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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIV (1969 / Heft 107)

VVIIIIUIIII IVIIÖLUK 
ISUNSTPOLITIK IN 
OSTERREICH (II) 
Bildende und angewandte Künste in der 
Zweiten Republik 1545 bis 1968 
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siebeniähriger nationalsozialistischer Herrschaft, 
in der die Künste entgegen den Versprechungen 
wenig bedeuteten, die Gründung der Zweiten 
Republik. Das am 1. Mai 1945 erlassene Ver- 
fassungsgesetz bestätigte das neuerliche Wirk- 
samwerden der Bundesverfassung vom Jahre 
1920 in der Fassung vorn Jahre 1929. Nach den 
am 25. November 1945 durchgeführten Wahlen 
erhielt das von den vier Alliierten besetzte Land 
eine Konzentrationsregierung, die es wagen 
konnte, den Wiederaufbau des neuen Staats- 
wesens, der Zweiten Republik, zu beginnen. 
Das für die Kunstförderung zuständige Bundes- 
ministerium für Unterricht versuchte, zunächst 
zusätzliche finanzielle Mittel zu bekommen. Man 
griff auf altbewährte Maßnahmen zurück und 
führte 1946 den Ravagschilling und 1947 die 
Künstlerbriefmarken wieder ein. Ein absolutes 
Novum stellte die Empfehlung des Bundes- 
kanzlers Karl Renner vom Jahre 1947 dar, ein 
Prozent der Bausumme für Hochbauten für deren 
künstlerische Ausstattung zu verwenden. 1949 
wurde das Kulturgroschengesetz erlassen, das 
bis zum Jahre 1964 währte und eine Abgabe 
pro Kinobesucher war, die den kulturellen Be- 
strebungen des Bundes und der Länder zugute 
kommen sollte. 
Die erste Aktivität auf dem Gebiete des Aus- 
stellungswesens ging vom Österreichischen Mu- 
seum für angewandte Kunst aus, das wieder 
zum Unterrichtsressort zurückgekehrt war. Von 
den Bomben nur wenig zerstört, veranstaltete 
es mit Hilfe der Besatzungsmächte die ersten 
Ausstellungen in Wien. Noch 1946 zeigte man 
.250 Künstler des Pariser Salon d'Automne" und 
eine große Schau .,Österreichische Kunst vom 
Mittelalter bis zur Gegenwart I". 1947 folgten 
.,Meister der französischen Malerei", die ,Aus- 
stellung sowjetischer Malerei" und _Österreichi- 
sche Kunst vorn Mittelalter bis zur Gegen- 
wart ll". lm Oktober 1948 wurde die Ausstellung 
..Der Stephansdom" eröffnet, die die einmalige 
Bedeutung und unbedingte Wiederherstellung 
dieses Wiener Wahrzeichens bewußt machen 
sollte. Mit diesem aus der Situation sich er- 
gebenden Ausstellungsprogramm hatte man die 
Wiener nicht nur mit den in West und Ost 
gültigen Strömungen der Malerei bekannt ge- 
macht. sondern den Besatzungsmächten gleich- 
zeitig auch die österreichischen Leistungen vor 
Augen geführt. Diese Konfrontation, bei der 
Österreich nicht ungünstig abschnitt, war wohl 
die bemerkenswerteste kunstpolitische Aktion 
der vierziger Jahre. Gleichsam als Dank und 
Anerkennung für die westliche Hilfe sandte man 
noch 1946 eine Ausstellung .Meisterwerke aus 
Österreich" nach Zürich, die die prominentesten 
Kunstwerke aus den Wiener Museen vereinte. 
Sie fand so viel Anklang, daß sie in den folgenden 
Jahren in allen europäischen Kunstzentren ge- 
zeigt wurde und schließlich nach Amerika ging. 
Erst im Jahre 1953 hatten dann die Wiener 
Gelegenheit, ihre seit 1939 nicht mehr ausge- 
stellten Kunstwerke im Kunsthistorischen Mu- 
seum wiederzusehen. In Fortsetzung der Kon- 
frontationspolitik brachte das Österreichische 
Museum für angewandte Kunst im Jahre 1949 
eine große Ausstellung "Französische Wand- 
teppiche - heute", die die Leistungen aller be- 
deutenden Künstler und Manufakturen auf die- 
sem Gebiete umfaßte. Von dieser Ausstellung 
ging eine nachhaltige Wirkung aus. Sie wurde 
für einige junge österreichische Künstler zum 
Anlaß, sich mit der Bildwaberei zu befassen. Die 
inzwischen zu internationalem Ansehen auf- 
gestiegene Gruppe der Wiener Selbstweber 
nahm von dieser Ausstellung ihren Ausgang. Im 
Jahre 1952 folgte dann am gleichen Ort eine 
große Schau "Soziale Wohnkultur". Damit setzte 
das Museum ein altes Anliegen fort, das durch 
die Zerstörungen des zweiten Weltkrieges be- 
sonders aktuell geworden war. An zahlreichen 
Beispielen von namhaften Architekten wurden 
Lösungen zum Problem einer neuzeitlichen 
Wohnkultur vorgestellt. 
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und bezog den von Josef Hoffmann erbauten 
Pavillon. Die angewandten Künste folgten im 
Jahre 1951 mit einer großen Repräsentation auf 
der Mailänder Triennale. Das Österreichische 
Museum für angewandte Kunst jedoch eröffnete 
nach Wiederherstellung der Räume im Jahre 
1949 einen Teil seiner Schausammlungen. 
Die Aktivität der vierziger Jahre fand in der 
ersten Hälfte der fünfziger Jahre nur eine be- 
scheidene Fortsetzung. Die 1903 als „Moderne 
Galerie" gegründete und 1921 mit den modernen 
Beständen des Kunsthistorischen Museums ver- 
einigte „Österreichische Galerie" im Oberen Bel- 
vedere wurde nach Fertigstellung der Instand- 
setzungsarbeiten des schwerste Bombenschäden 
aufweisenden Hauptgebäudes im Jahre 1953 
zu einem Museum österreichischer Kunst um- 
gewandelt. Die Bestände an moderner inter- 
nationaler Kunst wurden dem Kunsthistorischen 
Museum wieder zurückgegeben. Sie mußten 
bis zum Jahre 1966 deponiert bleiben, bis man 
sie erstmals in der Hofburg ausstellte. Im Jahre 
1968 erhielten sie dann in den für Ausstellungs- 
zwecke adaptierten Räumen der ehemaligen 
Stallburg als „Neue Sammlung des Kunsthistori- 
sehen Museums" ihr endgültiges Domizil. 
An Preisen wurden 1950 wieder der Große öster- 
reichische Staatspreis als Würdigung eines 
Lebenswerkes und die Staatspreise als Förde- 
rungs- und Anerkennungspreise eingerichtet. 
Gleichzeitig wurde der Kunstsenat ins Leben 
gerufen, ein Gremium, das unter anderem auch 
über die Vergabe des Großen österreichischen 
Staatspreises zu entscheiden hat. 
In die ersten Nachkriegsjahre fiel auch die 
Gründung des Internationalen Art-Clubs in 
Österreich. Im Jahre 1948 zeigte er seine erste 
Ausstellung in der Zedlitzhalle und erbrachte 
damit den Beweis, daß trotz Krieg und ideologi- 
schem Terror die Moderne sich lebendig erhal- 
ten hatte. Mit seiner „Strohkoffer-Galerie" in der 
Loos-Bar wurde er zum Zentrum aller progres- 
siven Kräfte in Wien, verlor aber bereits in den 
fünfziger Jahren seine Bedeutung und stimu- 
lierende Funktion. Diese übernahm im Jahre 
1954 der um Monsignore Otto Mauer gruppierte 
Künstler- und Freundeskreis mit der Gründung 
der Galerie St. Stephan, die bis zum heutigen 
Tage aktiv geblieben ist. Mit ihren Ausstellungen 
und Veranstaltungen trägt sie gleich der Galerie 
im Griechenbeisl sowie einigen kleinen Galerien 
zur Belebung der Wiener Kunstszene bei. 
Der am 15.5.1955 abgeschlossene Staats- 
vertrag, der die Wiederherstellung eines unab- 
hängigen und demokratischen Österreichs ga- 
rantierte, wirkte sich auf allen Lebensgebieten 
aktivierend aus. Vor allem das Ausstellungs- 
wesen erhielt einen neuen Auftrieb. Neben den 
Museen standen jetzt auch die Gebäude der 
Secession und des Wiener Künstlerhauses für 
Ausstellungszwecke zur Verfügung. Als Ver- 
anstalter von Ausstellungen trat neben dem 
Bundesministerium für Unterricht, den Museen 
und Künstlervereinigungen jetzt auch die Oster- 
reichische Kulturvereinigung in Erscheinung. Die 
private Initiative einiger prominenter Wirtschafts- 
unternehmen führte schließlich rrn Jahre 1957 
zur Gründung eines nlnstitutes zur Förderung 
der Künste in Österreich". lm Jahre 1959 trat 
dieses mit einer großen Ausstellung „Ecole de 
Paris 1900-1959" im Künstlerhaus vor die 
Öffentlichkeit. Die Tendenz, westliche Kunst 
gleichsam als Nachholbedarf in Wien zu zeigen, 
hatte schon 1956 die Secession mit der Aus- 
stellung "Moderne Kunst aus USA" bekundet; 
und das Künstlerhaus hatte im Jahre 1958 eine 
große Kokosohka-Ausstellung gezeigt, welche 
die in der Secession vom Jahre 1956 umfang- 
mäßig übertraf. Dem großen Architekten Le Cor- 
busier widmete man im Jahre 1958 eine Aus- 
stellung in der Akademie der bildenden Künste. 
Die im selben Jahre stattfindende Weltausstel- 
lung in Brüssel wurde mit einer repräsentativen 
Schau österreichischer Kunst beschickt und in 
dem österreichischen Pavillon, der umgebaut 
dann das Museum des 20. Jahrhunderts er-
	        
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