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Volltext: Alte und Moderne Kunst XV (1970 / Heft 110)

  
 
22 Blick in die Ausstellung ..Exempla 70', 
Munchen. Formen einer neuen zylinder- 
förmigen Prasentation 
Exempla 70 
Die Halle 7 bei der Internationalen Handworksmesse München, immer schon eine Oase des 
guten Geschmackes inmitten vielfach mißverstandenen Bemühens um Darstellung 
handwerklicher Arbeit, wurde heuer nach einem vollig neuen Konzept eingerichtet. Verantwortlich 
fur dieses Konzept ist Arch. Fritz Gotthelf, die bauliche Gestalung lag in Händen von 
Regierungsbaumeister DipL-lng. Horst Dohnert (Abb. 22). Durch drei Sonderschauen innerhalb 
dieser Thematik wurde versucht, handwerkliche Leistung unter bestimmten, üblicherweise zu 
wenig beachteten Aspekten zu zeigen: Eine Abteilung, ,Handwerk und Sport", behandelte vor 
allem "Gehen, Reiten und Fahren" und damit das Handwerkszeug für sportliche Tatigkeit. sei es 
im Leistungssport oder als Frelzeiterfullung. Eine zweite Abteilung war dem Handwerk im Dienste 
der Forschung gewidmet (verantwortlich J. Frank); eine besonders interessante Zusammen- 
stellung von Exponaten, die zeigt, daß jene Hilfsmittel des Forschers, die er selbst erfindet, lur die 
es kein Vorbild gibt und die die Grundlage für wissenschaftliche Weiterentwicklung bilden, 
ohne die Arbeit urid das Können des Handwerkers undenkbar sind. Und nicht zuletzt die 
Sonderschau cMeister des Handwerks", in der 11 Lander hervorragende Repräsentanten 
handwerklichen Schaffens nach eigener Wahl und in einem von diesen Landern selbst bestimmten 
Rahmen zeigten. Gerade hier erwies sich eine überraschende Vielfalt der Moglichkeiten. Wahrend 
die skandinavischen Lander ihre im Wesari bereits bekannten Leistungen auf dem Gebiet des 
Wohnens einschließlich Glas, Silber, Möbeln und Teppichen präsentierten, wandelte ltalien das 
Thema "Fahren" noch einmal durch Rennautos und Rennraider ab, stellte Polen ungewöhnliche 
Arbeiten auf dem Textilsektor vor und Spanien in erster Linie Sport- urid Spielgerat. Die 
Tschechoslowakei hatte das Thema der Einrichtung von Reprasentationsraumen in 
Botschaften usw. gewahlt, ein weites Feld für handwerkliche Sonderanfertigungen. und 
Deutschland Rennboote, mit dem zu Recht durch einen „Grand prix" ausgezeichneten Höhepunkt 
des Rudereiners in Toroedoform. Frankreich zeigte die hervorragenden Lithographien des 
Ateliers Mourlot und die äußerst interessanten .Structurcs sonores" der Brüder Baschet. 
Osterreich hatte sich selbst das Thema der Musik und Musikinstrumente gestellt, um hier den 
wesentlichen Beitrag des Handwerkers für die Realisation vollig andersartiger, namlich 
musikalischer Werke zu demonstrieren. Allgemein wurde bei der Österreichischen Beteiligung 
besonders die Gestaltung durch die Architekten Karl und Eva Mang hervorgehoben. die das 
selbstgewahlta Thema aufs glücklichste mit den Exponaten verband. So wurde den 
Veranstaltern (Winschaftsforcicrungsinstitut der Eundeswirtschattskammer und 
Osterraichrsches Institut für Formgebungl, auch in Anerkennung dieser Leistung ein Sonderpreis 
in Gold zuerkannt. 
Selbstverständlich hat diese Ausstellung wieder die alte Diskussion um die Abgrenzung zwischen 
Handwerk, Kunsthandwerk und Kunst aufleben lassen. Bei der Jurieriing hat man versucht, 
dieser Problematik gerecht zu werden, vor allem, indem einige Gegenstande außerhalb der 
eigentlichen Preisverleihung hervorgehoben wurden, wie die Taolsserien aus Polen urid der 
Tschechoslowakei oder die schon erwahnten nStructures sonores". Wie schwer diese Grenzen 
zu ziehen sind, zeigte sich etwa auch an dem Beispiel des Atelier Mourlot s unerlaßliche 
Voraussetzung fur die Realisation künstlerischer Absicht, eigene schöpferische Leistung oder 
dienende Anpassung im Sinne eines Kunsllers. Gerade angesichts der Clualitat vieler 
Einsendungen scheint aber diese Diskussion nicht so wesentlich, dies um so weniger in einer Zeit, 
da die vormals starren Grenzen zwischen den einzelnen Gebieten schöpferischen Schaffens 
immer mehr varfließen und neue Media, neue Werkstoffe und neue Techniken Auswertungen aller 
Art zulassen. Was wirklich wichtig ist, und das muß man dem neuen Konzept in München zugute 
halten, ist die Tatsache, daß der Beigeschmack des cKunstgewerblichen" mit der eher 
langweiligen Beschränkung auf einige traditionelle Gehiate nun aus der Halle 7 verbannt wurde. 
Üb und welche Leistungen dieser Handwerker bis zum Rang des Kunstwerkes reichen oder 
einfach durch ihre saubere Arbeit Anerkennung verdienen, wird vielleicht später und mit 
einigem Abstand leichter einzuordnen sein. Wenn das Handwerk lebendig bleiben will, muß es 
alle diese Wege gehen die auf der Exempla 70, zumindest im Ansatz, gewiesen wurden. 
Charlotte Btauensteiner 
Fair-Art-Fair - Kunstauktions- 
haus Konrad Welwert, Innsbruck 
Das neuetablierte Kunstauktionshaus Konrad 
Welwert hat am 12. und 13. Mai 1570 die 
erste lnnsbrucker Kunstaukrion durchgeführt. 
Der Katalog iimfaßte ca. 1000 Nummern, und 
es fanden sich unter anderem Druck- und 
Originalgrafik, Gemälde, Skulpturen, Möbel. 
Kunsthandwerk, Bücher. Münzen und eine 
eigene Gruppe Volkskunst. 
Z3 Roland Goeschl, Blick in seine jüngste 
Ausstellung in der Galerie Onnasch irt 
Berlin 
24 Roland Goescht, Farbkuban fur avant- 
gardistische Werbung 24 
als statisch repräsentative cKurlstgatturig", 
nicht mehr als Architektendenkmal", sondern 
als wechselvolle, funktioriserfullte veränder- 
liche Umwelt fur das tägliche Leben gezeigt 
Stadtebau und Wohnungswesen nahmen in 
der Ausstellung eine besondere Rolle ein. Die 
Architektur sollte nicht nur als ein technisches 
Spezialgebiet, sondern als echte Aufgabe 
schopfarischer Umweltgestaltung aulgefaßt 
erscheinen, zu deren Studium Studenten nur 
auf Grund echter Begabtenprufungen zuge- 
lassen Werden. Dies bedingt, daß Jahrlich nur 
eine kleine, begrenzte Zahl begabter Kandi- 
daran an die Schule kommen kdnnen, und 
bietet außerdem den Vorzug, einen über- 
raschend hohen Prozentsatz an Spitzenleistun- 
gen und Erfolgen auf dem Gebiete der Archi- 
tektur zu erreichen. 
Angesichts der durch technische Eingriffe aus- 
gelosten schweren Ekistenzbzdrohung durch 
Vergiftung von Luft und Wasser sowie den 
Raubbau an Landschaft, Natur und Rohstoffen 
aller Art ist heutzutage die Erkenntnis nicht 
mehr wegzulaugnen, daß die Gestaltung der 
stadtisclten Umwelt iiiciit niehr prirnar tech- 
nische Aufgabe sein kann, sondern vielmehr 
ein gesamtes, gesellschaftliches. politisches, 
biologisches, wirtschaftliches und rechtliches 
Problem ist. 
Somit rollte die Ausstellung mit tallig neuen 
Methoden nicht nur dic Frage nach dem 
Wesen der Architektur von heute urid morgen 
auf, sondern auch die damit verbundene 
weitere elementare Frage, ob die städtische 
Umwelt in Zukunft weiterhin nach riur tech- 
nischen oder, um im Sinne des kürzlich ver- 
evirigten großen Richard Neuira zu sprechen, 
nach viel umfassenderen biologischen, psycho- 
logischen und soziologschen Gesichtspunkten 
gestattet werden soll, ia muß, um das ..physio- 
psychische Wohlsein" des Menschen zu er- 
reichen 
Damit wird entscheidend auch die Frage der 
weiteren gesunden Existenz der immer mehr 
in die Großstadte drängenden und in Groß- 
städten lebenden Menschen aufgeworfen. n 
Fritz v. Herzmanovsky-Orlando 
in der Galerie Moser, Graz 
Mit einer Ausstellung bisher unvaroffentlichter 
Aquarelle urid Zeichnungen aus dem Nachlaß 
würdigte die Galerie Moser im Mai d. J. den 
doppelbegabten, „schon in früher Jugend den 
schonen Künsten verfallenen", liebenswerten 
Alt-Österreicher Fritz von Herzmanovsky- 
orlaitdo. 
im Jahre 1377 in Wien geboren, starb der 
Kunstler 77ja'hrig in Meran. Nicht nur sein 
literarisches. sondern auch sein graphisches 
cEuvie wurde erst nach seinem Tode einem 
breiteren Publikum bekannt. und verschiedene 
namhafte Museen und Sammlungen, darunter 
auch die Wiener Albertina, erwarben so auch 
erst spät Werke des Künstlers. 
Herzmanovsky-Orlando war Amateur im edel- 
sten und ursprünglichsten Sinne des Wortes, 
ein Liebhaber nicht nur aus Neigung, sondern 
aus Phantasie. Spürbar unter dem Einiluß 
James Ensors urid Alfred Kubins, mit dem 
ihn eine lebenslange Ficuridschait verband, 
ist sein graphisches Werk ebenso eigenwillig 
und ,.verkauzt" wie sein literarisches. 
Zitate über HerzmanovskV-Orlando: 
Hugcr vdri Hofmannsthali Ein ganz sonder- 
barer Mann ... 
Werner Hofmann: Ein Kanzlist im Reiche der 
Phantasie . .. n 
 
Umweltverä nd arung 70 
viuuutrz. vuiii nrreg vcrscrrorn uiisru nu. 
Kern, und 1967 begann die Henovation 
Ausstellungsräume umfassen ca. 1400 l 
urid gestatten alle Mogfichkeiten zur 
multimedia: Stereo-Tonzinlage, Film- u 
Diaoroiektion, Fernsehen Besonders vei 
seien die ungewohnlichen Offnungszeits 
an 3 Tagen der Woche bis Z2 Uhr. Die 
Galerie plant in der Folge eine großere F 
von Ausstellungen alter und moderner 
FRANKREICH s MUSEE DES BEAUX-. 
CHATEAU DE CAEN 
Das Museum der schonen Kunste der 3' 
Caen ist vor kurzem der Offentlichkeit l 
zugänglich gemacht worden. Das Muse 
gebaude, das im Verlaufe der Invasion t 
Zweiten Weltkrieges in der Schlacht um 
1944. nebst dem Rathaus vollig zerstort 
- die ausgelagerten Kunstwerke konnte 
damals gerettet werden a wurde nach 
modernsten Grundsätzen wiedererrichtet 
Die Sammlungen umfassen Gemalde 
mittelalterlicher Meister, sehr schone 
Fayencen aus Rouen und alle Wandtep 
Außerdem beherbergt das Museum die 
Sammlung Mancel und ein wertvolles 
Kupfersiichkabinett. 
BRD - KUNST- UND ANTIOUITATEN 
MESSE HANNOVEH-HERRENHAUSEh 
Die 2. Kunst- und Antiquitaten-Messc 
Hannover fand in der Zeit vom Z4. April 
bis 4. Mai 1970 statt. Sie stand unter t 
Die Jury kann riur noch srrcnr 
. Die Erfahrungen zeigten, daß l 
im Kunst- und Antiquitatenhandel nur 
bestehen kann, wer sich den hohen 
Oualitatsanspriichen der Kaiifer anpaßt. 
Nur so kann diese internationale Messe 
nur, „eine Bereicherung des europäisch 
Kurlstrrlarktes zu sein", erhalten urid fest 
  
ENGLAND s 30. THE ANTIOUE DEALI 
FAIR AND EXHIBITlON 
Prinzessin Margaret, Grafin von Snowd 
wird die 30. Messe und Ausstehung dei 
Antiquitatenhandler am 10 Juni 197D 
Londoner Grcisvenor Hause eroffnen. D 
wird bis zum 25. Juni 1970 stattfinden. 
Seit ihren Anfangen steht diese Messe 
koniglicher Schirmherrschaft. Königin 
Elizabeth, die Konigin-Mutter, ist ihre 
gegenwärtige Schirmherrin. 
Die heutige Messe stellt einen Marksterr 
dar s zum 30. Mal seit dem Jahre l937r 
dieses Ereignis abgehalten. 
Die Londoner Antiquitatenhandler-Mesi 
stets ein Begegnungs- und Anziehungsi 
iur Tausende von Sammlern, Kunstexpe 
und interessierten Besuchern aus Euro; 
Ubersee. Großbritannien selbst wird he 
mit 78 der renommiertesten Antiquitare 
händler den einzigartigen Ruf dieser Me 
wahren versuchen. Es durfen nur Objek 
wirklich erlesener Ciualitat ausgestellt 
werden. Nahezu alle Kunstwerke sind 1 
kaufen, und die Veranstalter achten strt 
auf die Einhaltung der Regel, daß riur ' 
die vor 1830 entstanden sind gezeigt v 
durfen. Expertenausschus leisten durr 
rigorose Kontrollen jede m liche Gewt 
daß die gezeigten Stucke auch wirklicf 
authentisch sind und aus der Zeit stamr 
der Sie zugeschrieben sind. 
Leihgaben aus dem Kunstbesitz der 
konrglichen Familie und der Londoner 
Gesellschaft der Goldschmiede, die ein 
regtalmaßiger Bestandteil der Messe sin 
sind die einzigen nicht zum Verkauf 
gelangenden Gegenstands. 
 
 
Unter diesem Motto steht nicht riur seit langerem die künstlerische Tendenz des at 
Breitanwirkung bedachten Werkes (Abb. 23) des Wiener Farbraumgestalters und Plastik 
Roland Goeschl, sondern auch das in gleicher Weise außergewöhnliche wie profilierte 
urid weitgesteckte jüngste Werbekonzept einer großen österreichischen Schuhfirma. In eni 
Zusammenarbeit rn dem zuletzt für ein Jahr in Berlin tatigen Künstler wurde von dem Untern 
eine Kampagne gestartet, die im Sinne zeitnaher lrrtagewerbung die Partnerschaft zur iriodei 
Kunst aktivierend betont und nicht falschverstandenes Mazenatentum sein will. Ausgehend 
von der Überlegung, daß ..dis Aktivierung des Letztverbrauchers zur Konsumation notwend 
einen Einbruch in dessen Entscheidungs- urid Wirkungsspielraum bedeutet", wurden Goes 
Farbkorper als provozierende „FremdkorpaW, die überfluten, verstopfen, ausgreifen, rollen u 
einbrechen, in den Warbefaldzug dominierend miteinbezogen. Dieser erstreckt sich auf alle 
Massenmedien einschließlich dem Fernsehen (unsere Abb, 24 zeigt einen Szenenausschni 
der 30 Sekunden dauernden Unter- und Uberwassershow mit Goeschls Farbkorpern), umf. 
aber auch die Gestaltung der Auslagen einiger hundert Filialen des Konzerns, in denen die; 
blauen und roten Baukastenelemente Goeschls ebenfalls als imagebildende ..Fremdkörper" 
fungieren. Nach Absicht der Initiatoren wird so die Auslage zum ..Aktionsraurrt", zur .Biihn 
der das Warenangebot in Szene geht". Das von Horst Gerhard Haberl entwickelte Konzept 
starkem Schockappeal in den gutgemachten TV-Spots nimmt nicht nur in Österreich die Ftt 
des axperimentierfreudigen Außenseiters ein, dar fur eine rasch im Vormarsch begriffene Tel 
heutiger Werbung als Test- urid Modellfall interessante Aufschlüsse geben wird. Die Art ur 
Waise, wie hier die bildende Kunst in Relation zur Gesellschaft gesetzt wird bzw. ihr unter 
Aufgabe ihres Eliteanspruchas integriert werden soll, verdient allerdings nicht nur wegen de 
Prominenz des im Vordergrund der Aktion stehenden, iedoch anonym auftretenden Künstlt 
Beachtung. sondern vor allem wegen der Konsequenz, mit der hier eine Firma. die Massen. 
erzeugt und verkauft, in keineswegs leichtvarstandlicher Art auf den Konsumenten einwirl
	        
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