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Volltext: Alte und Moderne Kunst XV (1970 / Heft 113)

Eerichtä 
Informationen 
Aus der Kunstwelt Aktuelles 
 
Das Salzburger Barockmuseum 
gegründet _ 
Am 6. Oktober 1970 haben Landes- i 
hauptmann und Bürgermeister von 
Salzburg für die Stadt und das Land 
Salzburg mit dern Kunstexperten, 
Sammler und Publizisten Dr. Kurt 
Rossacher einen Vertrag zur 
Errichtung eines neuen Museums I 
abgeschlossen, dessen Rechtsträger 
die Stadt Salzburg sein wird. 
Das „Salzburger Barockmuseum . 
(Sammlung Rossacher)" wird im 
barocken Gärtnergebäude des 
Mirabellparkes errichtet und ist 
ausschließlich der Darstellung des 
europäischen Barock in seinen 
Künstlerentwürfen gewidmet. Das 
Zentrum der Sammlungen bildet die 
durch Ausstellungen in Salzburg, l 
Deutschland und USA bekannt- 
gewordene Sammlung Rossacher. l 
Sie umfaßt Olskizzen, Bildhauer- 
entwürfe und Zeichnungen barocker 
Künstler des 17. und 18. Jahrhun- 
derts von Rubens bis Kremser 
Schmidt. Mit dem Vertrag sind die 
Bestände der Sammlung durch 
Schenkung und Leihgaben großteils 
in öffentlichen Besitz übergegangen. 
Die Direktion hat Dr. Rossacher 
selbst übernommen. Ihm wird ein 
dreiköpfiges Direktorium, dem als 
Vertreter der österreichischen 
Museen Prof. Dr. Wilhelm Mrazek 
angehört, hilfreich zur Seite 
stehen. 
Der Gründer hofft auf eine enge 
Zusammenarbeit mit anderen be- 
deutenden Barocksammlungen, an 
deren Spitze die Osterreichische I 
Galerie in Wien und die Deutsche 
Barockgalerie in Augsburg zu nennen 
sind. 
Dr. Kurt Rossacher ist seit 1961 
Herausgeber dieser Zeitschrift. Die 
Redaktion hat daher besonderen 
Grund, der Neugründung ihre besten 
Wünsche für eine schöne Entfaltung 
und Wirksamkeit in der Zukunft 
auszusprechen. 
Kurt Ohnsorg f 
Wie wir schon berichteten, hat Kurt 
Ohnsorg den Freitod gewählt. Im 
folgenden bringen wir einige Pas- 
sagen aus einem Nachruf auf den 
Künstler. 
Einer der wesentlichsten Impulse zur 
Erneuerung der keramischen Kunst 
in Österreich ging von den Arbeiten 
Kurt Ohnsorgs aus. Im Besitz 
vollkommener Meisterschaft. 
gestaltete er seit Jahren Keramiken, 
deren materialgerechte Verarbeitung 
und organisch-funktionelle Form zu 
den hervorragendsten Leistungen auf 
dem keramischen Gebiet gehören. 
Wie in Urzeiten ging es Kurt Ohnsorg 
nicht um „Schönheit", um ästhetische 
Manierismen, sondern um „Wahr- 
haftigkeit", um die Einheit des 
keramischen Organismus, bei dem 
Kern und Schale, Scherben und 
Glasur, Substanz und Oberfläche 
einander durchdringen und 
bedingen. 
Eine solche Grundhaltung drängte 
zur Begegnung und zum Wirken mit i 
Gleichgesinnten. Im Josef- Hoffmann- 
Seminar und in den keramischen 
Symposien schuf Ohnsorg jene allen 
offenen und freien Institutionen. wo 
die handwerkliche, künstlerische und 
menschliche Einheit beim gemein- 
samen Gestalten und Experimentieren 
realisiert werden konnte. 
Wilhelm Mrazek 
48 
.erwies sich somit 
1 studierenswerte Dokumentation und 
_ Museum des 20. Jahrhunderts - 
Der Mensch im Weltall 
Uber Aufgabenbereich und Zweck des 
Museums von heute wurde in den 
letzten Jahren vor allem in der be- 
nachbarten Bundesrepublik viel und 
strapaziös diskutiert. Den konsequen- 
testen und zugleich umstrittensten 
Schritt in Richtung des vielverlangten 
„Umfunktionierens" von Museen tat 
allerdings das 7 im konservativen 
Wien und nicht in den progressiven 
Metropolen der Welt beheimatete - 
Museum des 20. Jahrhunderts, in dem 
in den Monaten September und Ok- 
tober die mit Spannung erwartete 
Dokumentation „Der Mensch im 
Weltall. Die Epoche des überflie- 
ßenden Sehvermögens" gezeigt 
wurde. 
Die von Dr. Otto Graf mit ganzem 
Einsatz organisierte Schau umfaßte 
neben 400 Photos und einigen realen 
Objekten die im Mittelpunkt der 
Ausstellung stehende Kommando- 
kapsel des Raumschiffes Apollo 10. 
das im Mai vergangenen Jahres ge- 
startet wurde. Dieser Publikums- 
magnet, dessen Hitzeschildpatina je- 
dem Bildhauer alle Ehre machen 
würde, konnte in Wien infolge der 
großen Gefragtheit des historischen 
Objektes nur während der beiden 
ersten Wochen der bis 31. Oktober 
dauernden Schau gezeigt werden. 
Wesentlicher als die Ausstellung 
selbst, deren Anreiz sich logischer- 
weise auf die Apollo-Kapsel kon- 
zentrierte, ist allerdings ein anstelle 
eines Kataloges von Otto Graf im 
Osterreichischen Bundesverlag unter 
dem Ausstellungstitel herausgege- 
benes Buch. Der 348 Seiten starke, 
mit 200 Abbildungen (63 davon sind 
,farbig) ausgestattete Band enthält 
außer Quellen von der Antike bis heute 
ausführliche Texte von lgor A. Caruso, 
Günther Anders und Otto Graf, die 
die wesentlichsten, unsere Existenz 
berührenden geistigen Aspekte der 
komplexen Materie berühren. Im Hin- 
blick auf den profunden Inhalt und 
die Ausstattung des von Georg 
Schmid graphisch gestalteten Buches 
ist der Preis von 90 Schilling eine 
Bagatelle! 
Wesentlich an der in mühevoller 
Kleinarbeit gewachsenen Schau war 
ihre allgemein verbindliche humane 
Tendenz, die den epochemachenden 
Ereignissen gerechter wird als die - 
zumeist bemühte - bloße Fakten- 
registratur. In seiner philosophisch 
bestimmten Eröffnungsrede betonte 
Otto Graf ausdrücklich, daß die Aus- 
stellung „keine ideologische Apo- 
logie irgendwelcher sozio-politischer 
Verhältnisse" manifestieren wolle,son- 
dem als notwendiger, realistischer 
Akt einer zu gewaltigen Konsequenzen 
führenden Bewußtseinserweiterung im 
Sinne einer Präzisierung der eigent- 
lichen Aufgaben des Menschen anzu- 
sehen ist. Die Schrittmacherdienste 
i des Museums als geistigem Ort von 
Erkenntnisvermittlung dafür in An- 
spruch zu nehmen, war schon des- 
halb legitim, weil der Musentempel 
von einst - wie es Otto Graf im 
Vorwort seines Buches formuliert - 
..neue Aufgaben zu erfüllen hat, will 
er mehr sein als ein Karner für den 
Tourismus oder ein Karneval für 
vergessene Avantgarden. die beide 
nichts anderes suchen als ein Opiat 
gegen die Langeweile in der Konsum- 
gesellschaft". Die Ausstellung zum 
Thema „Der Mensch im Weltraum" 
nicht nur als 
geistige lnitialzündung rund um die 
Apollo-10-Kapsel, sondern auch als 
polemischer Aniaß, neue Definitionen 
und ergänzende Aufgaben für jene 
Institutionen zu finden, die man bis 
heute mit dem antiquierten Wort 
Museum bezeichnet (Abb. 1). 
Galerie nächst St. Stephan s 
Arnulf Rainer 
Arnulf Rainer beschäftigt sein s 
immer größer werdendes Publikum - 
heute mehr denn je. Nach einer be- 
achtlichen Ausstellungssuite in 
Deutschland zeigte er in Wien unter 
dem bereits zum Slogan gewordenen 
Motto „Faces-Farces" an die sechzig 
Arbeiten älteren und neuen Datums. 
Die meisten von ihnen fixieren dabei 
Extrempositionen, die diesen frühen 
Außenseiter der österreichischen 
Avantgarde schon immer interes- 
sierten, zugleich aber auch ständig 
Vorwürfe einbrachten, die zum Groß- 
teil auf grundlegenden Mißverständ- 
nissen hinsichtlich der von Rainer 
angesteuerten Zwischenbereiche be- 
ruhten. 
Mißverständnisse in seiner Personal- 
schau nächst St. Stephan provozierten 
am ehesten die umstrittenen Por- 
trätphotos und Riesenvergrößerungen. 
die Rainer mit verzerrtem Gesichts- 
ausdruck und zum Teil unbeschreib- 
lich häßlichen Grimassen zeigten. 
Rainer stellt in ihnen extreme Mimik, 
die erstaunlich variationsreichen Aus- 
drucksmöglichkeiten seines Gesichtes 
zur Diskussion. Gesichterschneiden 
als entlarvende, enthemmende. er- 
schreckende Kunst, die seelische 
Tiefen auslotet und gewollte, bewußte 
Verrückheit in Relation zum Ausdruck- 
muß klinisch Abnormaler stellt. Hand- 
kolorierte Unikatvergrößerungen die- 
ser Automatenphotos kosten 4800 
Schilling, Bilder in Auflagen von zehn 
Stück je neunhundert. 
Daneben gab es - umje 22.000 S - 
fünf mittelformatige Ubermalungen, 
meditative Tafeln mit Lichtblicken im 
jeweiligen oberen rechten Eck. Sie 
entstanden 1960, wurden von Rainer 
jedoch vermutlich in späteren Jahren 
nachträglich überarbeitet. Unter der 
Graphik fanden Sammler ausgespro- 
chene Spitzenblätter, die jedoch nur 
noch sehr teuer zu haben waren: 
Eine gut zehn Jahre alte, kleine 
Meditation um 8000 Schilling, grö- 
ßere Blätter, darunter so manches 
LSD-Profil, zwischen 20.000 und 
40.000 Schilling. „Exil 13", eine rund 
ein mal zwei Meter große Bleistift- 
Zeichnung auf Ultraphan wurde gar 
um 140.000 S angeboten (Abb. 
2a4). 
Galerie Stubenbastei s 
Karl Anton Wolf 
Karl Anton Wolf, neben Frohner 
und Moswitzer Österreichs dritter 
offizieller Kandidat der vorzeitig wegen 
eines Aufseherstreiks geschlossenen 
Biennale von Venedig, stellte in der 
Galerie auf der Stubenbastei in Wien 
aus. Wolf zeigte in der Hauptsache 
Graphik jüngeren Datums. Eindeutig 
am besten schnitten dabei die sechs 
zu dem Zyklus .,C-Werk" zusammen- 
gefaßten Tuschen ab (unser Photo). 
die sehr starke Beziehungen zu Wolfs 
Skulpturen aufweisen und hinsicht- 
lich ihrer graphischen Verve und 
der sicher gehandhabten Schwarz- 
weißvaleurs mit zu den besten Ar- 
beiten zählen dürften. auf die der 
Graphiker Wolf bis heute zurück- 
blicken kann. Die Lebendigkeit dieser 
spannungsreichen Blätter, ihr Be- 
ziehungsreichtum innerhalb wieder- 
holt verwendeter, signifikanter, aus 
dem Handschriftlichen heraus ent- 
wickelter Bildelemente verwiesen die 
mitausgestellten,wenigeradäquai 
gesetzten Aquarelle mit Abstant 
Platz 2. Günstigen Eindruck hi 
ließen allerdings auch die stimmt 
vollen Ölbilder, die der Künstle 
retrospektive Ergänzung in ger 
Stückzahl darüber hinaus ai 
(Abb. 5). 
OCC-Mahlerstraße 7 - 
Drobny. Spurey, Moosmann 
Als neues Zentrum zur Förderung 
modernen Kunsthandwerkes in C 
reich präsentiert sich seit kurzen 
in zwei Parterreräumen der Han 
ger-Papierfabrik (Wien l, M2 
straße 7) untergebrachte .,Au: 
Crafts Council". Die über ihre 
gliedschaft beim „WorId Crafts C 
ciI" der UNO angegliederte Ort 
sation will primär in Form von 
stellungen ein möglichst bl 
Publikum mit dem hohen Niveai 
zeitgenössischen Kunsthandwerk 
unserem Land bekanntmachen. 
dies wirkungsvoll nur mit quaI 
erstrangigen und dennoch r 
günstigen Exponaten geschehenl 
bewies bereits die erste, vom Dir 
des Österreichischen Museum: 
angewandte Kunst, Dr. Wilhelm 
zek, eröffnete Ausstellung. Sie 
hielt neben einer sehr abwechslt 
reichen Auswahl an Gold- 
Silberschmuck des Ateliers Dri 
Linz, neue Arbeiten in Porzellan 
Kurt und Gerda Spurey (sie sir 
gleicher Weise von der unkor 
tionellen Materialverarbeitung wie 
Formaten her interessant) sowie 
rere gestickte, stark graphisch be 
Wandbehänge (Seide und WOHI 
Leinen) des Wieners Sepp N 
mann. Alles in allem eine erfret 
Initiative, die auch deshalb Zukt 
chancen besitzen sollte, weil sie 
nicht nur auf eine regelmäßige 
stellungstätigkeit beschränken 
sondern auch durch Erziehungsa 
technische Hilfe den Künstlern ge 
über und den Aufbau eines 
fassenden Publikationsarchives 
angestrebte lnformationstätigkeit 
Geschmackshebung erreichen 
(Abb. 6, 7). 
Galerie im Griechenbeisl - 
Paul Rotterdam 
Ausschließlich Zeichnungen - 
gesamt mehr als vierzig Blättei 
den Jahren 1968l69 - zeigte de 
Wiener Neustadt gebürtige, seit 
mehr zwei Jahren in den USA lel: 
Maler und Graphiker Paul Rotte 
in der Galerie im Griechenbei 
Wien. Die trotz gleichbleibenderi 
nik abwechslungsreiche Graphik: 
bildete den Vorspann einer gröl 
..Osterreich-Offensive" Rotterc 
der im Anschluß an die Schar 
Werke der diesjährigen Retz 
Malerwochen von der Neuen G 
in Graz mit seiner bisher umfass 
sten Kollektive vorgestellt wurde 
Rotterdam,dernurfürwenige Wc 
seiner Heimat einen Besuch 
stattete, unterrichtet seit läng 
als Dozent am Carpenter Cent: 
the visuel arts der Harvard Univ 
in Cambridge, USA. Wie ein Ka 
des Osterreichers aus Anlaß 
dreißig Arbeiten umfassenden 
sonalschau im De Cordova-Mu 
in Lincoln beweist, beschäftigte 
Rotterdam zuletzt wiederholt 
größeren reliefartigen Arbeiten 
deutlicher Environment-Ter 
(siehe Heft 1). 
Der spröde, unaufwendige Stric 
jetzt in Wien vorgestellten, t 
titelten Graphiken zeigt ausge 
subjektive Merkmale einer siche
	        
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