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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVI (1971 / Heft 115)

der nach der Beschreibung von 1778 andeuten 
soll, daß die Lehre des Krates „zwar Grund 
habe, doch aber den Zeitpunkt ihrer Aufklä- 
rung noch erwarte". 
Diese Umstellung erklärt den wohl schwerwie- 
gendsten Unterschied zwischen der Augsburger 
und den übrigen Versionen: Die Zentralgruppe 
des Bildes, die göttliche Weisheit, wendet sich in 
Augsburg der Alexander-Diogenes-Gruppe zu, 
in der Nachzeitzhnung nach Klosterbruck, der 
Prager Gesamtskizze und dem Fresko in 
Strahov dagegen zur gegenüberliegenden Seite. 
Alexander zählt in Augsburg zu den Erleuch- 
teten, zusammen mit den Philosophen. Beide 
Gruppen sind der göttlichen Weisheit teilhaftig, 
die weltliche Macht und die geistige. Das ist 
ein grundsätzlich anderes Programm als in 
Klosterbruck oder Strahov. Dort werden die 
Vertreter der vier Fakultäten, die Naturwissen- 
schaftler, Forscher, Staatsmänner, Gesetzgeber 
und die „p0sitiven" Philosophen, Plato und 
Sokrates, vom Himmel begünstigt. Während 
die Augsburger Alexander-Diogenes-Gruppe 
durch die Gehilfen der göttlichen Weisheit vor 
den Lastern, angedeutet durch Larve, Speer und 
Pfeil, beschützt wird, schüttet in der Freskobe- 
schreibung von 1778, wie auch in der Nachzeidu- 
nung für Klosterbrudt, ein Genius das Füllhorn 
der „oekonomischen Vortheile" über die Re- 
präsentanten der Wissenschaften aus. Diese 
Gruppe ist in Augsburg sichtlich unterbesetzt 
und vernachlässigt gegenüber Klosterbrudt und 
Strahov. Knapp die Hälfte läßt sich nament- 
lidi benennen. Die Gestalten führen das Thema 
der gegenüberliegenden Seite fort und variieren 
es, dod1 ohne ein neues Kapitel aufzusdilagen. 
Es fehlen hier die Szenen des rechtsdiaffenen 
Sokrates im Kerker, umgeben von den trau- 
ernden Freunden, oder das Familienidyll Kleo- 
bolus und Kleoboline. Letzteres ist auch auf der 
Nachzeidmung von Klosterbrudt dargestellt, 
zusammen mit anderen in Augsburg unbekann- 
ten Figuren. 
Die zentrale Gruppe besteht in Augsburg (Abb. 
10) aus den Personifikationen der göttlidien 
oder ewigen Weisheit, die Liebe zu Lernen, der 
Toleranz oder Duldung, der Stärke oder Stand- 
haftigkeit und des vernichteten Lasters. ln 
Klosterbrudt wurden laut Besdireibung außer- 
dem der Ruhm als Genius mit zwei Posaunen, 
die Vernunft in Gestalt eines ernsthaften jüng- 
lings mit der Flamme über der Stirn, der Wille 
als junges Weib, die Wollust als Kind, ein 
Genius mit Füllhorn, eine verschleierte Person 
mit verschlossenem Budi, die liliengekrönte 
Reinheit, die Andacht mit erhobenen Händen, 
die Sanftmut als Lamm und ein Kind mit Gar- 
ben als Früchte der Wissenschaft vorgeführt. Die 
Brünner Nachzeichnung Winterhalters (Abb. 
12) gibt darüber leider ungenaue Auskunft. 
Einige Motive scheinen zu fehlen, z. B. Ruhm 
und Stärke, sofern sie nicht durch Beschnitt der 
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