Aus der Kunstwelt
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Albertina -
Rembrandt als Druckgraphiker
Ähnlich dem diesiährigen Dürer-Jubi-
läum, das neben ernsthaften For-
schungsergebnissen auch zu iahr-
marktähnlichen Auswüchsen führen
dürfte, war das dreihundertste Todes-
iahr Rembrandts 1969 Anlaß zahl-
reicher Ausstellungen und Feierlich-
keiten in aller Welt, die dem male-
rischen, zeichnerischen und druckgra-
phischen Werk dieses „Piloten" der
Kunstgeschichte galten. Die Albertina
hatte sich aus dem damaligen Rum-
mel wohlweislich herausgehalten.
Die größte graphische Sammlung der
Welt vermied es so, eine unter vielen
zu sein (was ein mögliches Optimum
an wissenschaftlicher Aufmerksamkeit
verhindert hätte) und zog aus dem
Zuwarten insofern beträchtlichen Ge-
winn, als im Zeitpunkt der Endredak-
tion der nunmehrigen bis 28. März
1971 anberaumten Rembrandt-Exposi-
tion fast alle wichtigen Forschungs-
ergebnisse des Jubiläumsiahres be-
reits vorlagen. Die von Erwin Mitsch
denkbar optimal zusammengestellte
Retrospektive erwies sich - und darin
lag neben ihren wissenschaftlichen
Vorzügen das eigentliche Verdienst
der Ausstellung - als ungemein zeit-
nah und aktuell. Man mußte ihr das
zubilligen, obwohl auch diese Schau
wie alle vergleidisweise trockenen Al-
bertina-Ausstellungen ohne moderne
Ausstellungsmethoden und Techniken
audiovisueller Art ihr Auslangen fand.
Rembrandt (1606-1669) erweist sich in
vielen seiner durchweg kleinformati-
gen Radierungen als echter Experi-
mentator, der die technischen Beson-
derheiten der Tiefdruckverfahren in
allen Variationsmöglichkeiten aus-
nützt und der beabsichtigten Wirkung
und Aussage seiner Blätter adäquat
unterordnet. Die Ausstellung kon-
frontierte demzufolge auch mit zahl-
reichen Zustands- und Probedrucken,
darunter Abzügen, deren Platten fort-
laufend bearbeitet oder auch nur auf
Grund verschieden starken Auswi-
schens in entsprechend variierenden
Valeurs gedruckt wurden. Daß es
Rembrandt nur am Rande um techni-
sche Perfektion ging, wird einem spä-
testens durch die ietzt gebotene Ver-
gleichsbasis klar.
Rembrandts radiertes Guvre, von dem
die Albertina den größten Bestand be-
sitzt, läßt von Mal zu Mal Entdeckun-
gen, neue Erkenntnisse und neue Zu-
sammenhänge im Sinne einer nach wie
vor aktuellen Aussage zu, die auch,
stilistisch betrachtet, hinsichtlich ihrer
„Modernität" die meisten Realisten
unserer Tage aussticht. Rembrandts
Kunst spiegelt das existentielle Ringen
ihres Urhebers, sein Verständnis für
die Relativitäten des Lebens, den gei-
stigen Anspruch, den man gerade in
unscheinbaren, skizzenhaften, sozusa-
gen nebenbei entstandenen Blättern
des Meisters ablesen kann. So finden
sich neben größeren Arbeiten äußer-
ster Dichte und optimaler technischer
Perfektion viele bloß postkartengroße
und briefmorkenähnliche Formate, die
ergänzend zu weltbekannten, immer
wieder publizierten Drucken wie dem
„Hundertguldenblatt" oder der im
46
Strich ungemein markanten Kreuzi-
gungsdarstellung [Katalog 230) das
breite Spektrum einer genialen künst-
lerischen Leistung und Haltung doku-
mentieren (Abb. 1,2).
Museum des 20. Jahrhunderts -
Anfänge des Informel
in Österreich, 1949 bis 1953
Mit einer überaus instruktiven Exposi-
tion, die einem der interessantesten
Abschnitte der iüngsten österreidrii-
schen Kunstgeschichte gewidmet war,
begann das Museum des 20. Jahrhun-
derts in Wien das neue Ausstellungs-
iahr. Unter dem Titel „Anfänge des
lnformel in Usterreich, 1949 bis 1953;
Vorläufer und Zeitgenossen" ver-
einte die von Otto Breicha zusam-
mengestellte Schau abstrakte Arbei-
ten von Maria Lassnig, Oswald Ober-
huber und dem erst vor kurzem n'e-
ben Bruno Gironcoli als Kandidat für
die diesiährige Biennale von Sao
Paulo nominierten Arnulf Rainer.
Die mit 272 Bildern, graphischen Blät-
tern und Plastiken ungewöhnlich um-
fangreiche Ausstellung dokumentierte
eine - heute wieder besonders ak-
tuelle und in ihren wesentlichen Zu-
sammenhängen erst richtig überschau-
bare - Phase bildnerischen Schaffens,
die der österreichischen Uftentlicti-
keit so gut wie unbekannt ist. Ein
Großteil der Werke [so etwa die Bil-
der und Plastiken von Oswald Ober-
huber) wurde überhaupt noch nie öf-
fentlich gezeigt, was den informa-
tionswert der Schau besonders unter-
streicht. Durch das Einbeziehen we-
sentlicher Werke der internationalen
Szene aus eigenen Sammlungsbestän-
den wurden darüber hinaus größere
historische Querverbindungen aufge-
zeigt und an Hand klar formulierter
Texttafeln fachlich interpretiert. Die
Basis des Kunstwerkes wird durch der-
artige didaktische Methoden über das
rein Ästhetische hinaus radikal er-
weitert und umfaßt neben formalen
und stilbildnerischen Aspekten auch
den historisch-soziologischen Konnex.
Naturgemäß bot die gründlich vorbe-
reitete Ausstellung eine Fülle echter
Entdeckungen und Überraschungen.
Das galt vor allem für die Jugend und
dieienigen der älteren und mittleren
Generation, die das damalige Wiener
Kunstgeschehen beinahe geschlossen
ignorierten. Ganz besonders unter-
streichen das Gesagte die Plastiken
von Oswald Oberhuber, die auf
Grund ihrer unkonventionellen, anti-
ästhetischen Auffassung und Material-
behandlung ebenso sehr für sich ein-
nehmen wie durch die Aktualität man-
cher in ihnen angedeuteter, iedoch
erst in den letzten Jahren internatio-
nal zum Durchbruch gelangter Ten-
denzen. Die parallel dazu entstan-
denen farbenfrohen, beherrscht kom-
ponierten tachistischen Bilder bezo-
gen zweifellos wichtige Anregungen
durch das Werk von Willi Baumeister,
verweisen aber auch deutlich auf die
Arbeiten des Amerikaners Jackson
Pollock, den Oberhuber - nadt eige-
nen Worten - im Zeitpunkt des Ent-
stehens seiner eigenen Werke aller-
dings nicht gekannt hat.
Bedeutete für den Tiroler Oberhuber
das Experimentieren mit Gips, Draht-
geflechten und Bildkonstellationen in
Dripping-Manier einen Aufbruch zu
neuen Ufern, so waren dies für die
Kärntner Malerin Maria Lassnig de-
ren formal spannungsgeladenen Mo-
natypien und konzentriert gestalteten
Olbilder. Maria Lassnig formulierte
dies 1951 folgendermaßen: „Die un-
figurative Kunst ist auch keine Ab-
wesenheit, keine Abkehr von der Welt,
vielmehr eine konzentrierte Ansamm-
lung aller ihrer Möglichkeiten und
Widersprüche."
Arnulf Rainer, der zu iener Zeit zu
Maria Lassnig enge Kontakte hatte
und mit ihr wiederholt gemeinsam
ausstellte, begann ebenfalls 1951 seine
Serie von primär graphisch betonten
„Zentralgestaltungen". Im Rahmen
einer Ausstellung der Künstlergemein-
schaft „Hundsgruppe" provozierte er
anläßlich einer - inzwischen histori-
schen - Vernissage das Publikum
durch eine massive Beschimpfung. Es
war dies Rainers Antwort auf die ihn
enttäuschende Ansprache von Ernst
Fuchs. Rainer brach von diesem
Augenblick an radikal seine surreali-
stisch-phantastische Phase ab und di-
stanzierte sich entschieden von den
Malern der späteren „Wiener Schule".
Mikrostrukturen, Formzerstörungen,
depressive und negative Geisteshal-
tung sowie zahlreiche Versuche von
Blindmalerei begannen ihn mehr und
mehr zu beschäftigen. Diese zumeist
mit dem Pseudonym „TRR" signierten
Blätter und Bilder bilden in ihrer
Radikalität den Grundstein fast aller
späteren Werksabschnitte und Ent-
wicklungsverläufe des kompromißlo-
sen Künstlers. Rainers Dynamik in
graphisch kühnen Verspannungen
und Verflechtungen verrät hohes for-
males Vermögen und eine Ökonomie
der bildnerischen Mittel, die in diesen
echten Aufbrudisiahren aus dem In-
tuitiven und Unterbewußten wesent-
lichere Impulse empfing als durch die
Möglichkeiten intellektueller Bezug-
nahme und Kontrolle (Abb. 3-6).
Galerie im Griechenbeisl -
Peter Hauser. Koloman Novak,
Helmut Krumpel
Seit ihrer Gründung vor mehr als zehn
Jahren fungiert die Galerie im Grie-
chenbeisl als Startrampe für iunge
und progressive österreichische Künst-
ler. Mit einer bemerkenswerten Aus-
stellung des Voitsberger Obiekteher-
stellers Peter Hauser und des seit 1966
in Wien lebenden iugoslawischen Ki-
netikers Koloman Novak unterstrich
die Wiener Avantgardegalerie zu Jah-
resbeginn abermals derartige, dem
Experiment dienende und nur selten
auch von kommerziellen Erfolgen be-
gleitete Bestrebungen. Peter Hausers
bemalte Holzreliefs in Hard-Edge-
Manie besitzen beachtliche formale
Qualitäten. Sie sind das Resultat
einer konsequenten Fortentwicklung
konstruktiv-abstrakter Tendenzen van
der Fläche weg ins Räumlich-Dreidi-
mensionale. Hausers bevorzugte Far-
ben sind Gelborange, Schwarz und
Weiß, die er ebenso wie die flächi-
gen Bildpartien in sehr harmonische
und dennoch formaler Spannung nicht
entbehrende Bezüge und O
bringt. Hausers Stil und die
seiner Lösungen bieten sich
ßere innenarchitektonische G
geradezu an.
Auf wiederholte gelungene
menarbeit mit Architekten ka
man Novak allerdings bereit
sen. Kinetische Leuditkuge
„Musik-Lichtorgel" sowie me
netische Bildwerke größerer
tes haben bereits feste Stt
und funktionieren zur volle
denheit ihrer Besitzer als s;
schöpferisches Stimulans. Vor
Griechenbeisl vorgestellten i
iekten gebührt ienem einds
Vorzug, das ausschliefilicf
gungsabläufe in Schwarzweil
stierte und durch eine seht
nische Rhythmik für sich
Ebenfalls einem Künstler der
Generation galt auch dieD
Ausstellung derselben Gale
mut Krumpel, Maler, Rüdlt
Lithograph aus Wien, der
nem ersten Platz bei der Grr
stellung des Europahauses
aequo mit Adolf Frohner)
meistbeachteten Druckgraphi
österreichischen Kunstszene
Krumpels Griechenbeisl-Schc
unter dem Titel „Situationsst
der auch für ein taschenbc
Mappenwerk aus übereinani
ren Transparentfolien Vet
fand. Ähnlich wie in der bei
erschienenen Mappe „11""
Krumpel auch in dieser ne
sentlich unaufwendigeren A
die Demonstration eines 2
schen Prinzips, das den Betrr
Mitakteur, der Vorgegebenh
thographierte „Menschenbilc
durchscheinenden Folien
mannigfach variieren kann
zieht. Krumpel strebt in alle
Arbeiten ein komplexes Bild
tigen Menschen an, der oft
menhaft angedeutet oder g
röntgenalogisch gesehen un
stellt wird. Die Ohnmacht dt
nen, das Verhältnis des In:
zur Masse [und Macht) sind r
gedankliche Aspekte seiner
ßem Ernst getragenen und ir
gel künstlerisch gleichermaße
ler wie formal adäquater
scher Umsetzungen (Abb. 7-9]
Galerie Junge Generatior
Dora Maurer: Applikation
1966 stellte sich die Budape-
phikerin Dora Maurer mit z
stellungen im Internationale
lerclub Wien und der Maer
in Linz erstmals dem österre
Publikum vor. Sie zeigte da
dierungen, die im weitesten
Surrealismus zuzuordnen war
das Einbeziehen starker E
und Ätzvorgänge iedoch am
ausgeprägten Hang zum Ab-
verrieten. Die sehr persönlic
subtilen Arbeiten der Künst
inzwischen österreichische S
gerin wurde, waren vorher
zu sehen und hinterließen da
günstigen Eindruck. Mit völl
Arbeiten überraschte dieselbi
ietzt in der Wiener Galer