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Volltext: Alte und Moderne Kunst XV (1970 / Heft 111)

schen Krone. Kaiser Ferdinand 1., der Nach- 
folger im Römischen Reich, folgte dem Bei- 
spiel Philipps, indem er wenig später seinen 
Bruder mit einer großangelegten Tntenfeier im 
Augsburger Dom ehren ließ. So untermauerten 
beide Erben des geteilten Reiches den Beginn 
ihrer Herrschaft mit einer „pompa funcbris", 
deren Bedeutungsgehalt Weitgehend 
machtpolitischem Anspruch bestimmt War. 
Nun setzte auch in den Erblanden eine reiche 
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bringt dieses Monument den triumphalen 
Aspekt der Totenfeier zum Ausdruck. Das 
Castrum doloris, eine der anspruchsvollsten 
frühen Lösungen dieser Bauaufgabe überhaupt, 
spiegelt das hohe Niveau, das die Grazer Hof- 
kunst unter Erzherzog Karl II. erreicht hatte. 
Durch die figürlichen Details erhält die im 
„ernsten" dorischen Modus errichtete Trium- 
phalarchitektur ihrc genauere inhaltliche Prä- 
gung als Siegeszeicluen des Todes einerseits 
liehc Proportionierung der Pyramiden r 
intensiver, indem nämlich ein allzu sta 
Übergewicht der Mitte vermieden ist. 
An dieser Stelle ergibt sich die Frage nach 
Schöpfer des Trauergerüstes und damit x 
auch der Zeichnung. Die an klassischer A: 
tektur orientierte, monumentale Konzer 
des Aufbaues schließt die Autorschaft e 
deutschen Künstlers aus. Unter den am G: 
Hof beschäftigten italienischen Meistern ko 
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Entwicklung der Trauerarchitektur ein. Sie 
beginnt 1565 mit den Exequien Kaiser Ferdi- 
nands I. im Wiener Stephansdnm und sie 
kulminiert zu Beginn des 18. Jahrhunderts in 
der Fülle der prunkvollen Wiener Schau- 
gerüste. Das Castrum doloris wurde zu einer 
staatspolitisch wichtigen Bauaufgabe, deren 
Bedeutung im Rahmen der österreichischen 
Kunstgeschichte bisher unterschätzt worden 
istl. 
Unter den frühen österreichischen Trauer- 
architekturen verdient das in einer bislang 
unbekannten Zeichnung? überlieferte Grazer 
Castrum doloris Erzherzog Karls II. von 
Innerösterreich (gestorben 1590) besondere 
Beachtung (Abb. 1) J. Es ist nicht nur das 
früheste, sondern auch das reinste bekannte 
Beispiel einer Adaptierung des antik-römischen 
Triumphtores für eine Trauerarchitektur. Mit 
allem Nachdruck, wenn auch doppeldeutig, 
24 
und als Denkmal der ruhmreichen steirischen 
Dynastie anderseits. Ungewöhnlich bei einem 
derartigen Festgerüst ist die nachdrückliche 
Herausstellung des Klagegedankens, der vor 
allem in der beherrschenden Figur des Todes, 
aber auch in den als „pleureuses" gestalteten 
Nischen- und Zwickelfiguren zum Ausdruck 
kommt. Seinen christlichen Bezug erhält das 
Thema der Totenklage und der Ruhmes- 
Verkündigung durch die dargestellten Del- 
phine (Voluten des Aufsatzes über dem Tor- 
bogen) und durch die mittlere Dreieck- 
pyramide, verborgene symbolische Verweise 
auf das Jenseits und auf die Dreifaltigkeit 4, 
Alle Hgürlichen Details sind der monumen- 
talen, blockhaft gegliederten Architektur un- 
tergeordnet. Rhythrnisch ist der dominierende 
Mittelteil mit den beiden risalitartig behandel- 
ten Seitenteilen verklarnmert, und diese Ver- 
klammerung erscheint durch die unterschied- 
als Empfänger eines derart repräsentat 
Bauauftrages am ehesten Sebastiano Car 
in Betracht, der dominierende Meister 
Mausoleums Karls II. im Dom zu Seck 
In der Gegenüberstellung des Trauergeri 
mit Carlones Eingangsfront zum Seck 
Mausoleum (Abb. 2) ergeben sich genüg 
Analogien, um eine Zuschreibung an di 
Künstler zur Diskussion zu stellenß. 
Sowenig eine genaue Einordnung dieser e 
meren Architektur in die Kunst am G1 
Hof möglich ist, sosehr erweist sich ihre I 
derstellung auch im Vergleich mit and 
europäischen Trauergerüsten um 1600. 
engsten sind die Beziehungen zu einem M1 
ment, dessen weitverbreitete Stichwieder; 
der Grazer Künstler möglicherweise gek 
hat, nämlich zu dem Castrum doloris für 
Polenkönig Sigismund II. August, das 
in der römischen Kirche S. Lorenzo in Dar
	        
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