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Volltext: Alte und Moderne Kunst XVI (1971 / Heft 119)

große Einfachheit der aufzuwendenden archi- 
tektonischen Mittel vorgeschrieben. Man ent- 
schied sich für Ziegelrohbau mit nur sparsamer 
Anwendung von Quaderstein, welcher auf den 
Sockel und das Portal, beide von Wöllersdorfer 
Stein, und auf die Fensterrahmungen von Mar- 
garethener Stein beschränkt blieb. Sehr einfache 
Profilierung bei beinahe gänzlicher Vermeidung 
von Bildhauerornament hat denn doch zu ir- 
gend einem dekorativen Ersatz führen müssen, 
und die an dem Gebäude des Museums für 
Kunstindustrie ganz passend angebrachte Sgraf- 
fitomalerei, in Verbindung teilweise mit ein- 
gefügten Majolikamedaillons, hat denn auch in 
den Friesen und in der obersten Mittelbauetage 
ausgedehnte Anwendung gefunden. Durch diese 
Sgraffitotechnik hat der Putz, der in großen 
Flächen bei diesem Bau Anwendung fand, eine 
gewisse Übereinstimmung mit dem angewen- 
deten Ziegel- und Steinmaterial eine Art Über- 
leitung gefunden und außerdem eine künstle- 
rische Verwertung, welche den Kostenpunkt 
wenig erhöht. All das fügte sich prächtig in 
den Charakter der italienischen Renaissance. 
Die glasierten Tonarbeiten, welche hier in Form 
von Medaillons mit Köpfen berühmter Künst- 
ler und Kunsttechniker in die Sgraffitofriese 
eingesetzt sind, waren bekanntlich in der flo- 
rentinischen Frührenaissance mit Vorliebe an- 
gewendet und besonders durch die Familie della 
Robbia zu einer höchst beachtenswerten Spe- 
zies architektonischer Dekoration erhoben wor- 
den. 
Die in dem Museumsbau verkörperte Tendenz 
der Belebung und Hebung kunstindustrieller 
Tätigkeit rechtfertigt die Anwendung solcher 
technischer Mittel zur architektonischen Deko- 
ration, wie sie vor Jahrhunderten zum Schmuck 
noch heute bewunderter Architekturschöpfun- 
gen gedient hatten, sei es hier auch nur des 
Versuches halber und zur Wiederbelebung sol- 
cher wertvoller Dekorationsxnethoden vergan- 
gener Zeiten. 
Für die Dachdeckung sind Ziegel mit Regen- 
platten und Deckziegel, nach dem System der 
antiken Dächer, aus der Wienerberger Ziegel- 
fabrik angewendet. 
Für das Innere hat der Arkadenhof mit der 
Hauptstiege und dem Vestibüle den Anlaß zur 
besonderen architektonischen Durchbildung ge- 
geben. Die Säulen, deren 32 in beiden Geschos- 
sen, mußten aus konstruktiven Gründen aus 
dem tragfähigsten Material gefertigt werden, 
welches zu gewinnen war. Sie sind Monolithe 
aus Mauthausener Granit. Die Eckpfeiler sind 
aus Wöllersdorfer Stein. Alles übrige, also die 
Basen, Kapitelle, Bogenstüake, Gesimse, Baluster 
usw. sind Untersberger Marmor. Sämtliche 
Stufen bestehen aus Wöllersdorfer Stein, das 
Stiegengeländer aus Untersberger Marmor. Alle 
Räume des Gebäudes, mit Ausnahme von Woh- 
nungen und Kanzleien, einschließlich aber des 
Vestibüls, des Arkadenhofs und der Stiege, 
sind durch Luftheizung zu erwärmen, deren 
Einrichtung von dem Zivilingenieur Herrn 
Stach entworfen und ausgeführt wurde. 
INNERE AUSSTATTUNG 
Die Größe und Bestimmung der Räume forder- 
ten zu einer gewissen Dekoration derselben 
auf, die auch angestrebt und durchgeführt 
wurde, soweit es ökonomische Rücksichten und 
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die kurz bemessene Bauzeit irgend zuließ. Die 
Art und Weise dieser Dekorierung, die hierauf 
verwendeten Mittel tragen durchaus den Cha- 
rakter der Solidität und einer dem Zweck des 
Gebäudes entsprechenden Würde. Ihre Ausfüh- 
rung ist höchst solid. Die Decken der widatig- 
sten Räume sind plastisch in Stuck, in allen 
Räumen mit Malerei, in einigen überdies mit 
Vergoldung ausgeführt. 
Die Wände in sämtlichen Ausstellungsräu- 
men sind, da sie ohnedem größtenteils ver- 
dedrt werden, mit Papiertapeten bekleidet. Im 
Vestibül und Hof sowie an dem Treppenhaus 
fand der Stukkolustro an den Wänden umfas- 
sende Anwendung, im Stiegenhaus auch teil- 
weise Stuckmarmor. Der Fußboden im Vestibül 
und Hof ist in Asphaltsilico, der Stiegenruhe- 
platz in Marmormosaik ausgeführt. - Alle an- 
deren Räume haben eichene Friesböden er- 
halten. 
Die Baumeisterarbeiten wurden von Herrn 
Eduard Kaiser ausgeführt; die Steinmetzarbei- 
ten von Herrn Wasserburger; die Zimmer- 
mannsarbeiten von Herrn Fellner; die Speng- 
lerarbeiten von Herrn Diener; die Glaserarbei- 
ten von Herrn Rankl; die Tischlerarbeiten von 
Herrn Paulik; die Schlosserarbeiten (Konstruk- 
tionsarbeiten und Gitter) von Herrn Gridl; die 
Beschlagsarbeiten von Herrn Milde; die An- 
streicherarbeiten von den Herren Grohmann 
und Riha; Stukkaturung (Stuckmarmor und 
Stukkolustro) von Herrn Detorna; Asphaltsilico 
von Herrn Suppanschitsch; Mosaik von Herrn 
Odorico; die ornamentalen Bildhauerarbeiten 
von Herrn Pokorny; die figuralischen Bild- 
hauerarbeiten (Relief im rechtseitigen Oberlicht- 
saal) von Herrn Melnitzky; die Künstlerpor- 
träts für die Majoliken modelliert von Herrn 
Prof. König; die Sgraffitodekoration ist nach 
Kartonzeichnungen von Herrn Prof. Laufber- 
ger, die Ausführung von Herrn Schönbrunner; 
die Majoliken wurden von der Wienerberger 
Ziegelfabrik ausgeführt; die Malereien im In- 
neren, d. i. Vestibül, Hof und Stiegenhaus, 
sowie in den vier Oberlichtsälen sind von Herrn 
Ysella; die Bilder im Stiegenhause al fresco 
von Herrn Prof. Laufberger. Alle übrigen Ma- 
lereien von Herrn Schönbrunner. Im linksseiti- 
gen Oberlichtsaal werden von Herrn Prof. 
Eisenmenger Bilder al fresco ausgeführt, jedoch 
erst nach Schluß der Industrieausstellung; drei 
Glasmalereien sind in den Stiegenfenstern von 
Herrn Neuhauser in Innsbruck; die Wasserlei- 
tung ist von Herrn Manch; die Gasleitung 
samt Gasbeleuczhtungsgegenständen von den 
Herren Scheler und Wolf; der Bronzeguß von 
Herrn Hollenbach; die Tapeten von den Her- 
ren Knepper und Schmidt. 
Die verbaute Fläche hat ein Quadratausmaß 
von 930 Quadr.-Klftr.; die Kosten des Baues 
belaufen sich auf 650.000 fl.; die Kosten der 
inneren Ausstattung auf 120.000 fl. 
(Aus „Allgemeine Banzeitzmg", 36. juhrgang, 1871)
	        
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