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Volltext: Alte und Moderne Kunst XV (1970 / Heft 108)

tion signifikant und aktuell genug. 
Das gilt vor allem im Hinblick auf die 
zum Stärksten der gesamten Auswahl 
zählenden Arbeiten der Plastiker Frank 
Gallo und Georges Segal. Beide 
Künstler waren mit gleichermaßen 
typischen wie ausdrucksstarken Ex- 
ponaten vertreten. lhr ironischer Rea- 
lismus geht mindestens ebenso unter 
die Haut wie die - nach den letzten 
Vietnamkrieg-Aufdeckungen mehr 
denn je angebrachten - Antikriegs- 
monumente von John N. Battenberg. 
Auf Gill, Hansen und Lester Johnson 
hätte man hingegen leicht verzichten 
können. Andy Warhols Monroe-Sieb- 
drucke dürfte man auch in Wien als 
bekannt voraussetzen. Man zeigte sie 
jedoch leider nicht in einer einzigen 
Abfolge, was kompakter und für Ver- 
gleiche aufschlußreicher gewesen 
wäre, sondern verstreut im ganzen 
Haus. Ein im Ülsiebdruckverfahren 
vergrößertes Unfallsphoto desselben 
Künstlers (Saturday Disaster, 1964) 
kam ihnen gegenüber wesentlich 
besser zur Geltung. Ohne seine in- 
haltliche Relevanz in Abrede zu 
stellen, erhebt sich hier jedoch die 
Frage nach der künstlerischen Leistung 
im Sinne autonomen Gestaltens. 
Die heitere Seite amerikanischer Pop- 
Art repräsentierten mit manch gut ge- 
zielten Seitenhieben auf eine zum 
Monster gewordene Werbe- und 
Konsumwelt Tom Wesselmann, Ro- 
bert Nelson und Paul Harris. Ein 
ausgesprochener Einzelgänger in die- 
ser Gesellschaft, aber dennoch ein 
beachtlicher Maler ist John Paul 
Jones, der im Stil einer leicht ver- 
fremdeten Landschaftsmalerei des 
19. Jahrhunderts schemenhafte Fi- 
guren und Reiter in weiträumige 
Ebenen stellt und daraus komposi- 
torische Reize sowie inhaltlich-the- 
matische Beziehungen gewinnt (Ab- 
bildung 6, 7). 
Palais Salm - Klammer, Lindin- 
ger, Wolfgang Ernst, Gertrude 
Rind-Ernst 
Eine der interessantesten Ausstellun- 
gen des überreichen Herbstangebotes 
der Wiener Galerien fand in den 
Räumen einer Möbelfirma im Palais 
Salm, Wien lll, statt, wo vier Künstler 
um die Dreißig - Robert Klemmer, 
Heinz W. Lindinger, Wolfgang Ernst 
und Trude Rind-Ernst - einen im 
allgemeinen gut gesiebten Quer- 
schnitt durch ihre letzte Produktion 
gaben. Während man Klemmers ego- 
zentrische Pop-Attitüden in attrak- 
tiven Streifenmustern bereits als be- 
kannt voraussetzen konnte, bedeutete 
der ebenfalls zur Pop-Art tendierende 
Maler Lindinger eine echte Ent- 
deckung. Humor und ein von der 
Werbung nicht unbeeinflußtes Voka- 
bular an sich divergierendergraphisch- 
malerischer Elemente verbinden sich 
in seinen formal beherrschten, über- 
legten Kompositionen zu einer durch- 
aus originären und ansprechenden, 
farbenbetonten Mischung, deren wei- 
terer Ausformung man mit Interesse 
entgegensieht. 
Trude Rind-Ernst arbeitet weiterhin 
an ihren figurativen Aluminium- 
Plexiglas-Reliefs und gewinnt dabei 
zusehends an Souveränität. Eine die- 
ser Arbeiten präsentierte sie als pro- 
vozierende „Radioplastik" mit ironi- 
sierenden Verfremdungseffekten. Ihr 
Mann, Wolfgang Ernst, zeigte in 
Fragmenten ein an sich in größerem 
Umfang vorgesehenes Projekt: er 
verkleidet systematisch Alltagsobjekte 
(einen Tisch, ein Bild, eine Schall- 
platte) mit 1 Millimeter starken Alu- 
miniumplatten, um dadurch eine neue 
dingliche, doch auch die Umgebung 
verändernde Realität zur Diskussion zu 
stellen. Sein Raumarrangement er- 
zielt kompakt den gewünschten Ver- 
fremdungseffekt und fordert zu einem 
konsequenten Durchdenken derarti- 
48 
ger bildnerischer Möglichkeiten her- 
BUS. 
Galerie Seilerstätte - 
"Kunst und technische Umwelt" 
K. A. Wolf - Skulpturen 
..Sollen sie sich doch in ihrer Plan- 
mappen-Sicherheit wiegenl Sollen 
sie doch in ihren Wettbewerbs- 
Gremien die Architektur verschaukelnl 
Zwischendurch etwas Grünfläche zum 
ErhoIenl" Mit diesen und ähnlichen 
provokant-ironischen Feststellungen 
in Form eines Mini-Manifestes be- 
gleitete die Architektur-Kommune 
ZUND-UP ihren Ausstellungsbeitrag 
zu der von der Galerie Seilerstätte in 
Wien veranstalteten Gruppenschau 
"Kunst und technische Umwelt". Die 
aus den oberösterreichischen Studen- 
ten Friedhelm Huber (1944), Ber- 
tram Mayer (1942), Walter M. Püh- 
ringer (1945) und Hermann Simböck 
(1945) gebildete Gemeinschaft prä- 
sentierte in der vorn ..Blauen Adler", 
einem 1966 gegründeten „Verband 
zur Förderung zeitnaher Kunst" orga- 
nisierten Ausstellung ihr aus Photo- 
montagen aufgebautes .,Zünd-Up 
Triptychon". ,Geben Sie uns ihre 
Hand, wir führen in wundersame 
Bildergeschichten vom technischen 
Pop-Zeitalter" verheißen die vier Pro- 
gressiven ihrer Umwelt, um gleich an 
Ort und Stelle den bundeshaupt- 
städtischen Johann Strauß vom wun- 
derbar kitschigen Stadtparkdenkmal 
im Rennauto dahinflitzen zu lassen, 
während nebenan ausgesprochene 
Busenschönheiten von Autos ins 
eigene Fleisch gestochen und auch 
andernorts ungewöhnliche Möglich- 
keiten umfunktionierten DenkmalkuI- 
tes propagiert werden (unser Bild). 
Weniger aggressiv und dem General- 
themauangemessen als die Montagen 
der ZUND-UP-Leute waren freilich 
die meisten übrigen Exponate, die 
von so verschiedenartigen Künstlern 
wie Gerhard Gutruf, Jörg Hartig, 
Felix Kalmar, Karl Korab, Bernhard 
Stefan Lipka, Paul Meissner, Trude 
Rind-Ernst, Günther Sponheuer, Sieg- 
fried Strasser und dem zuletzt stärker 
ins Gespräch gekommenen Zechyr 
stammten. Sie stellten ein beliebig 
ergänz- und austauschbares Kontin- 
gent dar, das leider die versäumten 
Möglichkeiten einer Ausstellung die- 
ses Themas drastischer in Erinnerung 
rief als die auf dem üblichen lokalen 
Niveau tatsächlich genützten (Abb. 8). 
Ebenfalls in der Galerie Seilerstätte 
stellte sich in der Herbstsaison auch 
der Wiener Maler und Plastiker Karl 
Anton Wolf mit neuen Arbeiten vor: 
mit kraftvollen, das Material adäquat 
zur Geltung bringenden Eisenskulp- 
turen und archaisch inspirierten, aus 
alten Weinpresseteilen und ähn- 
lichen Fragmenten zusammengefügten 
Holzskulpturen, die ein sicheres for- 
males Zupacken zeigen. Darüber hin- 
aus bringen diese Arbeiten auch ein - 
an sich schwer definierbares - 
starkes Stimmungsmoment ins Spiel, 
das im betont Expressiven wurzelt. 
Bei Wolf, der mit dieser auch quanti- 
tativ beachtlichen Produktion - ob- 
wohl er keineswegs mehr der Jüngste 
ist - vieles in den Schatte__n stellte, 
was es momentan sonst in Osterreich 
zu sehen gibt, spürt man den vitalen, 
ganzen Einsatz, den dieser Künstler 
kompromißlos und unbeirrt von mo- 
dischen Verlockungen leistet (Abb. 9). 
Kleine Galerie - Henri Dessaux 
Aus dem zuletzt sehr vielfältigen Aus- 
stellungsprogramm der Kleinen Ga- 
lerie, das unter anderm Expositionen 
von Karl Anton Fleck (Zeichnungen), 
Etienne Hajdu, Linz, Norberto Ono- 
frio, dem argentinischen Druckgra- 
phiker, sowie eine Gruppenschau 
angewandter Kunst umfaßte (Iris 
Brendel, Sabine Hribar, Susanne 
Kosma, Pia Montecuccoli, Gerda und 
Kurt Spurey, Linda Wächter), ver- 
dient - wegen ihres sympathischen 
Außenseitertums - vor allem eine 
Ausstellung besondere Erwähnung: 
Sie galt HENRI DESSAUX, dem aus 
dem französischen Hafenstädtchen 
Honfleur stammenden normannischen 
Fischer und naiven Maler, der vor 
zwei Jahren in Wien verstarb, wo er 
auch die letzten Jahre seines Lebens 
verbracht hatte. 1964 veranstaltete 
die Kleine Galerie in der Neudegger- 
gasse die erste Ausstellung seiner 
Ölkreide- und Lackfarbenbilder, die 
zu einem unerwarteten Verkaufs- und 
Presseerfolg für den bis dahin völlig 
unbekannten Autodidakten wurde. 
Die liebenswürdigen, unproblemati- 
schen, farbenfrohen Bilder von Hon- 
fleur, seinen Häusern, Fischern und 
bunt gestrichenen Booten bildeten 
auch im November des abgelaufenen 
Jahres den Mittelpunkt einer Ge- 
dächtnisausstellung derselben Galerie, 
die damit nicht nur an ein spät zur 
Entfaltung gelangtes Künstlertalerit 
erinnerte, sondern zugleich auch an 
einen stillen, bescheidenen Men- 
schen, dern man die von ihm nicht 
ohne Wehmut und Heimweh ge- 
schaffene Welt, in der alles seine 
rechte Ordnung hatte, noch glauben 
konnte (Abb. 10). 
Autofina-Galerie - 
Kunst für Publio Relations 
Das Ausmaß, in dem Österreichs 
Wirtschaft - nicht zuletzt auf Grund 
einer kulturpolitisch verfehlten, im- 
pulshemmenden Steuergesetzgebung, 
die nicht einmal eine prozentuell 
beschränkte Absetzbarkeit von An- 
käufen und Stiftungen bildender Kunst 
zuläßt - sich so gut wie jeder Mittler- 
funktion zur Gegenwartskunst ent- 
hält, ist erschreckend, Die Möglich- 
keiten massiver Kunstförderung, die 
hier gegeben wären und sich in der 
Summe zumindest als Prestigegewinn 
für mäzenatisch gesinnte Unternehmen 
auswirken würden, werden hierzu- 
lande nicht einmal als Denkmodelle 
zeitgemäßer Offentlichkeitsarbeit stra- 
paziert. Von wenigen Ausnahmen ab- 
gesehen (Böhler-Werke, Kapfenberg; 
Vöest-Linz; Erste österreichische 
Spar-Casse und Zentralsparkasse der 
Gemeinde Wien), fehlt in den Spitzen 
der heimischen Wirtschaft allerdings 
nicht nur die grundsätzliche Bereit- 
schaft, für die Kunst etwas zu tun 
und - davon zu profitieren, sondern 
auch die bildungsmäßigen und in- 
formationsbedingten Voraussetzungen 
dazu. 
Die gesellschaftliche Position des 
Kunstschaffenden (nicht die des heute 
im allgemeinen überschätzten Inter- 
preten!) wird in einer vorwiegend 
materiell ausgerichteten Wertskala 
möglichst weit unten angesetzt be- 
ziehungsweise - und das ist das 
nicht minder erschreckende andere 
Extrem - in eine Aura demokra- 
tischen Hofnarrentums verpflanzt, die 
den pinselschwingenden Clown als 
Stimulans gegen Langeweile be- 
nötigt. 
Einen grundsätzlich positiv zu wer- 
tenden Versuch in Richtung des ge- 
wünschten Brückenschlages zwischen 
Kunst und Wirtschaft unternimmt seit 
kurzem die „Autofina", eine zum 
Länderbank-Konzern gehörende Teil- 
zahlungsbank, die ihre Kunden in 
insgesamt 17 Zweigstellen in fast 
allen österreichischen Bundesländern 
mit Beispielen moderner bildender 
Kunst konfrontiert. In Zusammen- 
arbeit mit der Wiener Secession zeigt 
die neugeschaffene „Autofina-Ga- 
lerie" Arbeiten prominenter öster- 
reichischer Maler, Graphiker und 
Bildhauer (darunter Hrdiicka, Eisler, 
Bischof, Staudacher, Eckert, Frohner, 
Kedl, Escher, Ringel, Fruhmann und 
Kreutzberger), um dadurch ein mög- 
lichst breites, zum Teil mit moderner 
Kunst überhaupt noch nicl 
Berührung gekommenes Put 
gleichsam zwanglos und uneri 
mit dem Gegenwartsschaffer 
diesem Sektor der Kunst in K: 
zu bringen. Darüber hinaus wil 
auch - bei Vorhandensein 
sprechender Bonität - Krediti 
währen, die dem Ankauf von l 
werken gelten. Diese Aktion i: 
allem für mittlere Verdiener ge- 
die heute auch im Kunsthandl 
Gros potentieller Käufer ausmf 
Das in Fragen zeitgemäßer C 
lichkeitsarbeit sichtlich gut be 
Institut setzt mit beiden Aki 
jedenfalls ein nachahmenswerte 
spiel. 
Galerie Wolfrum - 
Auftakt mit Druckgraphik 
Premiere am Österreichischen l 
markt hatte in der abgelal. 
Herbstsaison das Graphische Ka 
des Kunstveriages Wolfrum, Vil 
Augustinerstraße. Der Ouers 
durch österreichische Druckgr 
der zum Auftakt in zwei nobe 
gerichteten, intimen Räumen ge 
wurde, konzentrierte sich vorwi 
auf Blätter der Wiener Schult 
Arbeiten aus der Schroll-Press 
zuletzt u. a, neue Arbeiten von F 
Krumpel, Hrdiicka, Gutruf und 
herausgab. Eine Kollektive des 
in Posen geborenen Meistersc 
von Mac Zimmermann (1964-1 
Ulf Rustan Badendieck, setzt 
Programm der Galerie im Nov 
1969 fort. 
Peter 
1 2.Österreichischer Graphikl 
bewerb im Tiroler Landesmu 
Ferdinandeum, Frühjahr 197 
Der im Jahre 1952 gegründe 
samtösterreichische Graphikw 
werb in Innsbruck ist für da: 
1970 zum 12. Male ausgeschl 
Der Wettbewerb wird wie bishi 
der Kulturabteilung im Amt dei 
ler Landesregierung durchgefüh 
den diesjährigen Wettbewerb : 
15 wertvolle Preiswidmungen il 
samtbetrage von S 90.000,- zu 
fügung; über die Preisstiftung I 
werden das Bundesministeriul 
Unterricht und das Land Tirc 
käufe aus der Wettbewerbsal 
lung tätigen. 
HQHE ITALIENISCHE AUSZEICHNU 
FUR DRWALTER ZETTL 
Der Präsident der Republik Italien hat 
Vorschlag des Unterrichtsminlsters Ferr 
Adradi dßfh mit des Auslandskulturciit 
m. Walter Zettl die ..Goldena Medaille 
Verdienste um die Kultur" verliehen. 
Diese höchste Auszeichnung, welche t 
italienische Staat für kulturelle Leistul 
vergeben hat, wurde Dr.Zettl in Anerl 
seiner erfolgreichen Tätigkeit als b 
Künstlerischer Sekretär am Osieilelchi 
Kulturinstitut zuteil.
	        
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