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Volltext: Monatszeitschrift X (1907 / Heft 1)

nur zum Scheuern des Bodens und der Geräte, zur Butter- und Käsebereitung, 
schließlich zur Bestellung des Kraut- oder Wurczgartens, wie der Gemüse- 
garten hieß, verwendet. Die Köche zählten zum unehrlichen Volk, belustigten 
oft mit ihrem Witz, waren aber auch nur zu häufig das Ziel der Laune ihrer 
Herren und das Opfer roher Spässe. Trotzdem galt der Herd und die Feuer- 
stätte überhaupt dem Deutschen als heiliger Platz. An den Besitz des Herdes 
war in älteren Zeiten das Eigentum am ganzen Hause gebunden. 
 
IE heurige Winterausstellung ist ein recht interessanter 
und symptomatischer Beitrag zur Psychologie der 
Odysseusfahrten nach einem modernen Stil. Vor 
Jahren war es, daß man unter dem staunenden 
Vergnügen der Franzosen, einer Rasse von siche- 
rem künstlerischen Takt, das ganze historische 
Inventar aus dem Fenster stürzte. Ein neuer Stil, 
der neue Stil sollte geschaffen werden. Tausender- 
lei Schönes und Gutes, Geist- 
volles und freudig Geschaf- 
- fenes entstand, der jubelnde 
frische Wagemut, der sich vom Blütenduft einer neuen 
Renaissance umweht fühlte, riß die Fühlenden und Seh- 
nenden mit. Der Individualismus im Kunstgewerbe wurde 
schrankenlos. Das Schlagwort bekam daneben eine 
unheimlich große Macht. Kunstschulen bildeten sich, 
tötlich verfeindet, phantastische und rea- 
listische, streng puritanisch „struktive" 
Tendenzen und symbolistisch stilisierende. 
Es gab eine Zeit, wo es Sünde wider den 
heiligen Geist der Kunst war, das „gelbe 
Zimmer" zu betreten, wenn man nicht auf 
Gelb gestimmt war, wo hieratisch strenge 
Meister in „Eigenwesten" feierlich die Prin- 
zipien ihrer Raumkunst der Jüngerschaft 
verkündeten. Und das Alles war uns lieb 
und wert. Wir spotten auch heute nicht 
darüber, wir sehen es aber schon etwas 
„historisch" und distanziert. Wir wissen 
heute, daß zu viel Stimmung die Stimmung 
totschlägt, Wi? Sagen uns ehTliCh, daß ein Hölzemes Schöpfgefäß, xvn. Jahrhundert 
 
 
 

	            		
prinzipieller Unterschied nicht besteht zwischen dem Tapeziermeisterwerk von 1880, der Zeit der Markart-Bukette und Eichenbüfette in deutscher Renaissance (Hirths „Deutsche Zimmer") und dem vom Architekten 1906 eingerichteten modernen Hause. Hier wie dort unpersönlich, was den Bewohner betrifft, trotz der „persön- lichen Note" des schaffenden Künstlers. Und was die Historischen unter uns mit dem festen sicheren Stilgefühl am meisten quälte und schmerzte, das war, daß gar kein moderner Stil wurde, lauterVersuche, aber kein Stil. Vielleicht, und das muß ehrlich betont werden, ist das gar nicht mehr möglich. Ein Stil ist das Produkt einer großen durchgehenden, im kleinsten Detail nicht versagenden, organisch heran- gewachsenen Weltanschauung, einer ge- schlossenen allgemeinen Kultur der bei der Stilbildung in Betracht kommenden Menschen. Alles das fehlt uns heute und wir sehen auch noch nicht die Möglich- keit, es zu erreichen. Und dieser Unmöglichkeit steht in tiefer, erschütternder Tragik gegenüber das furchtbare ernste Ringen, in dem so unendlich viel gesunde blühende Kraft dahinstarb. Das flog in heißem Sehnen hinaus ins Uferlose und versank endlich. Eine tiefe un- befriedigte Verstimmung griff Platz. Ich rede ja nicht von den kleinbürgerlichen und kaufmän- nischen Verzerrungen des modernen Kunstgewer- bes, die mit Vorliebe als „sezessionistisch" und als „im Jugendstil" angepriesen werden und für die besonders deutsche Ausstellungen unerschöpfliches Material geben, man muß von vielen Werken der führenden Künstler sprechen. Auf der letzten deutschen Kunstgewerbeausstellung in Dresden, im heutigen Sommer, haben so viele dies peinliche Gefühl nicht verscheuchen können. Bei uns in Österreich ist es wohl immer besser gewesen als im neuen Reich, der alte sichere kunstgewerbliche Takt scheut hier manches, was draußen entsteht, Gewichtsmörser aus Messing, reich ge- schnitten, XVII. Jahrhundert Rotglasierter Wasserkrug, _ _ _ _ xvL hmhundm aber auch in Wien hatten wir Zeichen der großen
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