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hen. Doch Baukunst braucht heute und
morgen dies alles als faszinierende An-
regung und grundlegende Ergänzung.
Wörtlich heißt es in seinem Buch „Wenn
s
wir weiterleben wollen . . f :
„Der Architekt muß sich auch weiterhin
reichlich auf seine intuitive Einsicht ver-
lassen. Oft spielen bei ihm in einem
einzigen Augenblick Milliarden neuralcr
Engramme der Vorzeit (Einzeichnungen
des Erbgedächtnisses, d. V.) und des ln-
dividuallebens (innerhalb des Kausalge-
dächtnisses festgehaltene Reste persönlicher
Erlebnisse, d. V.) schöpferisch zusammen.
Manchmal vollbringt er seine schöpferische
Arbeit in Bruchteilen einer Sekunde, so
blitzschnell wie überhaupt nur ein mensch-
liches Gehirn Dinge und Ereignisse erleben
und fruchtbar vollbringen kann. Ganz
offenbar ist, was man Kunst nennt, die
Kunst eines baulichen Gestaltgebens, nicht
durch analytisch messende Wissenschaft
und konstruierende Technik einfach zu
ersetzen. Während der individuelle Vor-
gang des künstlerischen Schaffens Wegen
seiner ungezählten, feinen, variablen Im-
ponderabilien wohl noch für lange, viel-
leicht für alle Zeiten jenseits rationaler
Wissenschaft bleiben wird, kann für weit-
reichende Zwecke des umsichtigen Er-
zeugens und des verständigen Konsu-
mierens einer in unserem industriellen
Zeitalter geformten Umwelt die Physio-
logie, die nun so weit über frühere Kenntnis
hinausgehende Wissenschaft vom Leben,
als Heilbrunnen verschrieben werden. In
vielen praktischen Entscheiden ist sie sogar
unsere ganze Hoffnung.
Der Architekt muß vor allem lernen, die
Wissenschaft als Grundlage und Korrektiv
zu achten, aber als Künstler wird er sie
nicht einfach ,einsptitzen'."
Das ist Erlebtes aus seiner eigenen weit-
bedeutenden Arbeit.
Richard Neutras Bauten stehen mit er-
strebter und ersehnte: Naturnähe am son-
nigen Strand Kaliforniens, im Eis und
Schnee der Berner Alpen, auf tropischen
Inseln der Karibischen See und des Pazi-
fischen Ozeans, in den Wüsten West-
amerikas mit ihren ehedem extrem gefähr-
lichen Sandstürmen und Hitzegraden, die
nun die Kunst und Technik des Architekten
bewältigen, an milden oberitalienischen
Seen, in der gemäßigten Zone Europas
und Amerikas und in einstigen Dschungel-
gebieten am Brahmaputra oder der ma-
laisischen Westküste. 3000, 5000, 20.000 km
liegen sie voneinander entfernt. Diese
Bauten clicnen den verschiedensten Zwek-
ken, dem Wohnen, der Verwaltung, der
industriellen Arbeit, der Erziehung, dem
,
........,.,:u„,.