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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVI (1971 / Heft 118)

den entsprechenden Haltungen einen 
Zug ins Tragisch-Betroffene. Radovan 
Ivancevic schrieb darüber in dem 
schönen Katalog, der anläßlich der 
Ausstellung erschien: „die simplifika- 
tion ist immer formal-bildhauerisch 
(das zusammenfassen), nie darstellend- 
Iiterarisch (das karikieren). mit der 
ironischen verdrehung möchte uns der 
künstler täuschen und seine plastische 
gestaltung ,verschleiern' . . ." 
Loncarics Polyesterfiguren sind 
doppelscltichtige Wesen: reine Plastik, 
Formverwirklichungen und Aussage. 
Ivancevic sagt dazu: „die puppe ist 
ein medium, sie weist uns auf das 
theater, auf den maskierten menschen 
überhaupt, hin. der traverstierte 
mensch stellt iemanden und etwas dar: 
gleichzeitig ist er er selbst und - zum 
teil - ist er das, was er aussagt" 
(Abb. 21). 
Vorn 11. bis 31. Mai waren in der 
NEUEN GALERIE Gemälde und 
Gouachen der iungen NADEZDA 
PRVULOVIC, die in Dubrovnik 
geboren ist und in Belgrad studiert 
hat, zu sehen. Die neun großformatigen 
Gemälde (270 x 190, 200 x 200, 
250 x 200 cm) gehörten zu einem 
Madonnenzyklus, die Gauachen 
zeigten meist ausschnitthaft einzelne 
Organe, wie ein Ohr, ein Gebiß, eine 
Nase und den Mund. Diese erhalten 
durch ihre Dimensionen eine neue 
Wertordnung. Die großen Bilder 
haben manche kubistische und 
futuristische Wurzel. Auch Pop-art ist 
eingeflossen. Klischeehafte Massen- 
Vorstellungen kommen in diesen 
Bildern zum Tragen. Die kühle 
Montagetechnik, in Ölmalerei über- 
setzt, distanziert (Abb. 22, 23). 
Vom 7. bis 31. Mai lief daneben eine 
Schau von Graphiken, Bildgeschichten 
oder, wie der Autor PHILIPP FEHL es 
nennt, Capriccis. 104 Tuschezeichnun- 
gen, die zum Teil Iaviert sind, 
erzählen mit wenigen Strichen meist 
heitere Begebenheiten. Lebenssituatio- 
nen werden glossiert und verfremdet 
wiedergegeben. Fehl, ein gebürtiger 
Wiener, der seit 1940 in den USA 
lebt und dort eine Hochschul- 
professur hat, fühlt sich G. D. Tiepolo 
und Rudolphe Toepffer, dem Schöpfer 
der Bildergeschichten, verpflichtet. Ein 
Bildband im Großformat DIN A 4 mit 
einem Begleittext von Wilfried 
Skreiner und 24 Abbildungen aus- 
gestellter Arbeiten dokumentieren das 
Werk und die Exposition (Abb. 24). 
In BAD TATZMANNSDORF in Burgen- 
land stellte in der GALERIE QUELLEN- 
HOF die niederösterreichische 
Grafikerin und Malerin Annelise 
KARGER vom 30. Mai bis 24. Juni aus. 
Gerade Zeichnungen, mit denen sie in 
Tatzmannsdarf vertreten war, sind 
ihre besondere Stärke. Menschen, 
meist in Gruppen, bauen sich um die 
ihnen inneseienden Konstruktionslinien 
zu einem Zueinander und Miteinander 
auf. Das zutiefst Humane dieser 
Blätter geht aus der Themenwahl der 
Künstlerin eindeutig hervor. Sie hat 
die Augen, hinter den Dingen zu 
schauen. Ohne iede süßliche 
Sentimentalität und ohne Pathos 
gelingt es ihr, Situationen alltäglicher 
Mühseligkeiten festzuhalten (Abb. 25). 
Bei KREMS in Niederösterreich wurde 
im SCHLOSS GRAFENEGG die 
Ausstellung GRAFENEGG UND DER 
SCHLOSSBAU DER ROMANTIK am 
14. Mai eröffnet. Diese von der 
Güterverwaltung und dem Bundes- 
50 
denkmalamt veranstaltete Exposition 
ist fachlich von Dr. Klaus Eggert, 
Dr. Elisabeth Springer und cand. phil. 
Walter Krause vorbereitet. In der 
Schau ist die Geschichte des Sdtlosses 
und seine Stellung innerhalb des 
europäischen Schloßbaues des 
Historismus dokumentiert. Weiters 
sind einige eben restaurierte originale 
Ausstattungsstücke zu sehen. Daneben 
ist die Schloßanlage, die eine Fülle 
verschiedenartigster architektonischer 
Elemente zeigt und dadurch eine 
erstaunlich große Vielfalt spannungs- 
reicher Ansichten bietet, zumindest 
zum Teil zu sehen. Diese Schau soll 
die Uffentlichkeit auf den kultur- 
geschichtlich wertvollen Bau aufmerk- 
sam machen, und es ist zu hoffen, 
daß eine günstige Verwendungs- 
möglichkeit für ihn gefunden wird 
(Abb. 26). 
Im NIEDEROSTERREICHISCHEN 
LANDESMUSEUM in WIEN waren 
vom 22. Mai bis 20. Juni moderne 
Ikonen von ANTON WOLLENEK zu 
besichtien. In einigen Vitrinen 
konnte man, wohl zum Vergleich zu 
den an den Wänden hängenden meist 
auch größeren Arbeiten Wolleneks, 
einige alte Ikonen bewundern. Welch 
Unterschied! Darüber in einem drei- 
sprachigen, mit mehrfarbigen Abbil- 
dungen ausgestatteten Katalog 
hinwegreden zu wollen, ist vergeblich. 
Was hier an Modernität geboten wird, 
ist indiskutabel. Der Wunsch, daß auf 
eine solche Weise allen Völkern der 
Erde eine „Ikonenkultur" zugänglich 
sei, will uns durchaus nicht glaubhaft 
scheinen (Abb. 27). 
Das Haus der Steyr-DaimIer-Puch AG 
in WIEN beherbergte vom 
5. bis 28. Mai eine große Ausstellung 
von PLASTIKEN UND GRAPHIKEN 
des Bildhauers OSKAR HUFINGER. 
Das Gras bildeten Metallkörper in 
bewegten Formen. Formen, wie wir 
sie schon von früheren Arbeiten 
des Künstlers kennen. Die Arbeits- 
weise ist für Höfinger allerdings neu, 
und schon aus diesem Grund ist das 
Gezeigte beachtenswert. Am besten 
waren eindeutig die großen voll- 
plastischen Gebilde, weniger 
ausdrucksstark iene aus Stangen, 
gleichsam nur als Skelette 
aufgebauten. Mit „Begegnung" und 
„Mitte" nähert er sich gefährlich dem 
Allzugefälligen. Bei den KaItnadel- 
arbeiten waren iene mit den 
sparsamen Kalorierungen und iene 
mit einfachen Strichführungen am 
überzeugendsten (Abb. 2B). 
Die DÜSSELDORFER GALERIE 
BREBAUM stellte HERWIG ZENS dem 
deutschen Publikum vor. Zens zeigte 
Federzeichnungen in seiner feinen 
Stricheltechnik. Radierungen ver- 
schiedener Zyklen und Mappen waren 
zu sehen, und besonders die Blätter 
mit den Folgen aus einigen Städten 
oder Landstrichen bewiesen des 
Künstlers Eingehen auf die ver- 
schiedenen Gegebenheiten. Der 
Mensch wird von ihm meist aus 
ungewöhnlichen Perspektiven erfaßt, 
man könnte fast sagen überrascht und 
in einem schwarz-weißen Verhältnis 
festgehalten (Abb. 29). 
Alois Vogel 
 
30 
Verleihung des Preises der Stadt 
Wien für Geisteswissenschaften 
1971 an Prof. Dir. Dr.Wilhelm 
Mrazek 
In Würdigung seiner besonderen 
Verdienste um das Kunstleben und 
das kulturelle Image der Bundes- 
hauptstadt wurde dem Chefredakteur 
unserer Zeitschrift, Prof. Dr. Wilhelm 
Mrazek, Direktor des Österreichischen 
Museums für angewandte Kunst, der 
Preis der Stadt Wien auf dem Gebiet 
der Geisteswissenschaften für das 
Jahr 1971 verliehen (Abb. 30, l.). 
Bundesministerium für 
Wissenschaft und Forschung 
Ausschreibung 
eines Dienstpostens 
An der Österreichischen Galerie 
gelangt ab 1. Jänner 1972 ein 
Dienstpasten für einen Akademiker 
zur Besetzung. Anstellungserfordernis 
ist das Doktorat der Philosophie 
(bevorzugt: Kunstgeschichte im Haupt- 
fach, nidtt über 30 Jahre alt). 
Bewerbungen wären an die Direktion 
der Österreichischen Galerie, Postfach 
Nr. 12, 1037 Wien, zu richten. 
Heeresgeschichtliches Museum. 
Wien 
Ausstellung „Fliegen im 
ersten Weltkrieg" 
Eine weitere Gruppe seiner 
sonst nicht zugänglichen 
Bestände an Malerei und 
Graphik macht das Heeres- 
geschichtlidie Museum mit 
dieser Ausstellung bekannt. Die 
künstlerische Spiegelung des 
Flugerlebens reicht von der 
Freude am sportlichen Aben- 
teuer, das Maler wie Piloten 
faszinierte, bis zur Einsicht in die 
tragische Ausgesetztheit des 
Fliegers. 
Neben Künstlern wie Karl 
Sterrer, Felix A. Harta und Max 
v. Poosdi, die mit Porträts und 
Landschaften vertreten sind, 
begegnet man auch wenig oder 
nicht bekannten Malern von 
erstaunlicher Ausdruckskraft 
(August Haiduk, Paul Lindner, 
Heinrich Moor) (Abb. 31). 
31 
 
Heinrich Kulka 1' 
Der iahrelange Mitarbeiter um 
Schüler Adolf Loos' ist am 7. l 
in Auckland, Neuseeland, eine 
schlag erlegen. 
Kulka war 1900 in Litovel, Mäl 
geboren und hatte ab 1919 wä 
seiner Studien an der Wiener 
Technischen Hochschule die Ac 
Loas-Bauschule besucht. Bei ei 
Loos ausgeschriebenen Schüler 
konkurrenz für ein Siedlungshr 
vorgeschriebener Kubatur erla 
für einen vollendet raumökonc 
Entwurf den ersten Preis und v 
von Loos als Mitarbeiter ins Bt 
aufgenommen. Nachdem Loos 
Paris gegangen war, arbeitete 
zunächst in Stuttgart, ehe er A 
1927 Loos nachfolgte. 
Nach ihrer Rückkehr hatten sie 
gemeinsames Büro in Wien (Kt 
straße 33, später Seidengasse ' 
Die wichtigsten gemeinsamen I 
von Loos und Kulka sind das f 
Khuner in Payerbach, die Höus 
Werkbundsiedlung und die 
Geschäfte der Firma Matzner i 
Kulka hatte die verstreuten Au 
Loas' gesammelt und damit eir 
wesentliche Voraussetzung für 
Veröffentlichung der Schritten t 
schaffen. 1931 gab er die erste 
heute grundlegende Loas-Monc 
heraus und empfing später der 
Nachlaß zu treuen Händen. 
Kulka definierte den Loosschen 
„RaumpIan"-Gedanken und fü 
als einziger selbständig weiter. 
verstand es solcherart „Bauten 
schaffen, die, fern von den Kin 
krankheiten madernistischer Ar 
turromantik an die wahre Trad 
anknüpfend, wirkliche Heimstü 
Menschen sind. Seine Kleinhau: 
gen in Wien und Böhmen sind 
beispielgebende Arbeiten, die 
ganzen zukunftsträchtigen Bedi 
heute noch gar nicht richtig ges 
werden. Auch seine größeren E 
und Innenarchitekturen erscheir 
in ihrer vornehmen, echt architi 
schen Lösung zu den besten Lei 
stungen moderner europäische: 
Architektur zu gehören" (Ludwi 
London, 10. B. 1940). 
1938 wanderte Kulka über die 
Tschechoslowakei und England 
Neuseeland aus. Nach harten J 
als Zeichner wurde er Chefarch 
der größten Baufirma des Lant 
schuf für diese zahlreiche Indus 
anlagen, Büro-, Miet- und Priva 
häuser. Seit 1960 widmete er sii 
noch neben selbständiger Archi 
tätigkeit der Überlieferung des 
Gedankens. Die wahre Wirkung 
Beispieles Loos' wird nicht fest 
sein, ohne die Nachfolgeschaft 
Loos-Schüler zu untersuchen. Es 
bleibt zu hoffen, daß der Nach 
Heinrich Kulkas wissenschaftlicl 
bearbeitet und für das Loos-Art 
Albertina gesichert werden wir: 
Roland L. S 
BILDTEXTE 30, 31 
30 Professor Dr. Wilhelm Mrazel 
träger der Stadt Wien für 
Wissenschaften, mit Sektionsrat 
Blaha vom Bundesministerium ' 
senschaft und Forschung bei det 
der Preisträger. Rechts im Bili 
ard Mrazek, die Frau des ( 
31 ugust Haiduk, 36. Fliegerkc 
1917
	        
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