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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVI (1971 / Heft 116)

gspunkt. Die Form der barocken Galerie 
inächst Ausdruck eines absolutistischen 
haftssystems, das im Barodt seine ad- 
i Kunstform gefunden hat. Diese Form 
aber in ihren Grundprinzipien durch das 
ihrhundert hindurd1 weiter angewendet 
eibehalten, überall dort, wo sie Größe, 
und Reiditum des Herrschers repräsen- 
sollte, also z. B. bei den Kunstsammlun- 
)aher war der Museumsbesucher des 19. 
inderts im wahren Sinn des Wortes Be- 
er war nämlich zu Besudi in der Galerie 
aisers, die zwar nach dessen Willen der 
ierung zu didaktischen Zwecken dienen 
aber in ihrer Gesamterscheinung immer 
in Symbol des Kaisertums war und vom 
hter auch als s0ld1es aufgefaßt und 
in ihrer Gesamterscheinung hingenom- 
vorden ist. Erst nach dem Zusammen- 
des alten Herrsdiaftssystems begann der 
1e Besucher die Form der Galerieaufstel- 
nidit mehr als gegeben hinzunehmen. 
nun war ja er selbst vom Besucher ge- 
naßen zum Besitzer geworden, neue Be- 
gspunkte waren geschaffen, und diese 
gewandelte Lage mußte auch in der 
der Galerie ihren Ausdruck finden. 
ekundärgalerie enthält Bilder, die ihrer 
ät nach auch in der Primärgalerie gezeigt 
1 könnten, dort aber keinen Platz mehr 
, und überdies solche, die zwar nidit 
von erstem Rang, aber immer noch sehr qua- 
litätvoll sind und sowohl beim Fachmann wie 
beim Laien Interesse und Gefallen erwedren. 
Die Zeit ist vorbei, wo man der Meinung war, 
nur die Spitzenwerke der Kunstgesdiidite, nur 
die ganz großen Namen wären es wert, in Be- 
tracht gezogen und vor das Publikum gebracht 
zu werden. Die großen Maler und ihre Werke 
sind lange bekannt und bearbeitet, diejenigen 
der kleineren aber noch bei weitem nicht im 
selben Ausmaß. Nun wird zwar ein Stil durch 
die Werke großer Künstler bestimmt, aber er 
erfährt erst durch die weniger Großen, die 
Schüler und Nachfolger, seine Breitenwirkung, 
wodurch man eben erst von „Stil" reden kann. 
Ohne die Nadifolger wären die Genies unver- 
ständliche Einzelerscheinungen, die keine Ver- 
bindungen untereinander hätten. Denn keines- 
wegs ist ein Heros der Kunstgeschidite der 
Lehrer eines anderen, sondern das Genie wird 
in der Regel durch mittlere Größen herangebil- 
det, so wie es seinerseits ebenfalls fast nie 
gleichrangige Sdiüler hinterläßt. Es sind aber 
gerade die kleineren Nachfahren der großen 
Meister, von denen deren künstlerische Hinter- 
lassenschaft so lange bearbeitet und ausgewertet 
wird, bis sich wieder eine neue Anschauungs- 
weise, eine neue Kombination von Inhalt, Form 
und Farbe gleichsam automatisch herauszubil- 
den beginnt. Das ist dann der Moment, in dem 
das neue Genie auftritt - begünstigt durch Be- 
gabung, charakterliche Anlagen und bestimmt 
Konstellationen der Umwelt -, und das ir 
Keim bereits vorhandene Neue als solches er 
kennt, entwickelt und zur Entfaltung bring 
Der Große kann nicht ohne die aufbereitend 
Arbeit der Kleineren leben, so wie diese nicl". 
ohne ihn. Daher ist jede Kunstentwiddun 
nur verständlich, wenn man die vielfältige 
Zwischenglieder und Zwischenträger, die ol 
gewissermaßen Versuche und Skizzen zu Neu 
entwürfen sein können, ebenso zur Kenntni 
nimmt wie die schließlich ausgeführten Ent 
würfe, die Erfüllung. 
Deshalb ist eine Galerie wie die Sekundär 
galerie besonders lehrreich. So sind z. B. in de 
Sälen I-IV neben anderem die künstlerische 
Erben des Rubens und des Van Dydt ver 
sammelt. Es sind gleichzeitig jene Maler, di 
Erzherzog Leopold Wilhelm, Generalstatthalte 
der spanischen Niederlande von 1647 bis 165 
und der eigentliche Gründer der Wiener Ga 
lerie, durch Aufträge förderte. Es sind Male 
religiöser und mythologischer Themen, v0" 
Landschaften, Seestüdsen, Genrebildern um 
Tierstüdren. Um nur einige zu nennen wie C. c 
Crayer, C. de Vos, J. van Oost, Jan van dei 
I-loecke, M. Woutiers, Th. van Thulden, J. Fyi 
Willebrorts, D. Teniers der Ältere und de 
Jüngere, Ryckaert, Jan Peeters, Ehrenberg 
Steenwijck. Neefs etc., etc. Die ganze flämisch 
Malerei des 17. Jahrhunderts ist hier in ihre
	        
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