große Einfachheit der aufzuwendenden archi-
tektonischen Mittel vorgeschrieben. Man ent-
schied sich für Ziegelrohbau mit nur sparsamer
Anwendung von Quaderstein, welcher auf den
Sockel und das Portal, beide von Wöllersdorfer
Stein, und auf die Fensterrahmungen von Mar-
garethener Stein beschränkt blieb. Sehr einfache
Profilierung bei beinahe gänzlicher Vermeidung
von Bildhauerornament hat denn doch zu ir-
gend einem dekorativen Ersatz führen müssen,
und die an dem Gebäude des Museums für
Kunstindustrie ganz passend angebrachte Sgraf-
fitomalerei, in Verbindung teilweise mit ein-
gefügten Majolikamedaillons, hat denn auch in
den Friesen und in der obersten Mittelbauetage
ausgedehnte Anwendung gefunden. Durch diese
Sgraffitotechnik hat der Putz, der in großen
Flächen bei diesem Bau Anwendung fand, eine
gewisse Übereinstimmung mit dem angewen-
deten Ziegel- und Steinmaterial eine Art Über-
leitung gefunden und außerdem eine künstle-
rische Verwertung, welche den Kostenpunkt
wenig erhöht. All das fügte sich prächtig in
den Charakter der italienischen Renaissance.
Die glasierten Tonarbeiten, welche hier in Form
von Medaillons mit Köpfen berühmter Künst-
ler und Kunsttechniker in die Sgraffitofriese
eingesetzt sind, waren bekanntlich in der flo-
rentinischen Frührenaissance mit Vorliebe an-
gewendet und besonders durch die Familie della
Robbia zu einer höchst beachtenswerten Spe-
zies architektonischer Dekoration erhoben wor-
den.
Die in dem Museumsbau verkörperte Tendenz
der Belebung und Hebung kunstindustrieller
Tätigkeit rechtfertigt die Anwendung solcher
technischer Mittel zur architektonischen Deko-
ration, wie sie vor Jahrhunderten zum Schmuck
noch heute bewunderter Architekturschöpfun-
gen gedient hatten, sei es hier auch nur des
Versuches halber und zur Wiederbelebung sol-
cher wertvoller Dekorationsxnethoden vergan-
gener Zeiten.
Für die Dachdeckung sind Ziegel mit Regen-
platten und Deckziegel, nach dem System der
antiken Dächer, aus der Wienerberger Ziegel-
fabrik angewendet.
Für das Innere hat der Arkadenhof mit der
Hauptstiege und dem Vestibüle den Anlaß zur
besonderen architektonischen Durchbildung ge-
geben. Die Säulen, deren 32 in beiden Geschos-
sen, mußten aus konstruktiven Gründen aus
dem tragfähigsten Material gefertigt werden,
welches zu gewinnen war. Sie sind Monolithe
aus Mauthausener Granit. Die Eckpfeiler sind
aus Wöllersdorfer Stein. Alles übrige, also die
Basen, Kapitelle, Bogenstüake, Gesimse, Baluster
usw. sind Untersberger Marmor. Sämtliche
Stufen bestehen aus Wöllersdorfer Stein, das
Stiegengeländer aus Untersberger Marmor. Alle
Räume des Gebäudes, mit Ausnahme von Woh-
nungen und Kanzleien, einschließlich aber des
Vestibüls, des Arkadenhofs und der Stiege,
sind durch Luftheizung zu erwärmen, deren
Einrichtung von dem Zivilingenieur Herrn
Stach entworfen und ausgeführt wurde.
INNERE AUSSTATTUNG
Die Größe und Bestimmung der Räume forder-
ten zu einer gewissen Dekoration derselben
auf, die auch angestrebt und durchgeführt
wurde, soweit es ökonomische Rücksichten und
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die kurz bemessene Bauzeit irgend zuließ. Die
Art und Weise dieser Dekorierung, die hierauf
verwendeten Mittel tragen durchaus den Cha-
rakter der Solidität und einer dem Zweck des
Gebäudes entsprechenden Würde. Ihre Ausfüh-
rung ist höchst solid. Die Decken der widatig-
sten Räume sind plastisch in Stuck, in allen
Räumen mit Malerei, in einigen überdies mit
Vergoldung ausgeführt.
Die Wände in sämtlichen Ausstellungsräu-
men sind, da sie ohnedem größtenteils ver-
dedrt werden, mit Papiertapeten bekleidet. Im
Vestibül und Hof sowie an dem Treppenhaus
fand der Stukkolustro an den Wänden umfas-
sende Anwendung, im Stiegenhaus auch teil-
weise Stuckmarmor. Der Fußboden im Vestibül
und Hof ist in Asphaltsilico, der Stiegenruhe-
platz in Marmormosaik ausgeführt. - Alle an-
deren Räume haben eichene Friesböden er-
halten.
Die Baumeisterarbeiten wurden von Herrn
Eduard Kaiser ausgeführt; die Steinmetzarbei-
ten von Herrn Wasserburger; die Zimmer-
mannsarbeiten von Herrn Fellner; die Speng-
lerarbeiten von Herrn Diener; die Glaserarbei-
ten von Herrn Rankl; die Tischlerarbeiten von
Herrn Paulik; die Schlosserarbeiten (Konstruk-
tionsarbeiten und Gitter) von Herrn Gridl; die
Beschlagsarbeiten von Herrn Milde; die An-
streicherarbeiten von den Herren Grohmann
und Riha; Stukkaturung (Stuckmarmor und
Stukkolustro) von Herrn Detorna; Asphaltsilico
von Herrn Suppanschitsch; Mosaik von Herrn
Odorico; die ornamentalen Bildhauerarbeiten
von Herrn Pokorny; die figuralischen Bild-
hauerarbeiten (Relief im rechtseitigen Oberlicht-
saal) von Herrn Melnitzky; die Künstlerpor-
träts für die Majoliken modelliert von Herrn
Prof. König; die Sgraffitodekoration ist nach
Kartonzeichnungen von Herrn Prof. Laufber-
ger, die Ausführung von Herrn Schönbrunner;
die Majoliken wurden von der Wienerberger
Ziegelfabrik ausgeführt; die Malereien im In-
neren, d. i. Vestibül, Hof und Stiegenhaus,
sowie in den vier Oberlichtsälen sind von Herrn
Ysella; die Bilder im Stiegenhause al fresco
von Herrn Prof. Laufberger. Alle übrigen Ma-
lereien von Herrn Schönbrunner. Im linksseiti-
gen Oberlichtsaal werden von Herrn Prof.
Eisenmenger Bilder al fresco ausgeführt, jedoch
erst nach Schluß der Industrieausstellung; drei
Glasmalereien sind in den Stiegenfenstern von
Herrn Neuhauser in Innsbruck; die Wasserlei-
tung ist von Herrn Manch; die Gasleitung
samt Gasbeleuczhtungsgegenständen von den
Herren Scheler und Wolf; der Bronzeguß von
Herrn Hollenbach; die Tapeten von den Her-
ren Knepper und Schmidt.
Die verbaute Fläche hat ein Quadratausmaß
von 930 Quadr.-Klftr.; die Kosten des Baues
belaufen sich auf 650.000 fl.; die Kosten der
inneren Ausstattung auf 120.000 fl.
(Aus „Allgemeine Banzeitzmg", 36. juhrgang, 1871)