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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVI (1971 / Heft 117)

sie gleichsam in ihrer Erstarrung wie 
einen Zauber wirken lassen, so 
quellen bei Wulz vielfältige Gestalten 
in naiven, gnomischen und burlesken 
Formen über die Blätter. Seine 
farbigen Zeichnungen, Linolschnitte 
und Radierungen sind ein lrrgarten 
der Fabulierlust, aus dem man, hat 
man ihn erst betreten, nicht so schnell 
entlassen wird (Abb. 17). 
Ebenfalls in der NEUEN GALERIE 
(LINZ) wurden vom 6. bis 29. Mai 
Gemälde des Linzers ERNST ARNOLD 
BAUER gezeigt. Es mag sein, daß 
Bauer, wie in dem Begleitwort zur 
Einladung festgestellt wird, von 
fernöstlichen Ideen befruchtet wurde, 
daß er „Meditationshilfen" geben 
will, ob das mit einer Mischung von 
Sparsamkeit und einem am Rande 
in exotischen Zügen notierten Kanon 
möglich ist, müßte überlegt werden 
(Abb. 18). 
Die GRAZER NEUE GALERIE zeigte 
vom 5. bis 24. März Aquarelle, 
Holzschnitte und Pochoirs von 
AXEL LESKOSCHEK. Obwohl über 200 
Exponate gezeigt wurden, konnte 
das Werk dieses Mitbegründers der 
Grazer Sezession und alten Streiters 
für Gerechtigkeit und eine humanere 
Welt, nur bruchstückhaft präsentiert 
werden. Zuviel ging durch die Wirren 
der Zeit verloren, ist in der ganzen 
Welt verteilt. Leskoschek bewahrte 
sich seine expressive Arbeitsweise 
über alle Moden hinweg. Streng und 
karg in den Formen, begegneten 
uns in dieser Ausstellung neben den 
weniger bekannten Aquarellen 
viele Beispiele des Holzschneiders und 
lllustrators zahlreicher Bücher. 
Wir sehen aber auch ein kontinuier- 
liches Weiterreichen mittelalterlicher 
Tradition in manchen seiner Blätter. 
Der Kain-Zyklus, farbige Linolschnitte, 
kann als memento mari seiner vom 
Faschismus ermordeten Freunde 
verstanden werden. Ein Odysseus- 
Zyklus, 1960 im Globus-Verlag, Wien, 
erschienen, zeigt den Menschen 
als ruhelos Wandernden schlechthin 
und ist nicht allein Illustration, 
sondern freie Gestaltung (Abb. 19, 20). 
Zur selben Zeit waren in der NEUEN 
GALERIE (GRAZ) auch typographische 
Arbeiten des iungen Stuttgarters 
JOSUA REICHERT zu sehen. Sowohl 
seine freien Kompositionen als 
auch Plakate, Mappenwerke und 
Textblätter nach Georg Trakl, 
Else Lasker-Schüler, Franz Kafka und 
Hölderlin waren ausgestellt. Reichert 
beschränkt sich bewußt auf die durch 
Schriftzeichen vorgegebenen Formen. 
Wilfried Skreiner sagt dazu im 
Katalogvorwort: „Das Schrift-Zeichen, 
lnformationssymbol und menschliches 
Kunstprodukt zugleich, wird aus 
der Unbewußtheit des Zweckhaften 
zurückgeführt in seine urtümliche 
Aussagekraft, in seine bestimmende, 
prägende Farm." Der Künstler, der 
in Karlsruhe bei Hap Grieshaber 
studiert hat, ist in manchem von EI 
Lissitzky beeinflußt, hat aber, gerade 
in der freien Anwendung der Letter, 
einen eigenen Weg zu zeichenhaften 
Signalen gefunden (Abb. 21). 
Auch in GRAZ, aber im KUNST- 
GEWERBEMUSEUM am Joonneum, 
konnte man in der Zeit vorn 16. April 
bis 16.Mai die Malereien und 
Glascallagen der ALICE GUTTMANN 
sehen. Sowohl die Bilder, mit wenigen 
Ausnahmen, als auch die Glas- 
mantagen, dicke, schlierige Obiekte, 
sind sehr zufällige Gebilde, die, 
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wie alle ähnlichen Hervorbringungen 
hauptsächlich von der Genialität 
ihrer Schöpfer abhängig sind. Frau 
Alice Guttmann macht den Eindruck 
einer guten Bürgersfrau und ihre 
Arbeiten werden, wo sie nur 
schreiend und unkonventionell genug 
sind, dem Bürger kühn und modern 
erscheinen. 
BADEN bei Wien beherbergte im 
BEETHOVENHAUS vom 2. bis 30. April 
eine vom Kulturamt der Stadt 
veranstaltete Ausstellung mit 
Graphiken von MAX MELCHER und 
Kleinplastiken von MATHIAS HIETZ. 
Melchers fein nuancierte und mit 
großem Können in immer neuen 
Themenkreisen und anderen Techniken 
unter Beweis gestellte technische 
Akribie wurde hier wieder einmal 
deutlich. Hietz legte 20 zum Teil schon 
an anderen Orten gezeigte Arbeiten 
vor. Schon an Hand der wenigen 
Exponate konnte man die ständigen 
Wandlungen dieses regen und 
dynamischen Künstlers feststellen, der 
so viel Eigensubstanz hat, daß er 
nicht bei anderen Kollegen Anleihen 
nehmen müßte (Abb. 22). 
In der Nähe, in PERCHTOLDSDORF, 
wurden in der GALERIE ROMANUM 
die Graphiken SIEGFRIED KRUP- 
BAUERS vom 21. April bis 19. Mai 
ausgestellt. 26 Exponate, in der 
Mehrzahl Radierungen, zeugen von 
der einheitlichen Arbeitsweise des 
Künstlers, Schlemmersche Figuren 
werden in Strichverdichtungen 
schattenhaft und schattenwerfend in 
ein festes Liniensystem gestellt. 
Überhaupt ist die Welt, das Blatt, 
ein einziger Schauplatz von Bezügen, 
ein Schauplatz, auf dem auch dann, 
wenn keine Menschen agieren, etwas 
geschieht, Kräftefelder aufgebaut 
werden. Alles Flächige tritt in 
Krupbauers Arbeiten ins Sekundäre 
zurüdr und ist eher mit der Technik 
der Arbeitsweise verbunden (Abb. 23). 
Der Künstlerbund KLOSTERNEUBURG 
stellte im STIFT KLOSTERNEUBURG 
bei seiner heurigen Jahresausstellung 
besonders den iungen HERMANN 
KLINGER vor. Die Schau war vom 
8. bis 31. Mai täglich geöffnet und 
konfrontierte mit einer Menge 
in letzter Zeit in ziemlich rascher 
Folge entstandener plastischer Werke 
des Künstlers. Klinger fiel schon 
1967 mit einer großen sauberen Arbeit 
beim Symposien in Lindabrunn auf. 
Nun legt er einen Bericht über seine 
Weiterentwicklung vor. War damals 
noch die Bewegung der Landschaft 
in die Oberfläche des behauenen 
Steines übernommen, so sind nun seine 
neuen Obiekte aus Holz, Guß oder 
Kunststoff in der ganzen Substanz 
dynamischer geworden. Wohl spürt 
man bei diesem und ienem Obiekt 
noch die Nabelschnur, die Klinger mit 
einem großen Vorbild verbindet, 
daneben setzt sich aber schon deutlich 
Eigenständiges durch. Wir glauben, 
von ihm noch manch Gutes erwarten 
zu dürfen (Abb. 24). 
In der GALERIE LAXENBURG des NÜ 
Landesverbandes war eine BONNER 
KUNSTLERGRUPPE vom 8. bis 30. April 
zu Gast. Über zwanzig Aussteller 
waren vertreten, und dementsprechend 
verschieden war auch das Niveau 
des Gezeigten. Neben Indiskutablem 
waren beachtenswerte Leistungen 
und interessante Versuche. Wir 
können nur, wohl auch wertend, einige 
Namen nennen: CHOW CHUNG- 
CHENG, HANS DOTTERWEICH, 
KARL KAUL, D. OTTO und HORST 
PITZER (Abb. 25). 
Aus KAPSTADT in SÜDAFRIKA bekam 
FRED NOWAK eine Einladung, in 
der GALERIE BREVAN seine Arbeiten 
zu zeigen. Nowak schickte 30 
Druckgraphiken: Materialdrucke und 
Monotypien, die das genannte 
Haus vom 15. März bis 15.April 
varstellte. Die großen südafrikanischen 
Zeitungen brachten lange 
Besprechungen, und eine Rezension 
verglich Nowaks Blätter mit 
ostasiatischen Drucken. Eine andere 
hob die linearen Elemente hervor. 
„The Cape Times" schrieb von 
seinem vorzüglichen Farbgefühl. Die 
Ausstellung ging anschließend nach 
Kapstadt weiter (Abb. 26). 
Die WIENER KLEINE GALERIE in der 
Neudeggergasse war vom 20. April 
bis zum 8. Mai der Ort einer 
ungewohnten Präsentation. HELMUT 
D. ZOBL hatte seine Medaillen 
fotografiert und diese Wiedergaben, 
übermannshoch vergrößert, an die 
Wände des Ausstellungsraumes 
montiert, so daß man alle Einzelheiten, 
auch jene, die man sonst wegen 
ihrer geringen Größe leicht übersieht, 
wahrnahm. Davor standen, auf 
langen Metallstäben gelötet, zu losen 
Gruppen formiert, ieweils etliche 
vom Künstler gestaltete, etwa 6 cm im 
Durchmesser große Scheiben. Zobl 
zeichnete sich schon einmal (im 
Künstlerhaus) durch gute neue Ideen 
der Ausstellungsgestaltung aus. 
Sein Formenkanon in der Medaille ist 
ein sehr reicher und vielfältiger. 
Die Linienführung ist bewegt und seine 
Phantasie läßt ihn immer neue 
Kombinationen traubenförmiger, 
schlauchartiger, pflanzenartiger, 
strahlenartiger Formen auf die kreis- 
runden Scheiben prägen (Abb. 27). Die 
GALERIE TAO in Wien, Mahlerstraße, 
beherbergte vom 16. März bis zum 
16. April eine Gedenkausstellung des 
im vorigen Jahr plötzlich verstorbenen 
Bildhauers ALFONS LONER. Die 
Schau zeigte erst, wieviel der sehr zu- 
rückgezogen lebende Künstler in den 
vergangenen Jahren geschaffen hat. 
Von der menschlichen Figur ausgehend, 
kam er bald zu einem rein räumlichen 
Problem. Die Umfassungen, Umspan- 
nungen werden bald stärker, autarker. 
Eine Rhythmisierung der Vertikalen und 
Horizontalen wird vorherrschend. Da- 
zwischen kommen immer häufiger die 
Durchbrüche, nun zu geheimnisvollen 
Hählungen geworden, zur Geltung. 
Eine große Anzahl von Bleistift- und 
Federzeichnungen ergänzt die Plasti- 
ken. Es bleibt nur zu hoffen, daß das 
Werk dieses Künstlers nicht vergessen 
wird (Abb. 2B). Alois Vogel 
Meisterklasse für 
dekorative Gestaltung und Textil 
a.o. Prof. Grete Rader-Soulek 
an der Hochschule für 
angewandte Kunst in Wien 
In der Zeit vom 15. Februar bis 
15. März 1971 zeigte die Meisterklasse 
für dekorative Gestaltung und Textil 
an der Hochschule für angewandte 
Kunst eine Ausstellung, in deren 
Einleitung es unter anderem 
programmatisch heißt: „In dieser 
Ausstellung zeigen wir in erster Linie 
Textilien, die ausschließlich für den 
Raum gedacht sind und die besonders 
durch ihre gesteigerte künstlerische 
Intensität für die Gestaltung des 
. Raumes bestimmend sein sollen. Die 
geistige und emotionelle Grundlage 
für diese Prototypen und Unikate ist 
die Liebe zum neuen Ornament, das 
ieder der Entwerfer dank seiner 
eigenschöpferischen Persönlichkeit 
individuell gestaltet und welches in 
diesen aktuellen Ergebnissen seinen 
Ausdruck findet. Da aber die 
ornamentale Begabung im Dienste 
eines übergeordneten Raumganzen 
nicht an ein einziges Material 
gebunden sein kann, werden auch 
Bestrebungen und Einfälle für andere 
Umsetzungen aufgegriffen und ge- 
fördert." 
Zur Entwicklung der genannten 
Meisterklasse sei folgendes festgehal- 
ten. Aus der Meisterklasse für Stoff- 
druck wurde innerhalb zwölf Jahren 
die Meisterklasse für dekorative 
Gestaltung und Textil. 
Zwei völlig verschiedene Aufgaben 
bestimmen Intention und grundlegende 
Richtung dieser Meisterklasse: Aner- 
kennung der Gesetzmäßigkeit des 
Raumes und seiner Gegebenheiten 
und Unterordnung jedweder Gestal- 
tung gegenüber dem Raumganzen 
i einerseits und ihr Bemühen, sich der 
Mode anzugleichen und mit ihren 
Dessins in Zusammenarbeit mit der 
Meisterklasse für Mode an der 
gleichen Schule aktuellen Strömungen 
Ausdruck zu verleihen, andererseits. 
Zwei Bestrebungen, deren Aufgaben 
von einem Studierenden selten mit 
gleicher Kraft bewältigt und erfüllt 
werden können. 
Jedes von beiden Lehrzielen läßt für 
sich aber viele Möglichkeiten im 
Hinblick auf Material und Technik auf 
dem Wege zur Entfaltung des 
Schülers offen. Die Weberei als 
Schaft- uncl Jacquardweberei, das 
Drucken, das Sticken und Applizieren, 
die Gobelinweberei, das Knüpfen, 
aber auch die textile Plastik. 
Erfolge bei Wettbewerben bestätigen 
die Richtigkeit des eingeschlagenen 
Weges. U. m: (Fortsetzung s. s. 51 -) 

	        
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