen 
weiblicher Körper, aber auch seine 
malerische Sensibilität und seine 
immer interessanter werdenden Va- 
leurs und Formfindungen im Gra- 
phischen. Peter Bischof erweist sich 
in der für ihn signifikanten Beschrän- 
kung - sie findet im Thematischen 
und in der Wahl seiner Lieblings- 
farben Blau, Braun und Gelb statt - 
als Meister, der genau weiß, daß oft 
mit weniger mehr erreicht wird. Ein 
gewisser Hang zum Barocken, zu 
vielschichtigem, differenziertem Fa- 
bulieren ist ihm nicht abzusprechen. 
Das Sujet animierte schon vor ihm 
dazu und wird seine Schuldigkeit 
auch weiterhin tun. Bisweilen geht 
dieses Zuviel freilich auf Kosten 
einer geschlosseneren Bildwirkung 
und führt auch zu gelegentlicher 
Monotonie. In der Regel bekommt 
Bischof jedoch das, was er anstrebt, 
sehr präzise in den Griff. 
Bischofs Malerei und Graphik er- 
weist sich gerade in ihrer Beschrän- 
kung als beziehungsreich, offen, ja 
verschwenderisch. Sie besitzt Vitali- 
tät und beschwört den weiblichen 
Sexus in nobler Offenheit mit den 
bildnerischen Mitteln von heute. Den 
Akzentverschiebungen und Wandlun- 
gen in den delikaten Radierungen 
kommt dabei als Weichenstellung für 
Zukünftiges besondere Bedeutung zu. 
Eine Ausstellung mit vielen guten 
und sehr guten Bildern. Ein Maler. 
der gehalten hat, was er versprach. 
Lebensgroße Stoffpuppen, zu einem 
makabren Pop-Ensemble mit Prater- 
atmosphäre gruppiert, in Kästen ge- 
steckt bzw. in Reih und Glied an die 
Wand gehängt, zeigte die Preß- 
burgerin Mira Haberernova in der 
Kellergalerie der Wiener Secession. 
Die junge Künstlerin, die in ihrer 
Heimat auf eine stattliche Anzahl 
öffentlicher Auftragsarbeiten und 
Ausstellungsbeteiligungen hinweisen 
kann, unternimmt mit ihren „toll- 
patschigen Wichtelwesen und knopf- 
äugigen Haushaltsgeistern" (Otto 
Breicha) den Versuch, gängigen Aus- 
stellungspraktiken eins auszuwischen. 
Das Skurrile, Verfremdete feiert in 
bekannt, daß in den ihm untersteht 
Staatlichen Museen und Kunstsarrtl 
gen in den Monaten Mai 1969 8 
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