sieht, das im Laufe späterer Jahrhunderte
etwas breiter wird. Die Stirnfalten und die
Modellierung des Gesichtes sind in den frühen
Beispielen stilisiert und werden später etwas
mehr verlebendigt. Die strenge traditionelle
FormerhältsicharnstärkstenimBereichderKlö-
ster, vorwiegend der des Athos. Die immer
auftretende Inschrift dieser Bilder ist die
Namensligatur: I C f X C : Jesous Christos.
Dazu tritt sehr oft die Aufschrift „H0 Panto-
krator". Innerhalb des Nimbus aber stehen die
Buchstaben „OQN", „das Sein". Diese Be-
zeichnung geht letzten Endes auf die Auf-
nahme neuplatonischer philosophischer Vor-
stellungen in das Christentum durch die Theo-
logen des 5. und 6. Jahrhunderts zurück. Die
Neuplatoniker bezeichnen Gott als „O0n",
von dem die erste Emmanation der „Nous",
der Verstand, ausgehtll. Für die Theologie
des Frühchristentums, besonders des Ostens,
ist es äußerst charakteristisch, daß hier Chri-
stus nicht bloß als „Logos", sondern als das
Sein schlechthin bezeichnet und damit Gott
überhaupt völlig gleichgesetzt wird. Das macht
auch die besondere Bedeutung des Christus-
bildes verständlich, denn nach dieser Über-
legung wird Christus als die „Ikone des
Vaters" bezeichnet, also als der Jirblbar ge-
wordene Gott. Diese Vorstellung aber trifft
wieder mit dem Kaiserkult zusammen, da für
diesen der wesentliche Zug die Sichtbarkeit
und Menschlichkeit Gottes ist. Daraus ent-
stand die Suche nach dem „Porträt" Christi,
also nach seiner Faßbarkeit, was für die Ent-
stehung des Pantokratorbildes vorausgesetzt
werden muß. Da sich der angeführte philo-
sophisch-theologische Prozeß im S. und 6.
Jahrhundert abspielte, kann auch das erste Auf-
kommen der Nimbusinschrift für diese Zeit
angenommen werden.
Die bevorzugte Stelle zur Anbringung des
Pantokratorbildes ist der Scheitel der Haupt-
kuppel des Kirchengebäudes. Nur wenige frühe
Beispiele dieser Art sind auf uns gekommen.
Zu den bedeutendsten gehören: der Pantokrator
in der Klosterkirche von Daphni, iener der
Nea Moni auf Chios wie der Pantokrator der
Kirche von Arta in Epiros. In direkter Ab-
leitung davon stehen die beiden Pantokrator-
bilder in den Apsiswölbungen der norman-
misch-byzantinischen Kirche Siziliens in Mon-
reale und (Icfalu. Aber auch an anderen Stellen
der Kirchengebäude treten Pantokratorbilder
auf, wie über dem Eingang jenes berühmte
Bild in der Chorakirche von Konstantinopel
oder das besonders qualitätsvolle Bild an einer
Wand der Südgalerie der Hagia Sophia. Dar-
über hinaus existieren nahezu unzählige gleich-
artige Bildcr Christi nicht nur im byzantini-
schen, sondern auch im westlichen Bereich,
nicht nur an den Wölbungen und Wänden der
Kirchen, sondern auch auf transportablen
Ikonen. Das Pantokratorbild, das in allen diesen
Fällen allein für sich genommen erscheint,
tritt aber darüber hinaus auch in szenischer
Verbindung auf.
Abgesehen von Darstellungen des Jüngsten
Gerichtes, in denen das Bild Christi im Verlauf
der Jahrhunderte den Pantokratortypus an-
nahm, erscheint eine verwandte Entwicklung
in dem Bild der Deeri: 11, der Fürbitte Mariens
und Johannes des Täufers bei Christus für die
Menschheit. Diese Bildkomptisition erhebt
weder den Anspruch auf direkte göttliche Ent-
stehung, noch ist sie eine Illustration einer
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