Berichte (NACHTRAG)
Anläßlich der Wiener Festwochen
1970 war im WIENER
KUNSTLERHAUS vom 10. Juni bis
30. August eine Ausstellung unter
dem Titel MOTIVE a STADT- UND
OFlTSBlLDER OSTERREICHISCHER
KUNSTLER zu sehen. Dabei zeigte
sich, welch hohes Niveau auch in
diesem von vielen wohl zu Unrecht
totgesagten Genre von öster-
reichischen Künstlern erreicht wird.
Es war wohl schon immer so, die
Wiedergabe der Landschaft konnte
sich nicht in einem reinen Abbilden
erschöpfen. Die mit wenigen
Strichen gefügten Federzeichnungen
eines Wolf Huber bestätigen uns
schon, daß persönliche Konfron-
tation und Spannung in diesen
Motiven den ersten Platz einnehmen.
Nach diesem Gesichtspunkt war auch
diese Ausstellung gestaltet und
bringt daher erstklassige Namen.
Sicher sind einige auch eher dieser
bekannten Namen wegen in der
Schau zu finden und haben mit der
Thematik nur sehr entfernt zu tun.
Doch die meisten bringen eine
echte Auseinandersetzung mit der
Landschaft. Das beginnt bei
Bleistift- und Temperaarbeiten von
Schiele und setzt sich mit Boeckls
Aquarellen fort, wobei Schmitt,
Stark und Karger wieder dessen
Schule fortsetzen. (Hier hätten auch
noch die Aquarelle des Josef Schulz
gezeigt gehört.) Dobrowsky,
Frankl und Stransky vertreten die
expressive Bewegung. Ein besonderer
Höhepunkt ist Wilhelm Thöny.
Von den Phantasien sind besonders
Lehmden, Brauer und Korab zu
nennen. Von Kokoschka sind
5 Blätter aus dem bekannten Zyklus
„Bekenntnis zu Hellas" zu sehen.
Pillhofer, Pramstaller, Absolon und
Drexel sind mit feinen Strichzeich-
nungen vertreten. Bei Pevetz,
Schiestl und Zechyr verdichten sich
die Lagen. Paar und Malli zeigten
bewegtere Strichführungen.
lm ganzen waren 195 Werke von
50 Künstlern zu sehen. Ein ausge-
zeichneter Katalog ergänzte die sehr
beachtenswerte Ausstellung
(Abb. 26729).
Vorn 15. Mai bis 23. August 1970
war im LINZER SCHLOSS eine
Ausstellung des 189] in Gmunden
geborenen KARL ROSSING zu sehen.
Der Künstler unterrichtete schon in
den zwanziger Jahren auf der
Folkwang-Schule in Essen, später
auf der Akademie in Berlin und
Stuttgart. Holzstiche und Linol-
schnitte geben Einblick in ein
CEuvre, das eine zutiefst magische
Komponente hat. Zeigte das Werk
von 1917 bis 1950 hauptsächlich
kleine Formate, so finden wir ab
diesem Jahr großere Blätter. Rössing
bevorzugt nun den Linolschnitt;
die vielfarbige Clairobscuretechnik
kommt seinen Intentionen entgegen.
Diese werden uns immer wieder in
den schemenhaften Gestalten, in
den Spuren von flüchtigen Wesen
wie Taube und Pferd, aber auch in
den halbverwehten Umrissen
leitender Eroberer, Zeugen ver-
gänglicher Geschichte, bewußt.
Das Knittrige, Verblaßte, Angedeutete
die Schriftfragmente und Symbol-
zeichen führen in ein von der Ratio
unauslotbares Feld. Die Abfolge
der verschiedenen Druckvorgänge
wird gleichsam zu einer Doku-
mentation verschiedener Epochen
des Da-Seins.
133 Blätter und auch Bücher, die
Illustrationen von Rossing aus drei
verschiedenen Epochen zeigten,
von 1919, 1934 und 1955, geben
einen Beweis von dem eminenten
Können dieses Graphikers (Abb.
30, 31 ).
Alois Vogel
50
BILDTEXTE 26-31
26
27
28
29
30
31
Hans Hollein, Project for a city, 1970.
toa X 200 cm
Rudolf Hradil, Haus in Paris, 1970.
Lithographie, 7a X 53 cm
Karl Korab, Hinterhof mit blauer Kuppel,
1968. Gouache, 17 X 22 Cm
Karl Stark, Svolver (Loloten), was.
Gouache, 48 X G3 Cm
Karl Rosslrig Hochebene der Tonkruge II,
2, Handdruck, a7 X so cm
Karl Rossing Papierhalm und Taube.
e. Handdruck, a2 X a1 CITI
Uhrenausstellung auf Schloß
Sternherg in Mähren
In den historischen Räumen des
Schlosses Sternberg in Mähren fand
im Rahmen eines internationalen
Symposiums über Zeitmeßtechnik und
Technologie vom 4. bis 30. Juni 1970
eine Ausstellung von antiken Uhren
und Zeitmeßgeraten statt, die auf
Grund der Beschickung frühester
Erfindungen auf dem Gebiete der
Räderuhr aus dem ln- und Ausland
zu einem internationalen Ereignis
wurde."
Das Osterreichische Museum für
angewandte Kunst war ebenfalls mit
typischen Erzeugnissen aus der Zeit
des frühen 19. Jahrhunderts ver-
treten, so daß sich dadurch gute
Vergleichsmöglichkeiten mit aus an-
deren Gebieten stammenden Objekten
ergaben. Darüber hinaus wurden aber
auch aus den Museen Prag, Brünn.
Olmütz und anderen Städten der
Tschechoslowakei verschiedenartigste
Uhren Wiener Provenienz zur Schau
gestellt. Etwa eine Tischuhr mit einer
Plastik, darstellend die Allegorie der
Zeit, und der Signatur „Magister
Josephus Raidegg, scalprum poly-
cletes Austriacus", ein Meister, der
in den hiesigen Archiven als ln-
nungsmeister der Goldschmiede ver-
zeichnet ist und damit seine Viel-
seitigkeit bekundet. Eine zum Inven-
tar des Schlosses gehörige kostbare
englische Bodenstanduhr von Daniel
Ouare, einem der großen Erfinder auf
dem Gebiet der Uhrentechnik, sowie
Tisch- und Kleinuhren haben dem
Niveau dieser Uhrenschau den
Stempel aufgedrückt. Ein dänischer
Sammler stellte eine Uhr von David
Buschmann aus dem Jahre 1670 zur
Verfügung, außerdem Taschenuhren
der Zeit um 1720 und früher, darunter
eine Uhr von dem Grazer Anton
Kornmann aus dem Jahr 1720.
Die Buschmanns sind eine der be-
deutendsten Uhrmacherfamilien in
Augsburg, die eine Reihe von
Neuerungen, die für die Entwicklung
der Räderuhr entscheidend waren.
erfanden. Das Bayrische National-
museum München stellte wohl das
früheste datierte Räderwerk zur Ver-
fügung, eine Werkplatine mit Feder-
haus, Stahlfeder, Schnecke, signiert
G. M. C. S. 1509.
So wurde die Ausstellung nicht nur
eine Augenweide für den Liebhaber
und Fachmann, sondern auch für den
Laien ein Erlebnis, dem die herrlichen
Räume der historischen Burg Stern-
berg mit ihrer kostbaren Innenein-
richtung noch einenbesonderenHöhe-
punkt verliehen.
Die Ausstellung wurde von fast
allen bedeutenden Experten des ln-
und Auslandes, einschließlich Eng-
land und Amerika, besucht (Abb. 32).
32 Tischuhr aus Stahl mit Silberziflorbiatt.
32
Wien, um 1825. unsigniart
Zum Ableben Richard Neutras
(16. April 1970 in Wuppertal)
Vor wenigen Monaten erst haben wir den
Versuch einer Wuidigung Neutras unter-
nommen (Alte und moderne Kunst, Heft
Nr. 107, Hermann Exner: Kunst ist Elfl
biologischer Wert - Richard Neuua und
saina Bauten). oiassr Aufsatz, der auch als
Sonderdruck erschienen ist, hat Richard
Neutra viel Freude bereitet, wie einem
Vermerk der Witwe auf der Trauernachricht
zu entnehmen ist:
..Ei hat sich noch sahi uber den schönen
Artikel von Exner gefreut, den wir Ihnen
verdanken.
Ihre Diorie Naitlra."
Die Stationen dieses wahrhaft erlullten
Lebens sind bekannt; in Wien die ent-
scheidenden Begegnungen rnit Otto Wagner
und Adolf Loos, die Arbeit bei Mendelsohn
in Berlin, in Amerika, seiner zweiten Heimat
die Zusammenarbeit mit Sullivan, Wright,
Sciirndler und Alexander.
Neutras Werk, bestaunt und bewundert auf
allen Kontinenten, ist rrun von Jungen
Architekten fortzusetzen; lTlll seinen
Gedankengangen, die - immer im Hinblick
aul den Menschen 7 in vielen Bereichen
zukunliiga Entwicklungstendenzen der
Architektur einbezogen haben (Abb. 33).
34
Eine Dekanatskette für die
Neue Universität Innsbruck
von Josef Schagerl
Der Bildhauer Josef Schagerl, der im August
dieses Jahres im Osterreichischen Museum
fur angewandte Kunst eine Ausstellung seiner
Plastiken zeigte, schui lur die Fakuitat fiir
Ingenieurwesen und Architektur der Neuen
univorsitat Innsbruck eine Dekarlatskette.
Ihre Lange betragt a5 cm, mit Anhänger
105 cm, und ihr Gewicht ist 1250 g, davon
ca. 450 g 14karatiges Gold. Die Glieder sind
bis s ntrri stark, der Anhänger besteht aus
e rrrni starkem Chromnickelstahl mit einer
1,2-i,4 mm starken Goldauflage auf den
vorderen Flachen, Die Verbiridungsringe
sind massives Gold urid alle Flachen der
Keile Sind hochglanzpoliert.
Durch die Verwendung von Chromnickelstalil
war es - bei niedrigen Materialkosten -
lTiOgllCh, sehr massiv zu arbeiten und EINE
Malerlalwirkung zu erreichen, die der
Plalin-Gold-Kombiriailon gleicht.
Die Flache im Zentrum des Anhangers wurde
iiir die Beschriftung (Widmung) freigehalten
auf den Fluckilaciian der Glieder sollen
Name und Wirkzcit des jeweiligen Dekans
cirigrnirisrr werden (Abb. 34). n
BILDTEXTE 33-34
33 Richard Neutra bet einem seiner letzten
vorrraga in der offantiichkcit
34 Dekanatsketie lur die Neue univarsirat
Innsbruck von Josef Schagerl