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Volltext: Alte und Moderne Kunst XV (1970 / Heft 108)

Horst- Herbert Kossatz 
HANS ESCHER - AUFKLÄRER 
UND ENZYKLOPÄDIST 
Obwohl e oder trotzdem? - der Graphiker und 
Illustrator Hans Escher schon seit 1918 Wiener 
ist und nichtvon ungefährab und zu von amusischen 
Menschen gebissen wird, hat er doch bis heute 
ein Leben neben dem offiziosen Kunstbelrieb dem 
fetten Leben vorgezogen. Zwar hat er mehrere 
Jahre lang französischen Rotwein, algerische 
Schönheiten und italienischen Cappuccino auf sich 
einwirken lassen, und dies nicht nur als Soldat, 
dennoch glaubt er, auch heute noch, an das 
Finstere im Menschen, ohne deswegen gleich selbst 
ein Schwarzer zu sein. 
Man wird es ihm entschuldigen, daß er sogar 
beruhmte Kunstschulen absolvierte, da er sich 
schon bald nach genauerer Betrachtung seiner 
Umwelt den Hang zum allzu Schonen aus dem 
Kopf schlug, der Farbe entsagte und mit der 
scharfen Linie des Stichels und der ätzenden Saure 
seine Umwelt nach der Devise zu schrecken 
begann: „Und hast Du noch ein Unterhemd. ge- 
hörst Du zum Establishment," Schnell zeichnet er 
etwa, ohne dabei seine Zunge zu schonen, auf 
die Rückseite einer Speisekarte den entblößten 
Korpus einer nicht unbekannten Persönlichkeit; 
gleichzeitig dramatisiert er dessen Leben und schil- 
dert eingehend die Besonderheiten seines Liebes- 
lebens. 
Escher sieht mehr; sein scharfer Blick verbiegt ihm 
aber bisweilen die mit Spucke geputzte Brille; 
leicht vervollständigt er dann in der Vorstellung 
das Gesehene. Manchmal geht ihm die Phantasie 
dabei durch, dann formt er antike Münzen ab, 
besieht alte Stadtpläne oder schreibt zur Beruhigung 
Entschuldigungsbriefe für seinen Sohn. 
Er könnte eine volkskundliche Studie darüber ver- 
fassen, so sehr hat er sich seit seiner frühesten 
Jugend mit dem in Wien ietzt schon fast ausge- 
storbenen Ritus des „Stechens" beschäftigt; den- 
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umw- 
Hans Escher in seinem Atelier 
Hans Escher, Au nres ma blonde, 1961. Radierung 
Hans Escher, Soldaten, Kameraden, 1961. Radierun 
Hans Escher, Unfallstation, 1968. Federzeichnung
	        
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